Schweiz
Wirtschaft

Wegen Trumps Zöllen: Mitte-Politiker torpedieren eigene AHV-Initiative

Wegen Trumps Zollhammer: Mitte-Politiker torpedieren jetzt die eigene AHV-Initiative

Der Vorschlag zielt auf ein Herzensanliegen der Partei: Eine Wirtschaftsvereinigung der Mitte des Kantons Zürich fordert die Mitte-Bundespolitiker dazu auf, die Initiative zugunsten höherer AHV-Renten für Ehepaare zurückzuziehen.
24.08.2025, 08:1724.08.2025, 08:18
Kari Kälin / ch media
Mehr «Schweiz»

Das Preisschild: etwa 4 Milliarden Franken zusätzlich pro Jahr. Das Ziel: «faire Renten» auch für Ehepaare. So nennt die Mitte ihre Volksinitiative, mit der sie den Rentenplafond abschaffen will.

Philipp Matthias Bregy, Mitte-VS, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 4. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Til Buergy)
Der Gegenwind aus den eigenen Reihen für die AHV-Initiative sorgt bei Philipp Matthias Bregy für Kopfzerbrechen.Bild: keystone

Heute gibt es für Verheiratete eine Art AHV-Strafe. Ihre Rente ist bei 150 Prozent der Maximalrente gedeckelt, zum Beispiel bei 3780 Franken bei Personen, die immer in die AHV eingezahlt haben. Ein Konkubinatspaar würde 50 Prozent mehr erhalten. Im März 2024 hat die Mitte Schweiz eine Initiative mit knapp 125'000 Unterschriften eingereicht, um diesen Plafond zu beseitigen.

Der Bundesrat lehnt das Prestigeprojekt der Mitte nicht nur wegen der hohen Kosten ab. Er verweist auch auf Vorteile, die Ehepaare gegenüber unverheirateten Paaren haben, zum Beispiel den Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente und den Verwitwetenzuschlag, der sich auf 20 Prozent der Altersrente beläuft. Sie bekommen zur Altersrente einen Zuschlag von 20 Prozent.

Stabilisierungen der Beziehungen zur EU

Jetzt bläst der Mitte auch Gegenwind aus den eigenen Reihen entgegen. Diese Woche hat die AWG Zürich, eine Wirtschaftsvereinigung der Mitte Zürich, den National- und Ständeräten der Partei einen Brief geschickt. Der Auslöser für das Schreiben an die Bundeshausfraktion ist der 39-Prozent-Zollhammer von US-Präsident Donald Trump.

Die AWG Zürich hat ein Programm mit acht Forderungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft aufgestellt. Dazu gehört etwa der Ausbau von Freihandelsabkommen, die Stabilisierung der Beziehungen zur EU, die Ausweitung der Kurzarbeit auf 24 Monate und die Weiterführung der Verhandlungen mit den USA für einen besseren Deal.

Ein Punkt zielt auf ein Herzensanliegen der Mitte: Die AWG ruft die Bundesparlamentarier dazu auf, die 4 Milliarden Franken teure AHV-Initiative zurückzuziehen. «Nach der Annahme der 13. AHV-Rente ist sie im aktuellen Kontext nicht mehr tragbar», heisst es im Schreiben. Unterzeichnet ist es von AWG-Präsident und Ex-Mitte-Nationalratskandidat Zeno Staub und Thomas Anwander. Er ist AWG-Vizepräsident und sitzt für die Mitte im Zürcher Kantonsparlament.

Den Initiativstopp bezeichnen die beiden als «Zeichen einer verantwortungsvollen Politik». Sachlich halten sie das Anliegen zwar nach wie vor für gerechtfertigt. Anwander sagt aber:

«Die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Es ist richtig, auch Projekte infrage zu stellen, die in der eigenen Partei populär sind, aber die Wirtschaft mit zusätzlichen Abgaben belasten.»

«Nicht auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit»

Wie reagiert die Mitte-Rennleitung in Bern auf den Vorschlag aus Zürich? Der neue Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy winkt ab: Ein Rückzug stehe nicht zur Diskussion, die Initiative für faire AHV-Renten sei und bleibe berechtigt. Für die Mitte sei klar:

«Die Anliegen der Exportwirtschaft gegen mehr Gerechtigkeit in der AHV auszuspielen, das geht nicht. Es ist wichtig, dass wir die Exportwirtschaft jetzt gezielt stärken; das ist unbestritten. Aber nicht auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit.»

Das Parteipräsidium der Mitte Schweiz werde das Schreiben der AWG Zürich zu gegebener Zeit diskutieren und beantworten.

Rundum auf Ablehnung stösst die AWG aber in Mitte-Kreisen nicht. Josef Wyss präsidiert die AWG Luzern. Persönlich finde er die Idee des Zürcher Schwesterverbands nicht abwegig, sagt der ehemalige Luzerner Kantonsrat. Ihm schwebt ein Kompromiss vor: Sollte die Initiative angenommen werden, wird die Umsetzung verzögert, «bis sich die Situation wieder beruhigt hat». Das Anliegen, den Rentenplafond aufzuheben, hält Wyss für berechtigt. Dieses Problem werde seit Jahren vor sich hergeschoben. (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
77 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Grillo
24.08.2025 08:44registriert Oktober 2020
Holt endlich die Steuern bei denen welche mit den unsäglichen Pauschalbesteuerungen angelockt wurden!
Gegenüber den Arbeitnehmern mit Lohnausweis ist dies die grösste Frechheit welche sich in unserem Land abspielt.
Wenn sich die Bedingungen ändern muss ALLES überdenkt werden.
15810
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sonnenblümchen
24.08.2025 10:02registriert November 2023
Besteuert endlich die reichen! Besteuert jene, die zig Häuser haben und vermieten, die Politiker die sich von unseren Steuern BMWs kaufen oder die millionenschwere Firmen besitzen!
922
Melden
Zum Kommentar
avatar
CogitoErgoSum
24.08.2025 08:56registriert August 2018
Typisch kurzfristiges Denken der Politik.
Diese Ungerechtigkeit seit der Einführung der AHV gehört nun endlich und definitiv abgeschafft.
9114
Melden
Zum Kommentar
77
FDP-Burkart zum Zollhammer: «Daran hätte sogar der Herrgott nichts mehr ändern können»
In der ersten «Arena» von SRF nach der Sommerpause stritten die Parteispitzen über Zölle, F-35 und die Ukraine. Am meisten Platz nahm aber ein Abwesender ein.
So richtig habe er das Handy in den Ferien nicht weglegen können, erzählte Moderator Sandro Brotz zu Beginn der «Arena» am Freitagabend. Zu vieles habe sich auf der weltpolitischen Bühne abgespielt.
Zur Story