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Insektensterben in der Schweiz: Sind die Arten wirklich so bedroht?

A two-spotted ladybug sits on a leaf with aphids on on a small green space, during a meeting of members of Nature And Biodiversity Conservation Union, or NABU, with the Associated Press ahead of the s ...
Gibt es mehr Insekten – oder ist das bloss eine Einbildung?Bild: AP

Es summt und brummt wie lange nicht mehr – erleben Insekten ein Revival?

Blickt man in die Natur (oder in die Zeitungen), kriegt man leicht das Gefühl, dass Insekten einen Boom erleben. Warum wir immer mehr Insekten wahrnehmen – dies aber kein Grund zum Feiern ist.
14.07.2024, 11:0714.07.2024, 12:23
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Das Hochwasser sorgte am Bodensee für eine Mückenplage, einige Touristen sollen deswegen sogar ihren Urlaub storniert haben. Hobby-Gärtner beklagen sich über Raupen, die ihre Pflanzen wegknabbern. Spaziergängern nehmen immer mehr Insekten wahr, die ihnen ins Gesicht fliegen.

Kann es sein, dass sich die Bestände erholen? Erleben wir gar ein Insekten-Revival?

Insects are captured by a Venus flytrap at a carnivorous plants exhibit at the Jos� Celestino Mutis botanical garden, in Bogota, Colombia, Friday, May 17, 2024. (AP Photo/Fernando Vergara)
Insekten sind wichtig für das Gleichgewicht der Natur. Bild: AP

«Wichtig ist, zwischen dem Vorkommen von Arten und der Anzahl Individuen zu unterscheiden», sagt Marcel Falk von der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT).

In der Schweiz sind fast 30'000 Insektenarten bekannt. Rund 60 Prozent der Insektenarten seien gefährdet oder potenziell gefährdet. «Besonders unter Druck sind Insekten rund um Gewässer oder auf Feucht- und Landwirtschaftsgebieten.»

Die Hauptgründe für den Rückgang: der weiter andauernde Verlust an Lebensräumen und Strukturen sowie der Rückgang der Qualität der verbliebenen Lebensräume durch Überdüngung, Pestizide oder Lichtverschmutzung. Auch die Klimaerwärmung und invasive Arten setzen die Insektenbestände unter Druck.

Adrain Hirschmueller of the environment organization Nature And Biodiversity Conservation Union, or NABU, shows the counting of beetles on a flower through a magnifying glass during a meeting with The ...
Kleine Käfer auf einer Blume durch ein Vergrösserungsglas.Bild: AP

«Weit verbreitete und wärmeliebende Insekten dagegen haben sich in den vergangenen 20 Jahren eher weiter ausgebreitet», sagt Falk.

Stilles Sterben

Doch eine Trendumkehr beim Insektensterben bedeutet dies nicht. Das Schwirren, Summen und Brummen verschwindet nach wie vor.

«Unter dem Strich schwindet vor allem die Insektenvielfalt», so Falk.

Die Situation sei vor allem im Mittelland schlecht, doch auch in den Alpen und im Jura gingen die Bestände immer mehr zurück. Allerdings gilt zu beachten, dass Insektenbestände lokal und witterungsbedingt stark schwanken können. Dies zeigt beispielsweise das Tagfaltermonitoring:

Wärmeliebende Arten sind im Vormarsch.
Wärmeliebende Arten sind im Vormarsch.bild: Akademie der Naturwissenschaften Schweiz

Wärmeliebende Arten legen zu, kälteliebende ab. «Die Tendenz ist klar, man sieht aber auch die grossen Schwankungen von Jahr zu Jahr», so Falk.

Feststeht: Insekten sind unersetzlich für unsere Ökosysteme. Sie bestäuben Pflanzen – und leisten für uns Menschen unentbehrliche Dienste. Rund ein Drittel unserer Nahrung ist von dieser «Dienstleistung» abhängig. Ausserdem verbessern sie die Bodenqualität, helfen bei der Beseitigung toter Organismen und dienen unzähligen Tieren als Nahrung.

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63 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BG1984
14.07.2024 12:03registriert August 2021
Ich habs schon mal geschrieben: mehrere Nachbaren haben ein Plakat für die Gletscherinitiative an ihrem Balkon hängen, aber keine einzige Pflanze auf dem Balkon. Nur etwa 10% der Balkone in unserem Block sind bepflanzt. Bei mir summt und brummt es immer und ich habe auch Insekten wie das Taubenschwänzchen immer wieder zu Gast, was man sonst in der Stadt selten sieht. Auch verschiedene Wildbienen und Hummeln kommen vorbei.
Jeder könnte auf seinem Balkon etwas für die Artenvielfalt machen.
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dmark
14.07.2024 11:37registriert Juli 2016
Nein, es gibt nicht wirklich mehr Insekten.
In den Achtzigern musste ich die Frontscheibe am Auto fast wöchentlich reinigen und heute reicht es mit gerade 2x im Sommer.
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slnstrm
14.07.2024 11:20registriert August 2023
Grundsätzlich verwende ich in meinem Gemüsegarten kein Gift und keine industriellen Dünger. Bei der Gründüngung achte ich darauf, Nektar und Pollenreiche Pflanzen zu verwenden. Kompost brauche ich nicht, denn ich kompostiere alles weiträumig auf der Oberfläche. Monokulturen gibt es nicht. Selbst in diesem "Sommer" habe ich damit null Probleme mit Schnecken oder hie und da vielleicht ein paar weisse Fliegen am Kohl, aber die regulieren sich selbst... Es summt und brummt in meinem Garten und jeder der gärtnert und bei dem das nicht so ist, macht definitiv was falsch. 🤷‍♂️
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