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48 Wölfe in Graubünden geschossen – Rudel Fuorn wohl «ausgelöscht»

48 Wölfe in Graubünden geschossen – darunter auch Nationalparkrudel

10.03.2025, 08:3310.03.2025, 11:21
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Die Bündner Wildhut hat zusammen mit Jägerinnen und Jägern 48 Wölfe zwischen September 2024 und Januar 2025 erlegt. Darunter auch das teilweise im Nationalpark lebende Rudel Fuorn. Mit den Abschüssen sollen laut einer Mitteilung des Kantons Nutztierrisse in der bevorstehenden Weidesaison reduziert werden.

Das Bündner Amt für Jagd und Fischerei (AJF) habe es bei den Abschüssen auf auffällige Wölfe abgesehen, hiess es in der Mitteilung vom Montagmorgen. Darunter war auch das teilweise im Schweizerischen Nationalpark lebende Rudel Fuorn. Das AJF geht davon aus, dass dieses Wolfsrudel nun komplett ausgelöscht ist.

This Jan. 24, 2025, image provided by the Arizona Game and Fish Department shows a Mexican gray wolf in the wild that was monitored as part of a population survey in eastern Arizona. (Arizona Game and ...
In Graubünden wurden zwischen September und Januar 48 Wölfe erlegt. (Symbolbild)Bild: keystone

Strittig war in diesem Zusammenhang, ob die Fuorn-Wölfe wirklich für den Riss zweier Rinder verantwortlich waren. Der Schweizerische Nationalparks vertrat die These, dass ein vom Rudel abgewandertes Weibchen für die Risse verantwortlich sei und nicht das bestehende Rudel.

DNA-Analyse liegt vor

Tatsächlich wurde nun mittels einer DNA-Analyse nachgewiesen, dass dieses einjährige Weibchen am Riss beteiligt war, bestätigte der Abteilungsleiter für Grossraubtiere Arno Puorger auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das AJF habe aber keine Hinweise darauf, dass dieses Weibchen nicht mehr Teil des Rudels gewesen sei. Es wurde im Spätherbst am Ofenpass im Rudelgebiet getötet.

Beim zweiten Rind wurden zwar DNA-Spuren von Wölfen gefunden, diese seien aber für eine Identifikation qualitativ nicht ausreichend gewesen. Aufgrund von Fotofallen, den Rissspuren und der Tatsache, dass das Fuorn-Rudel in diesem Gebiet unterwegs war, habe das AJF davon ausgehen müssen, dass auch dieser Riss auf das Konto des Fuorn-Rudels ging, so Puorger weiter. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu), das alle Abschüsse zuvor bewilligt hatte, stützte die Ansicht des Kantons.

Nationalpark fordert mehr Augenmass

Der Schweizerische Nationalpark (SNP) reagierte auf die vollständige Eliminierung des Rudels enttäuscht. Man bedauere es sehr, dass keine konstruktivere Lösung gefunden worden sei, schrieben die Verantwortlichen des Parks am Montag. Das Bafu habe den SNP trotz dessen Bitte nie angehört und das AJF habe trotz einer Petition mit 37'000 Unterschriften den Abschuss des gesamten Rudels in aller Konsequenz umgesetzt.

Dabei habe es der Kanton auch in Kauf genommen, zufällig durchziehende Wölfe zu töten, die nichts mit Nutztierrissen zu tun gehabt hätten. Rund um den Nationalpark wurden 15 Wölfe getötet, wovon gemäss DNA-Analysen nur 12 dem Fuorn-Rudel angehört hatten.

Grundsätzlich sei der SNP nicht gegen den Abschuss schadensstiftender Wölfe. Aber ein solcher müsse auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Mit dem «rigorosen» Abschuss hätten die Behörden nun die natürlichen Prozesse im Nationalpark verletzt. Der SNP forderte mehr Augenmass und eine Mitarbeit beim künftigen Umgang mit dem Wolf.

Eineinhalb Rudel weniger

Auch sämtliche Wölfe des Vorabrudels wurden abgeschossen. Somit gibt es im Vergleich zum Vorjahr eineinhalb Rudel weniger im Kanton Graubünden, wie Puorger bestätigte. Aktuell zählt das Amt zehn Rudel. Teilweise sind die Wölfe grenzüberschreitend unterwegs, in diesen Fällen werden sie als halbes Rudel aufgeführt.

44 Tiere erlegte in der vergangenen Abschussperiode die Wildhut. Die restlichen vier gehen auf das Konto der kantonalen Jägerschaft. Diese musste zuvor einen Infoabend besuchen.

Risszahlen rückläufig

2024 zählte das AJF 213 Nutztierrisse. Im Vorjahr waren es 267 gewesen. Ziel sei eine langfristige Koexistenz zwischen Mensch und Wolf – ohne dabei den Wolfsbestand im Alpenraum zu gefährden. «Angesichts der Konfliktentwicklung sind wir auf gutem Weg», so Puorger im Gespräch mit Keystone-SDA weiter. Die gute Entwicklung sei neben konsequentem Herdenschutz und weiteren Faktoren auch auf die Wolfsabschüsse zurückzuführen.

«Wir vertrauen den Bündner Behörden, dass der Wolfsbestand nicht gefährdet wird», schrieb Pro Natura Graubünden auf Anfrage von Keystone-SDA. Jedoch sei es Fakt, dass der Herdenschutz die wichtigste Massnahme für die Koexistenz bleibe. Der Bund habe diesen jedoch geschwächt, indem er die Finanzierung kürzte. Der Umweltverband erwarte nun vom Kanton, dass er dies kompensiert und nicht «einseitig» auf Abschüsse setzt.

Eine Prognose für die kommende Abschussperiode konnte der Abteilungsleiter des AJF noch nicht vorlegen. Dies hänge sehr stark von der Konfliktlage ab. Die kommende Weidesaison müsse abgewartet werden. (rbu/dab/sda)

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89 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dante&Lupus
10.03.2025 10:58registriert August 2024
Nicht erwähnt werden die Fehlabschüsse,so die 3 Luchse und je ein Wolf aus 2 Rudel wo statt eines Jungtieres ein Eilternteil erschossen wurde.
Bezüglich den Luchsen erwarte ich schon noch eine plausible erklärung,wie es gleich zu 3 Abschüssen der Luchse kam.
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toemsterli
10.03.2025 10:31registriert Juni 2022
Diese Methode nützt leider nichts. Ist unter Experten hinlänglich bekannt. Trotzdem erreichen die Wolffeinde mit ihrer Panikmache breite Legitimation dafür in der Bevölkerung.

Es wäre schön, wenn demokratisch gewählte Parlamente und Regierungen auch mal auf die Forschung und Wissenschaft hören würde.
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En Espresso bitte
10.03.2025 09:38registriert Januar 2019
Der feuchte Traum von Albert Rösti. Was für eine Leistung der Bündner Jäger! *slowclap*
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