Das Resultat ist überraschend klar: Tiana Moser von den Grünliberalen liegt 47'000 Stimmen vor dem SVP-Kandidaten Gregor Rutz. Die Ständeratswahlen im Kanton Zürich enden in einem Debakel für die Bürgerlichen. Den anderen Sitz im Stöckli hatte der Sozialdemokrat Daniel Jositsch im ersten Wahlgang errungen.
Wie konnte es so weit kommen? Erstens schaffte es Rutz nicht, die Sympathisanten der eigenen Partei zu mobilisieren. In einigen Zürcher Landgemeinden holte Tiana Moser am Sonntag mehr Stimmen als er. Dass sie ihn in den Städten distanzieren würde, stand bereits fest.
Zweitens funktioniert die Zusammenarbeit zwischen SVP und FDP vor allem in Wirtschafts- und Steuerfragen. In allen anderen Belangen kommen sich die beiden Parteien immer wieder in die Quere. Das gilt auch für Personalien.
In der FDP waren viele unglücklich darüber, dass sich die eher blasse Regine Sauter nach dem ersten Wahlgang zurückzog. Die Wirtschaftsverbände hatten Druck ausgeübt; sie wollten im zweiten Wahlgang Gregor Rutz sehen und nicht Sauter.
Das Forum Zürich, der Zusammenschluss der Zürcher Wirtschaftsverbände, ist weder gut geführt noch gut vernetzt. Es wird vom PR-Berater Robert Gubler geleitet, der oft plan- und glücklos agiert. Gubler hatte sich im Sommer dafür eingesetzt, dass Henrique Schneider Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes bleiben darf – obwohl diesem eine ganze Serie von Plagiaten nachgewiesen worden war. Der Einsatz Gublers erzielte keinerlei Wirkung; Schneider musste abtreten.
Es war nach den Turbulenzen um den Rückzug Sauters klar, dass ein Teil der FDP-Anhänger im zweiten Wahlgang Moser unterstützen würde und nicht Rutz. Die freisinnige Frauensektion wollte keine Empfehlung abgeben; sie entschied sich für Stimmfreigabe.
Das tat auch die Mitte-Partei, die im Kanton Zürich erstarkt ist. In Teilen der Mitte sorgte für Unbehagen, dass der Kanton Zürich zwei Männer ins Stöckli entsenden sollte. Tiana Moser bot sich als Alternative an.
Dann unterliefen Gregor Rutz im kurzen Wahlkampf grobe Fehler: Er sagte alle öffentlichen Podiumsdiskussionen mit Moser ab und wollte auch in der «Arena» nicht gegen sie antreten. Die Grünliberalen verbreiteten die Nachricht unter dem Stichwort «Rutz kneift» in den sozialen Medien. Der SVP-Kandidat stand in der Öffentlichkeit als jemand da, der sich seines Wahlerfolgs allzu sicher ist.
Nun herrscht Katzenjammer in der SVP und einem Teil der FDP. Wie ist es möglich, dass der wirtschaftsstarke Kanton Zürich mit einem Sozialdemokraten und einer Grünliberalen in der kleinen Kammer vertreten ist?
Es entsprach von Anfang an Christoph Blochers Strategie, dass die SVP auf Kosten der FDP wachsen soll. In einigen Dossiers arbeiteten die beiden Parteien zusammen. In vielen anderen stellte die SVP Maximalforderungen, auf welche die FDP nicht eingehen wollte. Vertreter der Volkspartei kritisierten die Freisinnigen darum als vormals Bürgerliche, die sich im linken Dickicht verirrt hätten.
In der FDP sind die Verletzungen noch nicht verheilt. Zumal die SVP unter Blocher steil aufstieg, während die Freisinnigen zurückfielen. Die FDP erhoffte sich von der SVP einen gemässigteren Kandidaten für den Ständerat als Gregor Rutz. Er hatte sich gegen die Ehe für alle eingesetzt. Für manche FDP-Anhänger zeigte das: Mit gesellschaftlichem Liberalismus ist es bei Rutz nicht weit her.
Tiana Moser strahlte am Sonntag in die Kameras und betonte, man müsse nun die Beziehungen zur Europäischen Union regeln. Sie meinte ein drittes bilaterales Paket. Die Differenz zu Rutz könnte grösser nicht sein. (aargauerzeitung.ch)