Die Stadt Zürich kann kein verbindliches Kaufangebot für den grossen Büokomplex Uetlihof abgeben: Der Gemeinderat hat am Mittwochabend einen Nachtragskredit über 1,2 Milliarden Franken mit 61 Nein- zu 57 Ja-Stimmen knapp abgelehnt.
Gegen den Kredit sprachen sich nach einer zweieinhalbstündigen Debatte SVP, FDP, GLP, AL sowie eine Minderheit der Grünen aus. SP, eine Mehrheit der Grünen, Mitte und EVP hiessen ihn gut.
Der Stadt Zürich eröffne sich die seltene Gelegenheit, allenfalls die zweitgrösste zusammenhängende Parzelle in der Wohnzone auf Stadtgebiet zu erwerben, hatte der Stadtrat seinen Antrag begründet. «Das Grundstück hat eine langfristige strategische Bedeutung als mögliche Baulandreserve für die übernächste Generation»
Dies sah aber nur eine Minderheit im Gemeinderat so: Von einer «wohl einmaligen Chance» sprach etwa Lisa Diggelmann (SP). Mit dem Kauf könnte die Stadt sicherstellen, dass das grosse Grundstück so entwickelt werde, wie es den Bedürfnissen der zukünftigen, wachsenden Stadtbevölkerung gerecht werde. «Schaffen wir Gestaltungsspielraum für zukünftige Generationen.»
Der Handlungsspielraum sei oft beschränkt, weil die Stadt über zu wenig Land verfüge, ergänzte Florian Utz (SP). Er wies etwa darauf hin, dass statt des Baus neuer Schulhäuser oft Pavillonlösungen gewählt werden müssten. Auch Felix Moser (Grüne) begrüsste die «grosse Chance», die der Kauf der grossen Landreserve bieten würde.
Severin Pflüger (FDP) warf den Befürwortenden demgegenüber vor, dass sie im ohnehin schon teuren Zürich weiter an der Preisspirale drehen würden. «Wir kaufen den Uetlihof privaten Investoren weg, diese suchen sich dann andere Objekte.»
Die SVP sprach von einer Dimension der Verstaatlichung, die einer Bodenreform nach russischem Vorbild gleiche: «Grund und Boden sollen in privaten Händen bleiben und nicht von Beamten verwaltet werden», sagte Johann Widmer. Von «reiner Spekulation» und von «einem absurden Hochrisikogeschäft» sprachen weitere bürgerliche Gemeinderätinnen und Gemeinderäte.
Für die GLP komme der Kauf von strategischen Landreserven zwar durchaus in Frage, doch messe sie dem Uetlihof, der verkachelt, verbaut und verzwickt sei, kein Potenzial zu, sagte Sven Sobernheim. Ähnlich argumentierte die linke AL: Der Uetlihof könne das Wohnproblem nicht lösen, meinte Walter Angst. «Wir müssten froh sein, wenn die Gebäude möglichst lange als Büros genutzt würden.» Von einem «Büromonstrum» sprach dessen Parteikollegin Tanja Maag Sturzenegger.
Das Grundstück des Bürocampus umfasst eine Fläche von rund 55'800 Quadratmetern. In den 13- und 17-stöckigen Gebäuden Uetlihof 1 und 2 arbeiten derzeit rund 8500 Mitarbeitende der Credit Suisse (CS).
Die CS hatte ihren Campus 2012 an den Norwegischen Staatsfonds verkauft. Dieser will ihn nun wieder veräussern. Die Stadt Zürich hat ein erstes unverbindliches Kaufangebot abgegeben. Für die zweite Runde hätte sie nun ein verbindliches Gebot einreichen wollen. Ohne 1,2-Milliarden-Kredit ist ihr dies nicht möglich.
Ihr Angebot wäre dabei noch höher ausgefallen. Wie hoch, das hätte der Stadtrat nicht öffentlich bekannt gemacht, damit ihn die anderen Interessenten nicht einfach hätten überbieten können. Die Differenz zwischen Kredit und effektivem Preis hätte er sich nachträglich bewilligen lassen.
Der Gemeinderat soll einem Kauf zustimmen, bei dem das wichtigste Element – nämlich der Preis – nicht bekannt sei, kritisierte FDP-Pflüger. Der Kaufpreis sei zentral, hielt auch AL-Angst fest. Jede Million, die mehr ausgegeben werde, erhöhe das Risiko massiv. Markus Haselbach (Mitte) meinte demgegenüber, dass «der Stadtrat nicht überborden werde».
Der Stadtrat hätte keinen «Fantasiepreis» bezahlt, sagte der Zürcher Finanzvorstand Daniel Leupi (Grüne) am Ende der Debatte. Im Antrag schrieb der Stadtrat, dass bei einem «adäquaten Preis» die mit dem Kauf verbundenen Chancen klar höher seien als die Risiken. (sda)