Am 1. April geht es los, und für manche dürfte die Sache auf den ersten Blick wie ein schlechter Aprilscherz wirken: Der Flughafen plant eine Öko-Offensive in einem angrenzenden Naturgebiet – und fällt deshalb bis zu 400 alte Bäume.
Beim Projekt geht es um die Revitalisierung des Flusses Glatt, der heute entlang der Westseite des Flughafenareals zwischen den Zürcher Gemeinden Opfikon und Rümlang fliesst. Dies tut er gerade, denn das Gewässer wurde einst kanalisiert. Künftig soll die Glatt aber über 3300 Meter hinweg ein neues Bett mit Kurven erhalten und entlang flacher Uferzonen und Riedwiesen mäandrieren.
Der Flughafen Zürich agiert dabei als Bauherr und bezahlt die Baukosten von rund 50 Millionen Franken, wie Sprecherin Bettina Kunz auf Anfrage bestätigt. Sie betont, die Massnahme sei dem Flughafen aufgrund des Natur- und Heimatschutzgesetzes des Kantons Zürich zugewiesen worden. Sprich: Es ist ein politischer Auftrag. Gleichzeitig ist der Flughafen aber gesetzlich verpflichtet, Land, das er überbaut, andernorts zu kompensieren.
Man arbeite eng mit den zuständigen kantonalen Behörden zusammen und sei an Auflagen gebunden, sagt Kunz. Der Flughafen könne nicht einen Fluss nach Belieben bauen.
Kürzlich haben die Zuständigen an der Rümlanger Gemeindeversammlung über das Projekt berichtet, wie der «Stadt-Anzeiger» berichtet. Dort habe die Information, wonach 300 bis 400 Bäume den Bauarbeiten zum Opfer fallen, für Kopfschütteln gesorgt. Die Lokalzeitung verweist auf Aussagen des kantonalen Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft, wonach diese Fällungen jedoch nötig seien, um einer natürlicheren Glatt endlich den nötigen Raum zu geben. Und laut Gesamtprojektleiter Stefan Bruderer würden die gefällten Stämme der Natur weiterhin nützen, indem sie im Gewässer Strukturen schaffen.
Rund drei Jahre lang beträgt die Bauzeit, und nach fünf Jahren soll das neue Flussbett natürlich wirken. Um dies zu erreichen, sind neue Sträucher geplant, seltene Pflanzenarten sowie 950 Bäume. Die Arbeiten sind auf Vogelbrut- und Fischschonzeiten abgestimmt. Ein für allfällige Hochwasser besser geeigneter Auenwald ist ebenfalls Teil der Planung. «So könnten hier etwa Eisvogel, Kleiner Schillerfalter oder Sibirische Schwertlilie wieder heimisch werden», schreibt der «Stadt-Anzeiger». Auch die Velo- und Fusswege werden entsprechend dem Flussverlauf neu angelegt. Und zwei Rastplätze sind vorgesehen.
Doch weshalb ist es nicht möglich, einen Teil der alten, ausgewachsenen Bäume stehen zu lassen? Wieso fallen so viele grosse Bäume der Planung zum Opfer, obwohl sie zahlreiche Vorteile bieten wie die Bindung von CO2 und Schadstoffen, die Filterung von Feinstaub, die Kühlung der Umgebungstemperatur und Lebensraum für Flora und Fauna? Und gibt es eine unabhängige Studie, die zeigt, dass die Massnahme unter dem Strich umweltfreundlicher ist als das Stehenlassen der alten Bäume?
«Es ist das übergeordnete Projektziel, einen ökologischen Mehrwert zu schaffen», sagt Flughafen-Sprecherin Kunz. Dieser sei anhand einer vom Bundesamt für Umwelt vorgegebenen Bewertungsmethodik ermittelt worden. Und die sogenannte Plangenehmigungsverfügung habe dies bestätigt.
Die revitalisierte Glatt brauche gegenüber heute mehr Fläche, sagt Kunz. Davon seien auch Waldflächen betroffen, für die Ersatzaufforstungen geleistet werden müssen. Da die Glatt-Revitalisierung grösstenteils einen komplett neuen Lauf erhalte, müsse ein Teil der bestehenden Bestockung entfernt werden. Aber: «Die Bestockung wird entlang des neuen Glattlaufes wieder erstellt und sogar verdichtet.»
Total werden laut Kunz rund 950 Bäume wie Silber-Weiden, Eschen, Hängebirken und Mandel-Weiden neu gepflanzt. «Im alten, engen Glattkanal konnte aus Hochwasserschutzgründen nicht die gleiche Zahl und Vielfalt an Bäumen wachsen gelassen werden.» Die neue Glatt biete wesentlich mehr Potenzial. (aargauerzeitung.ch)
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