Stillen ist laut Weltgesundheitsorganisation eine gute Entscheidung. Sie empfiehlt, ein Baby bis zum sechsten Monat ausschliesslich auf diese Weise zu ernähren. Das Kind sei besser vor Infektionen geschützt und entwickle sich motorisch besser.
Aber Stillen in der Öffentlichkeit? Nach wie vor sorgt das Thema für gespaltene Meinungen – und führt zu unschönen Zwischenfällen, wie am Montag im Zürcher Café Z am Park.
Auf der Facebook-Seite des Cafés werden dem Z am Park nämlich happige Vorwürfe gemacht. Eine Frau sei aus dem Café verwiesen worden, weil sie ihr Kind stillte. «Begründung: Die Leute seien am Essen und müssten sich das nicht anschauen», steht im Post geschrieben.
Auf die empörte Reaktion der Frau habe man ihr vorgeschlagen, nicht mehr herzukommen. Auf Nachfrage von watson erklärt die Post-Verfasserin, Pascale Schreibmüller – eine Bekannte der stillenden Mutter –, dies käme einem höflichen Hausverbot gleich.
Von einem etwas anderen Hergang berichtet das Café. Die Frau habe ihr Kind offen gestillt. «Einige Gäste haben sich dort schon gestört gezeigt», erklärt Vania Kukleta, Geschäftsführerin des Z am Park. Als die Frau ihr Kind dann erneut zum Stillen anlegte, habe man sie lediglich darum gebeten, dies etwas diskreter zu tun und die Brust abzudecken.
Daraufhin sei die Frau aufgestanden und habe mit einem «Nachspiel» gedroht. Dass die Frau aus dem Café weggewiesen wurde, dementiert Kukleta vehement:
Wieso die Frau oder ihre Bekannte nun auf Facebook solche Unwahrheiten verbreite, könne sie daher nicht verstehen. Kukleta hält fest: «Wir sind kinderfreundlich, haben auch Spielsachen und Kinderstühle hier. Statt über das Stillen zu streiten, würde ich gerne über die Gesprächskultur diskutieren: Die Frau ist gegangen, ohne mit uns eine Lösung zu suchen. Stattdessen wird nun gegen uns Stimmung gemacht.»
In der Tat entbrannte am Folgetag eine Diskussion auf der Facebook-Seite des Cafés. Das Café nannte Schreibmüllers Beschwerde einen «antifeministischen Shitstorm, den sie hier anzuzetteln» versuche, und der ein «ziemlich armseliges Zeichen für die Art, wie Menschen heutzutage miteinander kommunizieren» sei.
Pascale Schreibmüller, die das Z am Park anprangerte, konterte, dass es darum gehe, dass stillende Frauen «tagtäglich zurechtgewiesen und auch verwiesen» werden, was schlussendlich aufs Gleiche hinauslaufe. «Ihr könntet ja den Spiess umdrehen und die Gäste, die sich gestört fühlen, darauf hinweisen, dass Stillen ein Grundrecht für Frauen und Kinder ist».
Gegenüber watson erklärt Schreibmüller, wieso sie den Post verfasst habe. Als Hebamme wisse sie von ihren Klientinnen, dass Stillen in der Öffentlichkeit nach wie vor kritisiert werde und zu regelmässigen Zurechtweisungen oder Wegweisungen führe. Dabei sei die weibliche Brust in einem nicht-sexuellen Kontext nach wie vor stigmatisiert:
Auch schwierig findet es Schreibmüller, wenn Stillen zwar toleriert, aber nicht unterstützt werde. «Wie der aktuelle Fall zeigt, wird der Stillenden keine Alternative – wie etwa ein Nebenraum – angeboten, sondern sie ist diejenige, die mit dem Abdecken ihrer Brust ein öffentliches Ärgernis beseitigen soll. Es ist nicht der Gast, der sich reflektieren muss und gegebenenfalls den Platz wechselt, wenn er sich von einer Stillenden gestört fühlt, sondern die Stillende, die reagieren soll.»
Dass das Z am Park die Frau nicht der Lokalität verwiesen und kein Hausverbot ausgesprochen habe, spielt für Schreibmüller keine Rolle: «Für mich sind die Details nicht vordergründig. Für mich ist wichtig, dass meine Bekannte sich gedemütigt und diskriminiert fühlt. Wenn eine Umgebung suggeriert, dass Stillen stört und Unbehagen auslöst, kommt dies einer Wegweisung gleich», so Schreibmüller gegenüber watson.
Für Kukleta ist dies unverständlich. Dass nun ihr Café für stillpolitische Propaganda herhalten muss, ärgert sie. «Zumal wir nie jemanden weggeschickt oder ein Hausverbot ausgesprochen haben, sondern nur der Meinung sind, dass sich bei uns alle wohl fühlen sollen», so Kukleta.