Hausmeister genervt: «Laubbläser-Verbot kommt von Leuten, die keine Ahnung haben»
Nein, eine Augenweide ist das Objekt, an dem sich der Streit entzündet, nicht. Das schwarze Rohr ist zu kurz für einen Staubsauger. Aus dem Rohr ragt ein Joystick, was das Gerät noch unförmiger macht. Und mit dem knallig orangen Körper, in den das Rohr mündet und den man sich auf den Rücken schnallt, sieht man ein bisschen aus wie ein Erstklässler auf dem Schulweg.
Wenn nicht schön, dann wenigstens wohltuend in den Ohren? Im Gegenteil: Mit über 100 Dezibel malträtiert die Maschine das Trommelfell. Das ist gleich laut wie ein Presslufthammer. Und riechen tut sie nach Benzin, Abgasen und einer längst vergangenen Zeit.
Tatsächlich soll nun auch der Laubbläser – zumindest in der Stadt Zürich – zur Vergangenheit gehören. Denn der Gemeinderat hat entschieden, Laubbläser zu verbieten. Ausnahmen sollen nur noch in der Laubsaison gelten, also in den Monaten Oktober bis Dezember, und das auch nur für elektrische Laubbläser.
Die Benziner sollen ganz verboten werden. Der Stihl BR-800 und sein nervtötendes Gekreische würden unwiderruflich aus dem Stadtgebiet verschwinden. Die Mehrheit des Gemeinderats argumentiert mit der hohen Lärmbelastung, die von Laubbläsern ausgehen. Bei den Benzingeräten kommt dazu, dass ihre Abgase die Umwelt schädigen. Aber auch Elektrogeräte sind schlecht für die Natur: Das Aufwirbeln des Laubs zerstört den Lebensraum von Kleinlebewesen wie Spinnen und Insekten, aber auch Igel. Zudem wird Feinstaub aufgewirbelt, der anschliessend von Mensch und Tier eingeatmet wird.
Weil die FDP, SVP, Mitte und EVP das Referendum gegen das Verbot ergriffen, stimmt die Stadtzürcher Stimmbevölkerung am 28. September darüber ab.
Weder was fürs Auge noch für die Ohren noch für die Nase: Warum also ist eine Höllenmaschine wie der Laubbläser so populär? Was sind das für Menschen, die solches Gerät ihr Eigen nennen?
Auf Anfrage bei Jumbo, dem mit über 100 Filialen grössten Gartenmarkt der Schweiz, heisst es: «Laubbläser verkaufen sich jedes Jahr gut», so der Mediensprecher gegenüber watson. Wie viele Laubbläser sie pro Jahr verkaufen, will Jumbo nicht kommunizieren. Es seien mittlerweile aber fast nur noch elektrische Geräte. Und: «Ein Verbot wäre schmerzhaft, aber verkraftbar.»
Ähnlich klingt es bei Bauhaus. Nur noch 15 Prozent der verkauften Laubbläser seien benzinbetrieben. Das geplante Laubbläserverbot in der Stadt Zürich erachtet Bauhaus Schweiz zwar nicht als massgebend für das Geschäft, aber: «Da Laubbläser immer leiser werden und nur in ausgewählten Wochen und Monaten dezidiert eingesetzt werden, erachten wir Verbote als nicht zielführend.»
Der böse Hausmeister?
Nicht nur Privatpersonen gehen ihren Mitmenschen mit Laubblasen auf den Geist. Bauhaus Schweiz weist darauf hin, dass viele Laubbläser-Käufer aus dem professionellen Bereich stammen. In einem Reddit-Thread mit dem Titel «Laubbläser sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit» sind die Schuldigen deshalb schnell ausgemacht: Die Hausmeister.
Ein anderer User schreibt:
Gegenüber watson nimmt ein Hausmeister Stellung. Er arbeitet seit mehreren Jahrzehnten in der Branche, auch in der Stadt Zürich. Seinen Namen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen im Zusammenhang mit Laubbläsern – «sonst bekomme ich wieder böse Mails».
Der Hausmeister hat gar kein Verständnis für das Verbotsbegehren. Denn der Laubbläser sei für Hausmeister ein wichtiges Werkzeug, ermögliche schnelles und effizientes Arbeiten. «Wenn wir künftig nur noch mit dem Besen unterwegs sein dürfen, brauchen wir ein Vielfaches an Zeit.» Und Zeit ist Geld:
Die Hausmeister wirbeln mit den Laubbläsern nicht nur alte Blätter durch die Luft. Er helfe ihnen auch dabei, gemähtes Gras oder Zweige von den Trottoirs zu entfernen. «Wir Hausmeister sind ganzjährig auf Laubbläser angewiesen, nicht nur im Herbst», sagt der Hausmeister.
Ein Laubbläser gleich vier Arbeitskräfte
Auch Landschaftsgärtner und -gärtnerinnen brauchen den Laubbläser. Sie befreien damit Trottoirs vom Laub, blasen gemähtes Gras von Gehwegen zurück in die Wiese oder entwirren das Unterholz-Dickicht.
Grün Stadt Zürich ist zuständig für die Pflege der städtischen Parks, Friedhöfe und Sportanlagen. Die Flotte der Stadt ist 139 Laubbläser stark, wie die Medienstelle von Grün Stadt Zürich gegenüber watson sagt. Zwar kommen seit 2018 ausschliesslich elektrische Laubbläser zum Einsatz. Aber auch die wären neu zwischen Januar und September verboten, sollte die Laubbläser-Vorlage an der Urne angenommen werden.
Wie gross der finanzielle Schaden für die Stadt wäre, will Grün Stadt Zürich auf Anfrage nicht beziffern. Die Medienstelle schreibt aber: «Grundsätzlich geht man davon aus, dass ein Laubbläser 3 bis 4 manuelle Arbeitskräfte ersetzt.»
Der Hausmeister findet die ganze Diskussion «weltfremd». Es sei schliesslich nicht so, dass Hausmeister aus Spass den Laubbläser anwerfen würden. «Ich finde das eine sehr abgehobene Diskussion. Dieses Verbot kommt von Leuten, die sich keine Vorstellung davon machen, wie anstrengend der Beruf eines Hauswarts ist.»
