T-Rex, Dodos und Co. haben genug Zeit im Rampenlicht verbracht. Es wird Zeit für die Underdogs der ausgestorbenen Tiere. Denn sucht man im Internet nach ausgestorbenen Tieren, so wird einem klar, dass die oben erwähnten üblichen Verdächtigen eher zu der langweiligen Sorte gehören. Zumindest was ihr Aussehen betrifft. Eine nicht abschliessende Auswahl.
Vor zwei bis vier Millionen Jahren in Südamerika verbreitet, ist Josephoartigasia monesi das jüngste Mitglied der Familie der Dinomyidae. Es ist – etwas weniger wissenschaftlich ausgedrückt – ein riesiges Meerschwein. Die Schneidezähne waren bis zu 30 Zentimeter lang, gepaart mit der Beisskraft eines Tigers.
Dennoch ernährte sich das Tier vegetarisch und war vermutlich den ganzen Tag mit der Futtersuche beschäftigt, um die Körpertemperatur halten zu können. Bei einer ungefähren Länge von 3 Meter, einer Höhe von zirka 1,50 Meter und einem grob geschätzten Gewicht von 900 Kilogramm beinahe eine Herkulesaufgabe. Es handelt sich somit um das grösste bekannte Nagetier, das je auf unserem Planeten gelebt hat.
So. Bevor es weitergeht, stellen wir uns alle vor, wie es wäre, auf einem Meerschweinchen zur Arbeit zu reiten. Gern geschehen.
Myotragus balearicus – oder die Höhlenziege, wie sie auf Deutsch heisst – war eine relativ kleine Ziegenart, die auf Mallorca und Menorca lebte. Die Absenz von Fressfeinden auf der Insel ermöglichte ihr Überleben trotz kurzer Beine, die eine Flucht beispielsweise verunmöglichten.
Grosse, biberartige Schneidezähne am Unterkiefer lassen darauf schliessen, dass sich die Höhlenziege mitunter von Baumrinde ernährt hat. In Anbetracht der kargen Vegetation auf den Balearen ist dies als Adaption zu deuten. Doch diese ging noch weiter und nahm beinahe groteske Züge an.
Die Untersuchung der Knochen ergab nämlich, dass diese jenen von ektothermen Reptilien sehr ähnlich waren. Ektotherme Tiere sind Tiere, deren Körpertemperatur direkt von der Umwelttemperatur abhängig ist. Das heisst: Die Höhlenziegen konnten ihren Metabolismus ziemlich flexibel an Ressourcenverfügbarkeit und Temperaturschwankungen anpassen.
Obwohl Gehirn und Sinnesorgane aufgrund der dadurch gewonnenen Sicherheit stetig abgebaut wurden, wiesen sie eine doppelt so lange Lebensdauer auf wie heutige Ziegen. Die Abstammungslinie begann vor 5,35 Millionen Jahren und endete vermutlich um 1800 v. Chr. (Alter des jüngsten Skeletts). Über 5 Millionen Jahre lang ohne zu viel zu studieren auf den Balearen chillen. Läuft.
Haie sind an sich schon ziemlich beeindruckende Tiere. Doch sie sind beinahe langweilig, vergleicht man heutige Hai-Arten mit Vorarten. Gestatten, der Helicoprion.
Was aussieht wie ein Ammonit, konnte durch intensive Forschung jedoch eindeutig einer Hai-Art zugeordnet werden, welche vor rund 250 Millionen Jahren gelebt hat. Das Ammonit-förmige Fossil zeigt in Tat und Wahrheit Zähne. Ja, Zähne. Klar ist, dass diese Vorrichtung Teil des Unterkiefers war und bei ausgewachsenen Exemplaren rund 180 Zähne fasste. Wie genau dies ausgesehen hat, ist jedoch nicht eindeutig auszumachen.
Die Vorrichtung diente der allgemeinen Annahme zufolge dazu, Beutetiere durch hin- und herrotieren des Unterkiefers zu zersägen. Da wirkt der heutzutage berüchtigte Hai-Biss geradezu kindisch.
Die Haifisch-ähnliche Gattung Stethacanthus besiedelte vor 370 Millionen Jahren während gut 25 Millionen Jahren die Gewässer der nördlichen Hemisphäre. Zirka einen Meter lang machte dieser vor allem Jagd auf kleinere Fische. So weit, so normal.
Doch die Gattung wies einige anatomische Besonderheiten auf. Vor allem der von kleinen Stacheln übersäte, Amboss-förmige Tisch auf dem Kopf, sowie die ebenfalls stachelige Fläche auf der Stirn bei männlichen Exemplaren sind in Anbetracht unseres heutigen Fischverständnisses ziemlich skurril.
Was die Funktion dieser physischen Attribute waren, ist nicht klar nachzuvollziehen. Forscher gehen davon aus, dass diese einerseits zur Abschreckung von grösseren Raubfischen dienen sollte, andererseits aber auch eine Rolle in der Partnersuche gespielt haben dürften.
Wenn du dich in irgendeinen Fisch verwandeln könntest, wäre die Sardelle vermutlich nicht deine erste Wahl. Belanglos schwimmen sie heuer in Ozeanen auf der Jagd im Schwarm nach Plankton umher. Doch wie wäre es mit Monosmilus chureloides? In ihm hat unsere Welt nicht nur ein Stück Artenvielfalt, sondern auch den Lieblingsfisch aller 7-Jährigen verloren.
An ancient species of saber-toothed anchovy has been discovered in Pakistan. Researchers named it Monosmilus chureloides after the churel—a shapeshifting creature with sharp fangs that features in many South Asian legends. https://t.co/qwl2jZF5au pic.twitter.com/5ocLJOZsng
— Dinoboy (@dinoboy89) May 13, 2020
Sie haben vor gut 50 Millionen Jahren existiert und wiesen eine Länge von bis zu einem Meter auf. Die Anatomie entspricht überraschenderweise jener von heutigen Heringsarten, harmlosen und eher kleineren Fischen. Die These, das Heringsarten seit jeher planktonfressende Schwarmfische waren, scheint somit widerlegt. Doch lange machten es die Säbelzahn-Sardellen nicht.
Man mag von Reptilien halten, was man will. Aber diese Gattung, die vor gut 200 Millionen Jahren zu Gast auf unserem Planeten war, hätte wohl kaum jemanden von uns kalt gelassen: die Gattung Tanystropheus. Sie lässt auch Paläaontologen unserer Zeit nicht kalt. Und wer es vermag, Wesen zu beschäftigen, die 200 Millionen Jahre evolutionären Vorteil geniessen, der gehört auf diese Liste.
Die grazile Statur, gepaart mit dem überproportionalen Hals macht weder biomechanisch noch palökologisch Sinn. Es kursieren folglich diverse Interpretationen der Skelettfunde in der wissenschaftlichen Community. Zentrale Fragen betreffen zum Beispiel die Gelenkigkeit des Halses oder das Muskelausmass des Schwanzes.
Als Folge dieser Unstimmigkeit herrscht auch Uneinigkeit über die genaue Lebensweise der Gattung. Am wahrscheinlichsten gilt, dass sich die Tiere in Wassernähe oder höchstens in flachem Wasser aufgehalten haben und mit dem langen Hals kleine Fische erbeute konnten. Auch ein Leben im Wasser kann nicht ausgeschlossen werden. Je nach Art wurden die Tiere zwischen drei und fünf Meter lang.
Beach Tanystropheus gang pic.twitter.com/mItgZLusVY
— 𝕎𝕪𝕒𝕥𝕥🐉𝔸𝕟𝕕𝕣𝕖𝕨𝕤🦖𝕎𝕠𝕣𝕜𝕤𝕙𝕠𝕡 (@jimmadseni) March 7, 2020
Der Therizinosaurus. Yeah, Saurier! Diese echsenartigen Killermaschinen aus Jurassic-Park. Nur, ausnahmsweise erzählt uns Hollywood in dieser Hinsicht nicht die ganze Wahrheit. Was die Statur und das Aussehen der Saurier angeht, ist unsere Vorstellung vermutlich zu sehr auf muskelbepackte, anatomisch gefährlich anmutende Exemplare getrimmt.
Der Therizinosaurus hat vor 76 bis 70 Millionen Jahren gelebt. Da es sich dabei um weit entwickelte Dinosaurier handelt, wäre ein Federkleid – stellenweise oder durchgehend – durchaus realistisch. Obwohl bislang kein komplettes Skelett des Sauriers gefunden wurde, herrscht bei Forschern Einigkeit bezüglich der groben Statur.
Wozu die in ihrer Grösse an Absurdität grenzenden Krallen genau gedient haben, ist schwer einzugrenzen. Da es sich beim Therizinosaurus um einen Pflanzenfresser handelte, kann die Jagd ausgeschlossen werden. Somit bleiben Verteidigung, Balzkämpfe und Nahrungsmittelbeschaffung als alternative Möglichkeiten. Ebenfalls gut möglich wäre eine Kombination aus allen dreien.
Die Gattung der Platybelodon lebte bis vor über fünf Millionen Jahren. Auch wenn es nicht heisst, dass sie doppelt so gut wie unsere Elefanten waren, so hatten sie immerhin doppelt so viele Stosszähne.
Die Ausrichtung des Unterkiefers und die Fundorte lassen darauf schliessen, dass die Gattung vornehmlich in sumpfigen Gebieten lebte und mit dem Unterkiefer nach Sumpfpflanzen grub. Während diese Gattung getrost sonderbar, jedoch noch nicht absolut skurril aussieht, bewohnten bis vor einer Million Jahre vermeintlich gspässigere Elefantengeschöpfe die Welt.
So zum Beispiel die Gattung der Deinotherium. Sie erinnern tatsächlich an die Zeichnung eines Kindes, das aus dem Kopf heraus versucht, einen Elefanten aufs Papier zu bringen.
Spätere Vertreter der Gattung erreichten eine Schulterhöhe von bis zu vier Metern. Doch ganz im Sinne der heute lebenden sanftmütigen Riesen ernährten auch sie sich strikt von weichen vegetarischen Speisen. Da sie für die Nahrungssuche unter anderem auf Bäume angewiesen waren, dienten die «verkehrten» Stosszähne mutmasslich als Haken, der ihnen Äste zugänglich machte oder dabei half, Bäume zu entwurzeln.
Nicht geklärt ist, wie so oft, die tatsächliche Länge und Breite des Rüssels.
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