Heute gibt es einen der ganz grossen Klassiker – einen, der als Katermittel gilt, gleich noch dazu! Ladies and Gentlemen, – *Trommelwirbel* – Vorhang auf für The Bloody Mary!
Öööh ... okay, folgendes: Ein einziges, korrektes Rezept gibt es nicht. Tomatensaft und Wodka gehören rein – klar. Doch bereits bei den Gewürzen darf und soll man nach Belieben variieren. So mache ich meinen:
Nein. Ich hatte gerade keine Sellerie zur Hand im watson-Büro.
Seht euch mal dieses Meisterwerk an:
Ja, das ist ein verdammter ganzer Pulled Pork Burger, den sie mir da als Garnitur gegeben haben! Nebst der Scheibe Bratspeck, der Selleriestange und der Essiggurke, versteht sich. Ich musste danach kein Frühstück mehr bestellen.
Obiges Beispiel ist vielleicht ein Extremfall, doch wenn es einen Drink gibt, bei dem man sich in Sachen Garnitur nicht zurück halten muss, dann beim Bloody Mary.
Garnelen und Speck? Nur zu! Und den Glasrand wie beim Tequila mit Salz- oder Tajin-Kruste geht auch klar. Etwas Meerettich? und ob! Trinken soll Spass machen!
Aus Paris. Genauer aus der Harry's New York Bar in der Nähe der Opéra an der Rue Daonou Nr. 5 im 2. Arrondissement.
Das traditionsreiche Lokal, das übrigens auch Geburtsort weiterer Cocktailklassiker wie der French 75, Sidecar oder Monkey Gland sein soll, wurde 1911 vom amerikanischen Jockey Tod Sloane gegründet, der in Paris ein kleines Stück Heimat schaffen wollte mit amerikanischen Cocktails und einer Theke wie in einer amerikanischen Stehkneipe. Harry MacElhone, ein Schotte aus Dundee, wurde als erster Barkeeper engagiert, übernahm die Bar 1923 von Sloane und gab ihr den heutigen Namen.
In den 1920er Jahren wurde die Bar gerne von den Schriftsteller der Lost Generation, ein von Gertrude Stein geprägter Ausdruck für Autoren wie F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway, frequentiert. Später zählten Prominente wie Humphrey Bogart, Clint Eastwood, Coco Chanel oder Rita Hayworth zu den Stammgästen. Und, ach ja, in der Ivories genannten Piano Bar im Harry’s soll George Gershwin «An American in Paris» komponiert haben. Ein geschichtsträchtiger Ort, also.
Und dort soll auch der Bloody Mary erfunden worden sein, anno 1921 vom damals 21-jährigen Harry's-Barman Fernand Petiot. Damals bestand der Drink lediglich aus Wodka und Tomatensaft. Ganz gesichert ist dies freilich nicht, da Petiot selbst immer wieder Widersprüchliches behauptete – unter anderem, dass er erst 1934, inzwischen in New York beheimatet, in der King Cole Bar den «modernen» Bloody Mary erfand, als er den bestehenden Cocktail mit Gewürzen und Zitronensaft verfeinerte. Hmm.
Mary Tudor, Mary I, von 1553 bis 1558 Königin von England und Irland, älteste Tochter von König Henry VIII und dessen ersten Frau Catherine of Aragon.
Nach dem frühen Tod ihres Halbbruders König Edward VI wurde sie zur ersten Königin Englands gekrönt. Während ihrer Herrschaft versuchte Mary die von ihrem Vater durchgesetzte Reformation wieder rückgängig zu machen und den Katholizismus wieder als Staatsreligion zu etablieren. Unter ihrer Herrschaft wurden fast dreihundert Protestanten hingerichtet, weshalb sie für die Nachwelt seither als Bloody Mary bekannt ist. Marias Halbschwester und Nachfolgerin Elisabeth I machte Marias religionspolitische Massnahmen wieder rückgängig.
Dass der Cocktail nach dieser historischen Figur benannt wurde, hat wohl einzig und alleine mit der roten Farbe zu tun. Gerüchte besagen allerdings, dass die Schauspielerin Mary Pickford etwas damit zu tun haben könnte, oder die Freundin eines Harry's-Stammgastes, die Mary hiess und in einem Kabarett mit Titel «Bucket of Blood» tanzte. Ach.
Naja. Eigentlich wissen wir alle Bescheid: Das einzig wirklich garantierte Rezept gegen einen deftigen Kater lautet «Zeit und Schlaf». Irgendwann ist auch der übelste Kater mal vorbei, ob man nun Alka-Seltzer, Alko-hol oder Alka-garnix schlürft. Ob ein Bloody Mary wirklich Kopfweh und Magenverstimmung lindert, ist – zumindest chemisch gesehen – umstritten. Unumstritten jedoch ist sein Platz in der altehrwürdigen Kulturgeschichte des gepflegten Trinkens. Im Morgenmantel auf dem Sofa sitzen und an einem Bloody Mary nippen, dabei sich an den Spass erinnern, den Mann in der Nacht zuvor erlebte, ist eine der schönsten Arten, einen faulen Sonntag zu verbringen.
Ursprünglich aus Kanada, ist der Bloody Caesar ein Bloody Mary mit Clamato Juice statt Tomatensaft. Clamato? Ja, ‹clams› und ‹tomato›, ergo Tomatensaft, Muschel-Fond und Gewürze. Gibt's als Mott's Clamato zu kaufen.
Easy: Gin statt Wodka!
Noch einfacher: Bloody Mary ohne Alkohol. Also ohne Wodka. Also ein Tomatensaft mit Gewürzen. Jap. Genauso.
Vereinfacht gesagt, ein Bloody Caesar mit Bier statt Wodka. Aber eigentlich ist Michelada, wie er im heimischen Mexiko, im Südwesten der USA und inzwischen ziemlich überall in Mittelamerika getrunken wird (überall dort also, wo's heiss ist), ein Kapitel für sich. Zudem ist die Variation ohne Clamato/Tomatensaft ebenfalls populär, womit die Verwandschaft zu Bloody Mary eher entfernt ist. Item – der Drink geht wie folgt: