Rocco ist eine Mini-TV-Serie bei YouTube mit sechs Folgen à fünf Minuten. Du musst sie gesehen haben!
Warum? Darum!
Pardon, aber es ist so. Du rechnest einfach nicht damit, dass du die erste Folge so einer Miniserie anmachst, die hier konzipiert und gedreht worden ist – und dann kommt da so ein Hammer! Und ja, mir ist klar, was ich mir jetzt anhören muss ...
Warum die Serie nicht wie andere Schweizer Serien ist? Schau dir bloss mal den Vorspann an. Hast du sowas schon mal gesehen – ausser bei aktuellen Ami-Serien auf Netflix und HBO? Für die Musik ist übrigens die Möchtegang verantwortlich.
«Shining Pictures»-Produzentin Sophie Toth sagte uns, dass die Suche nach einem Titeltrack normalerweise viel Zeit in Anspruch nimmt – aber als sie diesen Song gehört hat, stand augenblicklich fest, dass der Vorspann seinen Sound hat.
Alles dreht sich um Sven, den Erzähler, der sehr sympathisch ist, aber irgendwo verloren hat. Seine geschiedene Frau ist glücklich mit dem Neuen, sein selbstverliebter Chef in der Werbeagentur macht Druck und irgendwo läuft alles verkehrt in seinem Leben – bis sein Hallodri-Bruder auftaucht und alles aufmischt: der Rocco.
Aufs Glatteis werden die Brüder von Alt-Verbrecher Frigo geführt, der mit seinem Auftritt das Sennentuntschi und Globi als bisherige biggest Bösewichte der Nation ablöst. Endlich!
Schnelle Schnitte, intelligente Einblendungen, ein gewitztes Drehbuch, schlaue Zusammenfassungen am Anfang und intelligente Cliffhanger am Ende. Und dann wird die ganze Chose noch in einer Stadt gedreht, die in jeder Szene die perfekte Kulisse bietet. Wenn es dreckig wie wenn es hipsterli ist – und gepflegt arrogant. Könnte fast ... sein.
(Selbst)Ironie ist bei diesem kleinen Meisterwerk Trumpf – und der feine Witz würzt das dargestellte Dilemma, in das die Brüder Heierli hineinschlittern. Kaum ein Klischee wird ausgelassen: Das hört sich wie eine Beleidigung an, ist aber in diesem Fall wirklich bloss als Lob gemeint.
Zwei Brüder in der Bredouille, denen Gauner derben Druck machen: Mit dem Drehbuch wären die Macher beim Staatsfernsehen nicht mal am Pförtner vorbeigekommen. Was allerdings auch unsere Schuld sein könnte: Wenn der Wähler dem SRF die Mittel kürzt, kann er kaum erwarten, dass Leutschenbach mal eine Serie mit Ecken und Kanten ausprobiert, statt einem Pendant, das den breiten Mainstream gefallen soll.
Nein, für diesen Punkt bekommt watson kein Geld! Aber wenn sich ein Unternehmen wie Swisscom entscheidet, genug Geld in die Hand zu nehmen, aber den Kreativen mutig freie Hand zu lassen und nicht die Hände vor den Kopf zu schlagen, wenn es sich in der Serie nicht permanent um deren Produkte dreht, muss man das auch mal explizit loben!
Der Regisseur hat vor Jahren mit der Webserie «Tschutter» auf «20 Minuten» überrascht, doch danach hat er sich zum Leidwesen des geneigten Zuschauers zumeist mit Werbefilmen beschäftigt. Wenn man sieht, wie der Mann Geschichten erzählt, die mehr als Reklame sind, ist das fast fahrlässig!
Bleibt zu hoffen, dass «Rocco» nach diesen sechs Folgen noch nicht endgültig zu Ende ist: bitte mehr davon!!!