Woher würden wir wissen, dass Sommer ist, würdest du das nicht auf Instagram ordentlich kundtun? Eben. Damit die Instagram-Feeds der Schweiz aber nicht zu einem Sammelsurium individueller Ausdrücke verkommen, ist ein gewisser Grad an Einheitlichkeit vonnöten.
Die Posts sollen, wann immer möglich, einem der drei Grundstile entsprechen.
Verspielt ein Getränk in Szene setzen, das Alkoholgehalt suggeriert. Im Hintergrund mit pittoreskem Ambiente nicht sparen. Authentische Verschmitzheit.
Vermeintlicher Fokus liegt auf Essbarem, das kulinarische Handwerkskunst und ästhetische Rohheit ausstrahlt. Verschwommene Umrisse von Menschen sorgen für die Haptik und dienen als Beweis für sozialen Sauglattismus. Subtile Romantik der Moderne.
Die nichtsahnende Aura der fotografierten Person impliziert Spontaneität, Verletzlichkeit. Der voyeuristische Aspekt des Fotos wird wunderbar in ein sommerliches Ambiente eingebettet. Da dieses unschuldige Unwissen schwer einzufangen ist, werden in der Regel 30-50 Varianten geschossen. Die nicht primär verwendeten Abzüge können dann als Throwbacks kontinuierlich recycelt werden. Nachhaltige Eleganz.
Wäre der Sommer die Schweiz, dann wäre die Grillade das Schnauben bei Zugverspätungen von vier Minuten: das penetrante Zelebrieren eines Umstands. Es ist die Pflicht eines jeden Mitglieds der Gesellschaft, bei Temperaturen von über 25 Grad Celsius die Grillade zum Thema zu machen.
Wenn es dann tatsächlich so weit ist, muss sichergestellt werden, dass die Grillade korrekt abläuft. Im Vorfeld ist es wichtig, klar zu stellen, dass du – im Gegensatz zum gemeinen Volk – eben weisst, wie man wirklich richtig grilliert. Und was auf dem Grill eben wirklich super kommt. Und auf was es beim Grill selber eben wirklich wirklich drauf ankommt. Erst dann kann es losgehen.
Die Grillade ist denn auch erst dann erfolgreich beendet, wenn vom Grilleur/der Grilleuse sämtliche Komponenten der folgenden Karte geäussert wurden.
Die Königsdisziplin des Sommers ist ein Tanz, der im Duett mit geflügelten Stachelträgern ausgeübt wird. Diese hohe Kunst will gelernt und perfektioniert sein. Das Beherrschen von mindestens zwei der sechs klassischen Grundpositionen gilt als gesellschaftlich nobel.
Der Verhaltenskodex im öffentlichen Verkehr ist komplex und tückisch. Er kann hier ergo nur äusserst oberflächlich angeschnitten werden. Prinzipiell lassen sich die meisten Anstandsregeln in drei grosse Themen unterteilen.
Im Sommer spielen Flüssigkeiten eine zentrale Rolle im öffentlichen Verkehr. Nicht nur gilt es, beispielsweise den eigenen Sitzplatz mittels Restnässe in den Badehosen zu markieren oder die Ablageflächen mit süssen Erfrischungsgetränken zu imprägnieren, nein, auch sollen massig Flüssigkeiten ausgeschüttet werden.
Besonders wichtig ist es, dass die Flüssigkeit nicht nur visuell sondern auch olfaktorisch wahrgenommen werden kann. Die simultane Beanspruchung von Seh- und Geruchssinn stimuliert bei Mitreisenden das allgemeine Wohlbefinden. Denn: Nur ein Mensch unter vielen Menschen in einem schlecht klimatisierten, abgeschlossenen Raum ist ein glücklicher Mensch. Lass sie dies fühlen.
Achte dich bei Reisen stets darauf, den Mitreisenden gegenüber möglichst offen zu sein. Zeige ihnen, dass du nichts zu verstecken hast. Das gilt besonders für die Fusspartie, der insgeheime Schlüssel zum Herzen anderer Menschen.
Da es von aussen oftmals schwer zu beurteilen ist, wie gut die Sehkraft des Gegenübers tatsächlich ist, wird dazu geraten, die baren Füsse dem Gegenüber so nahe wie möglich zu bringen. Im Idealfall geschieht dies durchs Präsentieren auf dem benachbarten Sitz. Nur so besteht bezüglich deines Wohlwollens keine Zweifel.
Viele Sinneseindrücke sind in diesem Setting nur latent. Im Sinne der Gemeinschaft sollen diese evident gemacht werden, um eine bekömmliche Ambiance zu gewährleisten.
Durch das Wedeln eines Printmediums zirkuliert die angenehm satte Luft besser und wirbelt diverse Geruchskomponenten auf, ehe sich diese zu einem vollmundigen Bouquet vereinigen und die Pendlerschaft so in einen Zustand der Entspannung verfrachten.
Da sich im Sommer die gegebenen Umweltbedingungen im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten drastisch verändern, sind Anpassungsstrategien gefragt. Vor allem deine. Darum gilt es, diese in propagandistischer Manier unter die Menschen zu bringen. Dabei gilt selbstverständlich: Je kontroverser, desto besser.
Wichtig ist:
Kommt gar nicht in die Tüte, dass dein Nachbar den Grösseren hat als du.
Da in helvetischen Gärten ein eigentliches Wettrüsten im Gange ist, schlimmer als zu Zeiten des Kalten Kriegs, gilt es jedes Jahr den neusten Potenzschlitten in den Garten zu stellen.
Jedem und allem mitteilen, dass es einfach viel zu heiss ist und man eigentlich nur Temperaturen bis 23.4 Grad Celsius als angenehm empfindet. Alles andere ist einfach wirklich viel zu heiss. Wirklich 🤯.