Es ist gerade einmal fünfeinhalb Monate her, dass sich der FC Zürich in Basel zum Meister gekürt hat. Für die einen der schönstmögliche Erfolg, für die anderen die grösstmögliche Demütigung. Doch selbst beim FCB herrschte im Sommer Aufbruchstimmung, weil mit Alex Frei eine Vereinslegende als Trainer verpflichtet wurde und eigentlich alles hätte besser werden sollen. Vor dem Wiedersehen im Joggeli könnte das nicht weiter weg sein.
Der FC Zürich ist Letzter. Auch nach elf Ligaspielen wartet der Meister auf einen Sieg. Trainer Franco Foda, den Ancillo Canepa im Sommer noch als Wunschkandidaten für die Nachfolge von Wunderwirker André Breitenreiter bezeichnet hatte, ist bereits wieder Geschichte. Sein Nachfolger steht vor einem «Berg von Problemen», wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Denn der FCZ ist offensiv wie defensiv weit davon entfernt, was ihn letzte Saison so erfolgreich gemacht hat. Ein Torverhältnis von 7:20 ist das Zeugnis davon.
Weder Topskorer Assan Ceesay (20 Tore, 11 Assists in der letzten Saison) noch Mittelfeld-Dominator Ousmane Doumbia konnten ersetzt werden. Dazu kommt, dass gefühlt jeder einzelne Spieler der Meistermannschaft deutlich unter dem Niveau der Vorsaison spielt. Der einzige Erfolg der Saison bleibt bisher die Qualifikation für die Europa League. Doch dort ist man nach vier Niederlagen bereits ausgeschieden.
Auf die 1:5-Blamage gegen PSV Eindhoven folgte ein uninspirierter Auftritt gegen Winterthur und eine erneute Klatsche gegen die Niederländer. Vor seinem ersten Spiel sagte der neue Coach Bo Henriksen dem «Tages-Anzeiger»: «Von jetzt an übernehme ich Verantwortung für alles.» Vielleicht hätte er mit dieser Aussage noch etwas warten sollen. Denn auch im Rückspiel gegen Eindhoven ging der FCZ unter und verlor 0:5.
Es war ein schwieriger Einstand für den dänischen Coach, der keineswegs leichter wurde. Am Sonntag ging es gegen Leader YB, gegen den der FCZ in der Vergangenheit immer wieder ganz schwach aussah. Das 0:0 muss in der aktuellen Situation schon als Erfolg bezeichnet werden. Doch bleiben die Zürcher erneut über 90 Minuten harmlos. Weil der letzte Pass nicht ankommt oder der Abschluss am Tor vorbeifliegt. Zumindest lässt man auch defensiv wenig zu. Eine sichere Defensive ist ein Erfolgsrezept für ein spielerisch schwaches Team. Und als solches muss man den FCZ aktuell sehen.
Nun kommt mit dem FC Basel ein erster richtiger Gradmesser. Denn auch der ewige Rivale befindet sich weit hinter der gewohnten Form. So verkommt der Klassiker beinahe zum Kellerduell. In Basel ist die Euphorie aus dem Sommer verflogen. So langsam erwarten auch die treuesten FCB-Fans Fortschritte vom Team von Alex Frei, dem zu Saisonbeginn noch viel verziehen wurde.
Erst im fünften Ligaspiel gelang den Baslern der erste Sieg. International qualifizierte man sich mit Ach und Krach für die Conference League. Doch dann schien der Bann gebrochen. Zwischen Mitte August und Anfang Oktober gewann der FCB acht von neun Spielen. Doch wer die Partien gesehen hat, merkte, dass auch dort die Leistungen nicht immer überzeugend waren. Aber die Resultate stimmten.
Das ist nun nicht mehr der Fall. Gegen Slovan Bratislava zeigte sich Basel im St. Jakob Park beim 0:2 defensiv desolat und offensiv ideenlos. Nach der darauffolgenden 0:1-Niederlage in Lugano war das Fazit von Darian Males klar: «Ich kann mich nicht erinnern, dass wir eine Chance kreiert haben. So kann man nicht gewinnen.»
«Ich akzeptiere das Auf und Ab», sagt Trainer Frei nach dem Spiel im Interview mit der «bz Basel». Und auch danach beweist der FCB wieder seine Inkonstanz. In Bratislava schreibt dieselbe Zeitung von drei Gesichtern. Basel beginnt nämlich klug, lässt wenig zu und nutzt die erste Chance in Form eines Penaltys. Doch kurz vor der Pause stellt sich der FCB in Person von Liam Millar dumm an und verschuldet unbedrängt einen Elfmeter. Nach der Pause fällt ein schnelles Gegentor nach einer Ecke, dann brauchen die Slowaken nur zwei Pässe, um die gesamte Defensive des FCB auszuhebeln und das 3:1 zu erzielen.
Nach einem Dreifachwechsel ändert sich auch das komplette Auftreten der Basler. Sie übernehmen die Kontrolle des Spiels und schaffen tatsächlich noch den Ausgleich, nur um einige Tage später einen erneut ideenlosen Auftritt in Genf hinzulegen. «Der FC Basel tritt auf der Stelle», schreibt dazu die «bz Basel».
Und so fragt man sich weiterhin: Wann legen die Basler den Schalter um? Die Offensive enttäuscht bisher mit nur 15 Toren in zehn Ligaspielen. Trotz der zahlreichen Neuzugänge wie Zeki Amdouni, Andi Zeqiri, Jean-Kévin Augustin oder Bradley Fink. Doch auch hier liegt ein Problem der Basler. Der Coach hat nämlich viel Auswahl, vielleicht sogar zu viel. Denn der Luxus, viel rotieren zu können, kann auch der Eingespieltheit des Teams schaden.
So steht fest: Vor dem Klassiker haben sowohl der FC Zürich als auch der FC Basel noch viele offene Baustellen. Doch beide Trainer sind überzeugt, dass sie diese beheben können – sie brauchen nur Zeit.
#neinzuplayoffs