Vor dem Start der Playoff-Viertelfinals schrieb ich, dass die vermutlich einzige Chance des EHC Biel in der Serie gegen die ZSC Lions sei, wenn sie den Schwung aus den Pre-Playoffs mitnehmen und die vielleicht noch etwas eingerosteten Zürcher überrumpeln können. Nun steht es nach drei Spielen 3:0 für den ZSC und Biel steht vor den Ferien. Überrumpeln fehlgeschlagen.
Normalerweise analysiere ich in einem solchen Moment die bisherigen Spiele der Serie und suche nach Statistiken und Fakten, die dem unterlegenen Team Hoffnung auf die Wende machen. Doch diese Suche gestaltet sich in der Serie zwischen ZSC und Biel als schwierig.
Biel-Fans mögen nun protestieren und anführen, dass die Spiele immer knapp waren und genauso gut auf die Seite der Seeländer hätten kippen können. Das stimmt ansatzweise. Die Lions gewannen ein Mal mit zwei Toren Unterschied, und zwei Mal mit einem Tor Unterschied. Eines der drei Spiele ging zudem in die Verlängerung. Doch wenn man die Spielanteile anschaut, waren die Zürcher bislang in allein drei Spielen klar besser. Und der 3:2 nach Verlängerung vom Mittwochabend war der bislang dominanteste Auftritt der Serie.
In allen drei Spielen hatte der ZSC ein Chancenplus von mindestens 55 Prozent auf seiner Seite, am Mittwoch waren es gar überlegene 65 Prozent. Biels Problem ist die Vielseitigkeit der Zürcher. Während der EHCB sich in den ersten beiden Spielen ähnlich viele Chancen nach Rush-Situationen oder längerem Scheibenbesitz herausspielte wie sein Gegner, ging das Forecheck-Duell immer klar verloren.
Die Bieler können nicht verhindern, dass die Zürcher durch Druck, Zweikämpfe und Ausgraben der Scheibe in der Offensivzone zu Chancen kommen, was den Lions die relativ deutliche Chancenmehrheit beschert. Die Serie zeigt eben auch, wie schwierig es dieses Jahr ist, die ZSC Lions zu neutralisieren. Selbst wenn Martin Steineggers Biel die Zürcher Toplinie um Denis Malgin, Sven Andrighetto und Rudolfs Balcers mit ihrer spielerischen Brillianz in den Griff kriegt, sind da noch andere Problemherde.
Da ist etwa noch die Linie mit Derek Grant, Jesper Fröden und Denis Hollenstein, die im Slot für viel Gefahr sorgt. Die Linie mit Yannick Zehnder, Justin Sigrist und Vinzenz Roher bringt viel Energie ins Spiel, während auch Willy Riedy, Reto Schäppi und Simon Bodenmann dem Gegner unter die Haut fahren können. Zudem zeigen sich die Zürcher in Überzahl in den Playoffs noch einmal ein gutes Stück gefährlicher als in der Regular Season, während Biel dort grosse Mühe bekundet. In den letzten 18 Spielen haben die Seeländer nur vier Powerplay-Tore geschossen – eines davon in Spiel 1 gegen den ZSC, weshalb die Effizienz in den Playoffs im Vergleich mit der Regular Season trotzdem gesteigert werden konnte.
Dass Biel die bisherigen Viertelfinalspiele trotzdem derart knapp halten konnte, lag vorwiegend auch an den guten Torhütern. Aufgrund der zugelassenen Chancen hätte Biel am Mittwoch eigentlich fast fünf Tore erhalten müssen. Dank Goalie Harri Säteri konnten die Seeländer lange vom Sieg träumen und kassierten am Ende nur drei Tore.
Ist es also wirklich hoffnungslos für Biel? Natürlich nicht. Selbst wenn die ZSC Lions auch das vierte Spiel abermals dominieren sollten, bedeutet das nicht automatisch, dass es auch mit dem Sieg klappt. Schliesslich war das Endresultat bislang auch immer knapp. Es muss allerdings viel zusammenpassen für Biel.
Man sieht, der EHC Biel steht vor einer Herkulesaufgabe. Erst fünf Mal ist es in der 38-jährigen Schweizer Playoff-Geschichte einer Mannschaft gelungen, einen 0:3-Rückstand in einer Serie noch zu drehen. Aber als es das letzte Mal passierte, im Playoff-Final von 2022, waren ausgerechnet die ZSC Lions am schlechteren Ende. Sie verspielten gegen Zug einen 3:0-Vorsprung und vergaben den Meistertitel. Wer weiss: Vielleicht reicht ein Heimsieg von Biel heute Abend, damit bei den Zürchern unliebsame Erinnerungen aufkommen.