Während die 2:0-Führung des EV Zug in der Viertelfinalserie gegen Lugano grundsätzlich nicht überraschend kommt, war zwischen den SCRJ Lakers und Davos eigentlich eine knappere Serie erwartet worden. In beiden Serien haben die zurückliegenden Mannschaften mit grundlegenden Problemen zu kämpfen.
Zwei Spiele, zwei Niederlagen. Den Start in die Serie gegen die Lakers haben sich der HC Davos und Trainer Christian Wohlwend sicherlich anders vorgestellt. Wohlwend spricht im SRF-Interview an, was seiner Meinung nach die bislang grössten HCD-Mankos in diesen Playoffs sind: Effizienz und Goalie-Leistung.
Hier hat Wohlwend sicherlich recht. Es ist nicht so, dass der HCD gegen die Lakers nicht zu Chancen käme. Gerade im zweiten Spiel haben die Bündner das Geschehen über weite Strecken dominiert. Doch sie schaffen es nicht, die Chancen auch in Tore umzuwandeln. Entweder sie scheitern am bislang überragend aufspielenden Melvin Nyffeler im Rapperswiler Tor, oder sie scheitern an sich selbst. Das 3:1 für die Lakers im gestrigen Spiel zeigt dies exemplarisch: Enzo Corvi schiesst aus dem Slot neben das Tor und im direkten Gegenzug erhöht Gian-Marco Wetter für Rapperswil.
Insgesamt häuft der HCD gestern Torchancen für rund 3 Expected Goals an, steht am Ende aber nur mit einem echten Tor da.
Ist es unfair, den Goalie nach nur zwei Playoff-Spielen zu kritisieren? Vielleicht. Aber die Messlatte bei Sandro Aeschlimann ist nach einer herausragenden Qualifikation einfach enorm hoch und bislang wird er den Erwartungen nicht gerecht. Über beide Spiele zusammengerechnet hat der HCD-Goalie nun schon 3,21 Tore mehr kassiert, als aufgrund der von Davos zugelassenen Chancen zu erwarten gewesen wäre.
Ein Aeschlimann in Regular-Season-Form würde dem HCD eine mögliche Wende natürlich erleichtern. Doch es gibt auch noch andere Problemzonen.
Schwache Imports? Das mag auf den ersten Moment etwas komisch klingen, hat doch Mathias Bromé mit einem Tor und einem Assist am Freitag dafür gesorgt, dass das Spiel in Rapperswil am Ende noch einmal richtig spannend wurde. Dennoch funktioniert die Linie um Bromé, Matej Stransky und Dennis Rasmussen noch nicht, wie sie das sollte.
Das Ausländer-Trio ist Davos' nominell stärkste Linie und sollte die Lakers in deren Zone einschnüren. Dennoch hat der Stürmerblock bislang in beiden Spielen mehr gegnerische Chancen zugelassen, als er selbst kreiert hat. Das spricht natürlich auch für die gute Verteidigungsarbeit, die die Lakers leisten.
Die grosse Stärke von Davos sind sogenannte «Off the Rush»-Angriffe. Das bedeutet, dass der Abschluss spätestens fünf Sekunden nach dem Betreten der offensiven Zone kommt. Der HCD hat einen grossen Teil seiner Tore in der Regular Season nach solchen schnellen Gegenstössen geschossen.
So sieht es meistens aus, wenn Davos versucht die Lakers-Zone zu betreten:
Doch genau das lassen die Lakers praktisch nicht zu. Die St.Galler spielen ihre Variante einer Neutral-Zone-Trap. Das heisst, sie stellen bei HCD-Angriffen die neutrale Zone in der Mitte so zu, dass Davos nicht viel anderes übrig bleibt, als den deutlich weniger gefährlichen Weg über die Aussenbahnen zu nehmen. In beiden Spielen zusammen hat Rapperswil gemäss dem Tracking von nlicedata.com doppelt so viele Rush-Chancen produziert wie Davos (12 gegenüber 6).
Obwohl eigentlich die Ausgangslage in dieser Serie auf dem Papier deutlich klarer war, haben viele Experten erwartet, dass Lugano dem Qualifikationssieger aus Zug ein Bein stellen kann. Doch nach zwei Spielen sieht es so aus, als können die Zentralschweizer relativ locker durchmarschieren – das sind die Gründe.
Dass Lugano das erste Spiel der Serie in Zug nicht gewinnt, liegt einzig und allein an einem Spieler: Leonardo Genoni. Der EVZ-Goalie steht zum Playoff-Auftakt Kopf und rettet seine Mannschaft trotz deutlicher Feldüberlegenheit Luganos in die Verlängerung, wo Zug dann doch noch gewinnt. Dabei lässt der 34-Jährige satte zwei Tore weniger zu, als aufgrund der Chancen zu erwarten gewesen wären. Entsprechend liegt Luganos Schusseffizienz in den zwei Playoff-Spielen nur bei 3,9 Prozent gegenüber 8,5 Prozent in der Regular Season.
Im zweiten Spiel reicht dann auch ein gewöhnlicher Leonardo, weil einerseits Lugano nicht mehr zu so vielen Chancen kommt und weil andererseits der Tessiner Goalie Niklas Schlegel einen schwachen Abend einzieht.
Der HC Lugano hat im zweiten Spiel auch etwas die Nerven verloren. Insbesondere die Provokationen von Zugs Jérôme Bachofner trugen Früchte und sorgten dafür, dass immer wieder Luganesi auf der Strafbank Platz nahmen. Und gerade in Unterzahl ist Lugano verwundbar: 16 Mal mussten die Tessiner in der Serie gegen Zug schon mit mindestens einem Mann weniger antreten, fünf Mal zappelte der Puck danach auch im Netz.
Normalerweise würde ich einem Bully nicht besonders viel Wichtigkeit zuschrieben – ausser es geht in die Special Teams. Und dort zieht Lugano in dieser Serie ganz klar den Kürzeren. Das war schon im ersten Spiel so, im zweiten wurde es aber noch extremer. In der eigenen Zone gewannen die Tessiner am Sonntag von 28 Anspielen nur deren neun.
Noch extremer war die Angelegenheit in Unterzahl: Von zehn Bullys konnte die Mannschaft von Chris McSorley nur eines für sich entscheiden. Das erlaubt es dem Gegner aus Zug sogleich, sich in der Zone zu installieren.