16 Tore in 16 Spielen – keine beeindruckende Bilanz. Besonders nicht für ein Fussballteam, das in der Vorsaison noch als Torfabrik bekannt war, die 2,2 Tore pro Spiel schaffte.
Doch diese magere Bilanz von aktuell einem Treffer pro Spiel ist ein Fakt. Seiner starken Abwehr (15 Gegentreffer) und Goalie Lawrence Ati Zigi, dessen Bock am Wochenende gegen Zürich die Ausnahme war, verdankt es der FC St.Gallen, dass er trotzdem auf Rang 5 der Super League steht.
Unter Trainer Peter Zeidler zeigen die Ostschweizer nach wie vor offensiven Fussball und sie kommen auch zu Chancen. Doch der Ball will einfach nicht rein. Der FCSG ist das ineffizienteste Team der Super League – und wie sich nun zeigt fast in ganz Europa.
Das Internationale Zentrum für Sport-Studien CIES in Neuenburg hat in Zusammenarbeit mit den Statistikern von InStat sämtliche Teams aus 31 europäischen Ligen auf ihre Abschlusseffizienz hin untersucht. Spitzenreiter ist der deutsche Zweitligist Hamburger SV, der für einen Treffer 4,7 Abschlüsse benötigt. Von den Topteams ragen Bayern München (5,2 Abschlüsse pro Tor) und Atlético Madrid (5,4) heraus.
Der Blick auf die Super League zeigt, dass der FC Zürich (8,1) und der FC Basel (8,6) die effizientesten Teams sind. Die beiden Klubs sind auch diejenigen, die mit 26 Treffern in jeweils 17 Spielen bislang die meisten der Liga erzielt haben.
Ganz am Ende finden wir den FC St.Gallen. 17,4 Schüsse feuern die Ostschweizer auf ein gegnerisches Tor ab, bis sie endlich über ein Tor jubeln dürfen. Ein Wert, der auf dem ganzen Kontinent nur von drei Teams noch überboten wird: Von Cosenza in der italienischen Serie B (17,5), von Hapoel Tel Aviv (19,5) und vom europäischen Schlusslicht Belenenses (20,5), welches in der ersten portugiesischen Liga spielt.
Die Zahlen bestätigen den Eindruck, den man als Zuschauer von St.Gallens Spielen erhält: Für einen oft sehr hohen Aufwand ist der Ertrag zu klein. Die Zahlen zeigen aber auch, dass die Ostschweizer verhältnismässig oft von ausserhalb des Strafraums abziehen, wo die Möglichkeit eines Torerfolgs geringer ist. St.Gallen gibt nur 47 % seiner Schüsse im Sechzehner ab, nur bei Vaduz (46 %) ist es ebenfalls weniger als die Hälfte.
Das Schiessen aus allen Lagen mag vielen Fans als wichtiges Mittel erscheinen beim Versuch, ein Tor zu erzielen. Im alten Espenmoos erklang einst ein «Schüüüüüss!» aus tausenden Kehlen, kaum war Verteidiger Marc Zellweger irgendwo in der gegnerischen Platzhälfte am Ball. Doch einträglich ist der Distanzschuss selten. Meister YB, der souveräne Tabellenführer der Super League, schliesst in dieser Saison fast zwei von drei Angriffen (64%) innerhalb des Strafraums ab.
Europaweite Spitze sind die 70 % von Dynamo Kiew, Schlusslichter sind mit 41 % die serbischen Teams Vozdovac und Radnicki Nis. In den fünf Top-Ligen hat in dieser Sparte kein einziges Team einen Wert von unter 50 %. Den Spitzenwert von 69 % erreichen Eintracht Frankfurt, Borussia Dortmund und Celta Vigo.
Gerade beim BVB erstaunt dies nicht: Lucien Favre, der Mitte Dezember entlassene Trainer, gilt als Verfechter von Abschlüssen im Strafraum. Unter ihm sollen Spieler einen Angriff erst dann abschliessen, wenn die Aussicht auf ein Tor gut ist – und das ist sie im Sechzehner meist eher als ausserhalb.
Zurück zum FCSG. Dort zeigt sich kurz vor Halbzeit der Saison, dass es nicht gelungen ist, die vielen Tore der abgewanderten Cedric Itten und Ermedin Demirovic zu ersetzen. Gemeinsam schossen sie vergangene Saison 33 Tore, nun ist Itten mit den Glasgow Rangers auf Kurs Richtung erstem Meistertitel seit 2011 und Demirovic fasst beim SC Freiburg in der Bundesliga immer mehr Fuss.
Der im Sommer verpflichtete Mittelstürmer Florian Kamberi war nicht der gewünschte Ersatz. In acht Super-League-Partien erzielte er kein einziges Tor und wurde mittlerweile an den FC Aberdeen ausgeliehen.
Das deutlich jüngste Team der Super League (Durchschnittsalter der Startelf: 24,1 Jahre) muss kaltblütiger werden und genauer zielen. Nur YB (289 Torschüsse) zog öfter ab als St.Gallen (274), doch während bei den Bernern 36 % der Abschlüsse auch wirklich aufs Tor gingen, kommt St.Gallen bloss auf den Wert von 25,5 %. Bloss die Quote des Tabellenletzten Vaduz ist noch etwas tiefer.
Die nächste Gelegenheit dazu, aus den vielen Abschlüssen ein zählbares Resultat zu erzielen, hat der FC St.Gallen morgen. Dann trifft er auswärts im Tourbillon auf Sion.
Realistisch gesehen wird in Sachen Tabellenrang ziemlich das Optimum aus der Mannschaft herausgeholt.