Liverpool freut sich über den besten Saisonstart in der 126-jährigen Klubgeschichte. Nach 16 Partien haben die «Reds» dank 13 Siegen und 3 Unentschieden 42 Punkte auf dem Konto und liegen seit dem Wochenende an der Tabellenspitze der Premier League.
Das sind die sieben Gründe, weshalb das Team von Jürgen Klopp auf Rang eins steht und dieses Jahr tatsächlich wieder einmal Meister werden könnte.
Loris Karius war letzte Saison ein guter, meist sogar ein sehr guter Torhüter. Auch wenn er nachträglich auf seine zwei Fehler im Champions-League-Finale reduziert wird. Doch mit Alisson Becker hat Liverpool nun einen Keeper von Weltklasse-Format. Dies belegen auch einige Zahlen zum brasilianischen Schlussmann:
That save. 😱
— Liverpool FC (@LFC) 9. Dezember 2018
That counter-attack. ⚡️
Alisson ➡️ Sturridge ➡️ Salah ➡️ Shaqiri ⚽️ pic.twitter.com/OHTy81xUqq
Dass Liverpool mit nur sechs Gegentoren die beste Defensive aller Klubs in einer Top-Fünf-Liga stellt, hängt natürlich nicht nur mit Alisson, sondern auch mit der starken Verteidigung zusammen.
Virgil van Dijk ist der derzeit beste Innenverteidiger der Premier League. Zweikampf- und kopfballstark, dazu eine gute Spieleröffnung und vor allem ein Leader. Neben ihm ist der erst 21-jährige Joe Gomez ebenfalls zu einem Leistungsträger gereift. Der Engländer hat sich allerdings kürzlich den linken Fuss gebrochen und wird rund sechs Wochen ausfallen. Er kann durch Joel Matip oder WM-Finalist Dejan Lovren, der nach eigener Aussage weniger Fehler macht als Sergio Ramos, ersetzt werden. Die Aussenverteidiger-Positionen sind mit Trent Alexander-Arnold und Andrew Robertson ebenfalls sehr gut besetzt.
Vor allem zuhause an der Anfield Road hat sich Liverpool zu einer Festung entwickelt. Seit Februar 2018 gab es in zwölf Heimspielen in der Premier League genau ein Gegentor.
Liverpool hat im Sommer 182 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Dabei ist bloss Alisson unumstrittener Stammspieler. Die bereits bestens eingespielte Mannschaft wird durch die Neuzugänge punktuell ergänzt, die neuen Spieler werden langsam an Spielsystem und Team herangeführt.
Speziell das Mittelfeld wurde mit Fabinho und Naby Keita nochmals deutlich verstärkt. Das gibt Jürgen Klopp mehr Optionen – er hat mittlerweile auch auf der Bank sehr hohe Qualität und kann rotieren, ohne dass das Team merkbar schwächer wird.
Und da ist ja noch einer: Xherdan Shaqiri, das Transfer-Schnäppchen des Sommers. Für läppische 14,7 Millionen Euro verpflichtet, befindet sich Shaqiri in der Form seines Lebens. Der Schweizer ist zudem flexibel, kann sowohl im offensiven Mittelfeld als auch auf dem Flügel spielen.
Mohamed Salah sei ein «One Season Wonder». Ein Spieler, der nur eine gute Saison hatte. Das wurde dem Ägypter nach seiner überragenden letzten Saison (52 Spiele, 44 Tore, 16 Assists) in den letzten Wochen zumindest oft unterstellt.
Tatsächlich läuft es dem Ägypter in dieser Saison nicht so gut wie vor Jahresfrist. Und trotzdem hat Salah in 16 Premier-League-Spielen 10 Tore geschossen und fünf weitere vorbereitet. Salah führt zusammen mit Pierre-Emerick Aubameyang die Torschützenliste an.
Durch seinen Hattrick vom Wochenende ist Salah mit seinen 42 Toren sogar vorgerückt auf Rang neun der besten Premier-League-Torschützen in der Geschichte des FC Liverpool – nach bloss 52 absolvierten Partien.
Man stelle sich vor, Salah erreicht im Verlauf der Saison noch die Form, die er als «One Season Wonder» hatte …
Jürgen Klopp hat seine exakte Vorstellung von Fussball. Diese akribisch dem Team einzutrichtern, benötigt Zeit. Das war schon in Mainz und in Dortmund der Fall. Nach jeweils drei bis vier Jahren kamen die Erfolge unter dem «Normal One».
In Liverpool ist Klopp jetzt etwas über drei Jahre im Amt, den ersten Erfolg hatte er mit dem Einzug ins Champions-League-Finale im letzten Frühling. Der Titel fehlt allerdings noch.
Jürgen Klopp variiert das Spielsystem gerne. Vorzugsweise spielt er allerdings ein offensives 4-3-3, bei dem er gerne auf starkes Offensiv-Pressing setzt. Doch der FC Liverpool hat unter Klopp gelernt, bei erfolglosem Pressing wieder schnell hinter den Ball zu kommen und danach Konter zu fahren. Die «Reds» führen in der Statistik der Torschüsse nach schnellen Kontern (15) – daraus haben sich fünf Tore ergeben, auch das ein Bestwert.
Charakteristisch für Jürgen Klopp ist zudem, dass er nichts, oder zumindest so wenig wie möglich, dem Zufall überlässt. Deshalb erwartet er von seinem Team, dass die Angriffe zu Ende gespielt werden, bis die Lücke da ist und der Abschluss aus dem Strafraum möglich ist. Der Zufallsfaktor durch Distanzschüsse soll möglichst klein gehalten werden. Wenig überraschend hat Liverpool in dieser Saison 31 seiner 34 Premier-League-Tore innerhalb des Strafraums erzielt.
Der FC Liverpool und Manchester City haben sich an der Spitze der Tabelle bereits etwas abgesetzt. Dass der grösste Konkurrent Manchester City heisst, wird Jürgen Klopp passen. Denn im Direktduell gegen die Citizens (unter Guardiola) hat Klopp eine starke Bilanz: vier Siege, zwei Remis, eine Niederlage.
In der Gesamtbilanz inklusive Partien zwischen Borussia Dortmund und Bayern München führt Klopp gegen Guardiola ebenfalls. Er steht bei acht Siegen, zwei Remis und fünf Niederlagen. Gegen keinen anderen Trainer hat Pep Guardiola auch nur annähernd so oft verloren. José Mourinho konnte Guardiola immerhin fünf Mal bezwingen, musste sich aber auch elf Mal geschlagen geben.
Wenn ein Trainer Guardiola auscoachen kann, dann ist es Jürgen Klopp. Das Premier-League-Rückspiel steht am 3. Januar in Manchester an.
Die Premier League bietet viel Spektakel. Das ist schön und gut so. Doch das ständige Ich-habe-den-Ball-und-renne-damit-sofort-nach-vorne hat auch Nachteile. Es ist nicht wirklich erfolgreich. Kein Wunder hat die Premier League trotz dem Geldregen und Milliarden-Investitionen in der Champions League keinen Erfolg. Dafür ist der gespielte Fussball oft zu naiv.
Jürgen Klopp kann genau das ausnutzen, weil er sein Augenmerk trotz Super-Sturm auch auf die Defensive legt. Dass er die richtige Balance findet, um in der Premier League erfolgreich zu sein.
In der Champions League ist das in dieser Saison schon schwieriger. Da braucht Liverpool einen Heimsieg gegen Napoli, um das Out in der Gruppenphase zu verhindern. In der Königsklasse hat Liverpool in fünf Spielen nämlich bereits drei Niederlagen kassiert – in der Premier League noch keine. Die Mannschaft hat sich eine Cleverness angeeignet, die zumindest für die Premier League reichen könnte. Zum ersten Mal seit 1990.