Anfang Dezember waren die Colorado Avalanche im Hoch. Nachdem sie in der Saison zuvor mit der Playoff-Qualifikation überrascht hatten, schienen sie nun einen weiteren Schritt gemacht zu haben. Sie führten die Central Division punktgleich mit Nashville an. Und ihre erste Linie um Nathan MacKinnon, Mikko Rantanen und Gabriel Landeskog dominierte die Liga scheinbar nach Belieben. Die drei waren «on fire».
Schon damals war klar, dass es ein Problem für die Mannschaft aus Denver sein könnte, falls sich ihr Traumsturm irgendwann abkühlen sollte. Doch zu diesem Zeitpunkt schien die Avalanche (Lawine) unaufhaltbar. Das hat sich in den vergangenen Wochen drastisch geändert.
Die letzten acht Spiele haben die «Avs» allesamt verloren. 2019 haben sie von 16 Spielen nur deren drei gewonnen. Aktuell liegen sie punktgleich mit den Chicago Blackhawks am Tabellenende der Central Division.
Was ist passiert? Einerseits hat sich wie befürchtet die Toplinie um MacKinnon, Rantanen und Landeskog abgekühlt. Produzierten die drei Stürmer 2018 (von Oktober bis Ende Dezember) gemeinsam noch 4,15 Skorerpunkte und 1,63 Tore pro Spiel, sind es 2019 noch 2,5 Skorerpunkte und knapp ein Tor.
Daneben ist das sogenannte «Secondary Scoring», also Treffer und Assists von Spielern ausserhalb des ersten Sturms, immer noch ein Problem. Es hat sich zwar leicht verbessert – 2018 steuerten die restlichen Spieler 1,73 Tore pro Spiel bei, seit dem Jahreswechsel sind es 1,94 Tore pro Spiel. Doch das reicht nicht. Die Colorado Avalanche bleiben ein Team mit nur einer gefährlichen Linie und sind deshalb zu einfach auszurechnen.
Eigentlich hätten die «Avs» mit dem Zürcher Sven Andrighetto einen Spieler, der perfekt wäre für eine tragende Rolle im zweiten oder dritten Sturm. In den Saisons zuvor bei Colorado hat er mit 38 Skorerpunkten aus 69 Spielen bewiesen, dass er weiss, wo das Tor steht. Doch bei Coach Jared Bednar scheint der 25-Jährige keine wichtige Rolle mehr zu spielen. Er erhielt zuletzt nicht einmal mehr zehn Minuten Eiszeit pro Spiel und musste meist in der defensiven Zone aufs Eis.
Doch die Problemzone beschränkt sich nicht nur auf den Sturm. Die Torhüter der Avalanche, der Russe Semyon Varlamov und der Deutsche Philipp Grubauer, starteten stark in die Saison und bildeten eines der besten Goalie-Tandems der Liga. Ihre gemeinsame Fangquote lag bei 92,14 Prozent. Sie liessen pro Spiel weniger als 2,5 Tore zu. Nun ist die Fangquote um über drei Prozent gesunken und Varlamov und Grubauer kassieren im Durchschnitt mehr als drei Tore in jeder Partie.
Dennoch muss das Team von General Manager (GM) Joe Sakic die Playoffs noch nicht abschreiben. Der Rückstand auf den zweiten Wild-Card-Platz beträgt nur vier Punkte. 48 weitere Zähler können die Avalanche noch holen. Dennoch wollen sie vor der Trade-Deadline nichts überstürzen.
Der GM ist noch auf der Suche nach einem Stürmer, um das Problem des «Secondary Scoring» zu beheben. Doch die Zukunft der Franchise will er dafür nicht aufs Spiel setzten. «Unsere Erstrundenpicks und unsere jungen Talente geben wir nicht her», macht Sakic klar.
Warum soll er auch. Die Avalanche haben für den kommenden Draft neben ihren eigenen Draftrechten auch noch den Erstrunden-Pick der Ottawa Senators. Die Senators sind momentan das schlechteste Team der Liga. Einen frühen Draft-Pick hat Colorado also schon auf sicher. Wenn sie die Playoffs tatsächlich verpassen, ist das zwar enttäuschend. Doch dann kommt sogar noch ein weiteres Jungtalent dazu. Und die Avalanche wären für die Zukunft bestens aufgestellt.