Während alle Spieler von Borussia Mönchengladbach schon in der Kabine des Borussia-Parks sind, gibt Yann Sommer draussen noch fleissig Autogramme. Ein Fan aus der Schweiz ist extra für die Trainingseinheiten angereist. Die Nummer 1 der Nati nimmt sich selbstverständlich Zeit für ihn.
Sommer ist angekommen in Gladbach, hat Borussias Urgestein Marc-André ter Stegen längst vergessen gemacht und trifft am Sonntag mit den «Fohlen» auf Diego Benaglios «Wölfe». Ein Doppel-Interview mit dem Ex-Basler und seinem neuen Torhüter-Trainer Uwe Kamps.
watson: Yann Sommer, gibt es Parallelen zu Ihrer Situation, als Sie zweiter Mann hinter Diego Benaglio in der Nati waren und jetzt Roman Bürki im Nacken sitzen haben?
Yann Sommer: Es war mit Diego kein Kampf. Er war klar die Nummer 1, ich die Nummer 2. Das war eine feste Hierarchie. Ich habe als Nummer 2 gar nicht versucht, daran zu rütteln. Es war die Rollenverteilung in der Nati. Trotzdem habe ich Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel bei der WM in Brasilien, die enorm wichtig sind – auch wenn ich nicht gespielt habe.
Wie ist die Situation in der Schweizer Nationalmannschaft? Es gibt gute Konkurrenten für Sie – auch aus der Bundesliga.
Yann Sommer: Durch den Rücktritt von Diego wurde ich zur Nummer 1 und bin das bis heute geblieben. Aber es ist schon eine spezielle Situation mit Roman Bürki und Marvin Hitz. Wir sind alle ungefähr im gleichen Alter, alle spielen regelmässig auf hohem Niveau und das verschärft natürlich den Konkurrenzkampf.
Sorgt das für Zündstoff innerhalb der Torhüter?
Yann Sommer: Das Verhältnis ist gut in unserem Team.
Uwe Kamps: Als Benaglio aufgehört hat, war es logisch, dass die Nummer 2 die Nummer 1 wird. Yann hat super Spiele gemacht und er steht bei der Nati völlig zu Recht im Tor. Das passt. Ich denke, dass das von der Hackordnung ganz gut passt in der Nationalmannschaft. Sie hatten einfach einen Top-Jahrgang, aus dem letztlich Yann, Bürki, und Hitz entsprungen sind.
Die Schweizer Nationalmannschaft ist gespickt mit Legionären in den besten Ligen Europas, die häufig auch bei den Top-Klubs spielen. Trotzdem fehlt irgendwie der letzte Schritt für die Nati. Was fehlt?
Uwe Kamps: Ein guter Torwart (lacht).
Yann Sommer: Ha, stimmt (lacht). Die Qualität ist da, viel Qualität. Es ist schwer zu sagen, was es braucht, um den nächsten grossen Step zu machen. Vielleicht fehlt nur noch das gewisse Quäntchen Glück, wie bei der WM gegen Argentinien.
Ist es nur Glück?
Yann Sommer: Vielleicht auch noch die Selbstverständlichkeit, die man haben muss, wenn man etwas ganz Grosses erreichen möchte. So wie hier in Gladbach. Wir gehen beim FC Bayern München aufs Feld und wissen, dass wenn wir einen guten Tag erwischen, es für Bayern, eine der besten Mannschaften der Welt, schwer wird, uns zu schlagen. Dieses Selbstbewusstsein meine ich. Das müssen wir mit der Nati hinbekommen. Aber ich traue der Schweiz in Zukunft viel zu. Wir haben eine sehr gute Mannschaft.
Wo haben Sie sich in dieser Saison am meisten verbessert?
Yann Sommer: Ich habe sehr viele Fortschritte gemacht, aber das ist auch normal, wenn man in ein neues Land, eine neue Liga geht und einen neuen Torwarttrainer bekommt. Uwe hat einen anderen Stil als meine Trainer zuvor und ich nehme mir von jedem Trainer etwas mit in meinen Rucksack, mit dem ich durch meine Karriere gehe. Letztens hat mir mein Vater noch am Telefon gesagt, dass ich mich verbessert habe.
Was könnte er gemeint haben?
Yann Sommer: Ach, letztlich ist es schwierig zu bemessen. Ich denke, ich bin zum Beispiel mit dem Fuss etwas besser geworden, weil wir das noch mehr trainieren.
Uwe Kamps: Er hat in seinem Leben noch nie so viele Bälle mit dem Fuss gespielt, wie hier (lacht). Aber im Ernst: In Basel haben sie nicht so häufig hinten raus gespielt.
Yann Sommer: Die Spieler sind bei der Borussia auch daran gewöhnt, dass der Torwart mitspielt. Die Mitspieler fordern den Ball, auch wenn Sie unter Druck stehen. Genauso wissen sie, dass man mich anspielen kann, wenn es mal eng wird. Dieses Vertrauen ist wichtig für mich.
Was vermissen Sie aus der Schweiz am meisten?
Yann Sommer: Natürlich mein Umfeld mit der Familie und Freunden, das ist normal. Fussballerisch war es aber der richtige Schritt. In Deutschland ist alles eine Nummer grösser als in der Schweiz. Aber ich hatte auch dort eine super Zeit.
Ein kleines Land mit guten Spielern. Wer könnte vom FC Basel für Borussia Mönchengladbach interessant sein? Über Fabian Schär wird schon länger spekuliert.
Sommer: Fabian ist ein sehr guter Innenverteidiger, der vor seinem nächsten Schritt steht. Vielleicht ja schon im Sommer? Ich würde mich natürlich freuen, wenn er zur Borussia käme, aber ich habe keine näheren Informationen darüber (lacht).
Gibt es noch andere Spieler vom FC Basel, die vor ihrem nächsten Schritt stehen?
Yann Sommer: Da gibt es einige. Basel hat eine tolle Mannschaft. Es gibt dort einige interessante Spieler, die sicherlich das Zeug haben, in der Zukunft in einer grossen europäischen Liga zu spielen.
Nehmen wir mal an, es klappt mit dem grossen Wurf. Wie klingt ein CL-Gruppenspiel gegen den FC Basel für Sie?
Yann Sommer: Hätte ich Bock? Natürlich wäre es schön, zurückzukommen. Ich kenne den Klub in- und auswendig und es wäre schön, wieder in diesem Stadion aufzulaufen, klar.
Gehen Sie zum letzten Spiel von Marco Streller?
Sommer: Wir haben noch regelmässig Kontakt. Wenn es möglich ist, werde ich sicherlich vorbei schauen, aber ich weiss gar nicht, an welchem Datum das Spiel genau ist. Wenn ich dann in Basel bin, komme ich sicherlich.