Erste Startreihe, erster Podestplatz in dieser Saison – ist Ihr Selbstvertrauen
wieder ganz hergestellt?
Dominique Aegerter: Nein, noch nicht ganz.
Noch nicht? Was fehlt zum Dominique Aegerter, der letzte Saison auf dem
Sachsenring gewonnen hat, noch?
Im Rennen war ich fast so gut wie bei meinem Sieg
letzte Saison. Aber es fehlt mir noch Konstanz und Sicherheit. Ich hatte im
Abschlusstraining ein sehr gutes Gefühl. Aber beim Warm-Up vor dem Rennen
war dieses Gefühl wieder weg und ich war schon ein wenig unruhig. Zum
Glück kehrte die Sicherheit fürs Rennen wieder zurück.
Wie kommt das?
Ich muss mich einfach wieder daran gewöhnen, ganz
vorne zu fahren.
Sie müssen sich wieder an die Höhenluft gewöhnen?
So kann man es sagen. Als ich in Führung lag, war ich
ganz schön nervös. Ich wusste fast nicht mehr, wie es ist, an der Spitze zu
fahren. Durch die Boxenanzeige wusste ich, dass ich eine ganze
Verfolgergruppe im Nacken habe. In den letzten Runden hatte ich dann Mühe
mit der Kraft und der Konzentration.
Wie ist das möglich? Sie sind einer der besttrainierten Piloten im Fahrerlager.
Das hat nichts mit der Kondition oder der Muskelkraft zu
tun. Die Müdigkeit kommt durch Verkrampfung. Ich hätte besser durchatmen
sollen. Aber ich war wohl immer noch ein bisschen zu aufgeregt und zu
nervös.
Können wir jetzt davon ausgehen, dass Sie wieder ganz vorne fahren? Sie
wirken entspannter als zu Beginn der Saison.
Wir werden sehen. Wenn ich spüre, dass ich Fortschritte
mache, dann werde ich ruhiger und selbstsicherer. Die Steigerung hat schon
mit dem 10. Platz in Le Mans begonnen. Da habe ich gespürt, dass ich besser
werde und das hat sich jetzt hier in Mugello bestätigt. Das hilft mir und ich bin
fürs nächste Rennen zuversichtlich.
Haben Sie den Sturz von Tom Lüthi mitbekommen?
Ja klar, es ist ja gleich vor mir passiert.
Warum ist er gestürzt?
Er war unheimlich schnell und ist in diesem Augenblick
über dem Limit gefahren. Wegen einer kleinen Bodenwelle hat erst das
Hinterrad und dann das Vorderrad die Haftung verloren.
Was haben Sie dabei gedacht?
Nichts.
Wie meinen Sie das?
So wie ich es sage. Nichts. Wenn du nur einen
Augenblick in der Konzentration nachlässt, dann bist du selber dran. Ich habe
gesehen, wie Tom gestürzt ist und habe die Bilder im gleichen Augenblick
ausgeblendet.
Der Start war perfekt. Haben Sie das so mit Tom abgesprochen?
Abgesprochen ist etwas zu viel gesagt. Aber klar, wir haben über das Rennen gesprochen. Unsere Absicht war, schnell wegzukommen und wenn das gelingt, uns gegenseitig im Windschatten zu helfen und das hat funktioniert.
Haben Sie in der Nacht auf den Sonntag gut geschlafen?
Nein. Erst so gegen 1 Uhr. Das ist für mich sehr
spät. Normalerweise schlafe ich um 23 Uhr.
Haben Sie Party gemacht?
Sicher nicht. Ich war einfach aufgeregt.
Was macht ein Rennfahrer, wenn er nicht einschlafen kann? Fährt er dann in
Gedanken immer wieder die Rennstrecke ab?
Das auch. Und er denkt an Frauen.
An was haben Sie gedacht?
An beides. Ich bin die Strecke im Kopf gefahren und
dann habe ich wieder an Frauen gedacht. Ich möchte noch etwas sagen.
Ja, nur zu.
Ich danke meinem Team und meinem ganzen Umfeld für
die Unterstützung in der schwierigen ersten Phase der Saison. Alle sind immer
hinter mir gestanden und es hat keine Missstimmungen gegeben. Ich weiss
das sehr zu schätzen und weiss, dass das nicht selbstverständlich ist.