Eishockeystürmer Phil Kessel ist in der NHL ein «Ironman». So werden Spieler bezeichnet, die seit Jahr und Tag in jeder einzelnen möglichen Partie auflaufen. Die nie verletzt sind, die nie wegen einer Sperre zuschauen müssen, die nie wegen einer Krankheit ausfallen oder wegen einer Formschwäche aus dem Kader gestrichen werden.
Der 34-jährige Kessel bringt es auf 956 NHL-Spielen in Folge, in denen er auf dem Eis stand. Seit dem Jahr 2009 hat der Amerikaner kein Spiel mehr verpasst. Seit 4510 Tagen.
Das ist beinahe Rekord. Verteidiger Keith Yandle knackte die alte Bestmarke im Januar, sein «ironman streak» dauert aktuell 977 Spiele an. Kessel jagt Rang 2 in dieser Liste, den zur Zeit der 1988 zurückgetretene Doug Jarvis mit 964 Spielen innehat.
Natürlich wird es öfter mal knapp und es steht auf der Kippe, ob eine solche Serie reisst oder doch weitergeht. Eishockey ist schliesslich ein Sport, bei dem man oft einstecken muss und stets Gefahr läuft, eine Blessur zu erleiden, die einen zumindest für einen Abend zum Zuschauen zwingt.
Bei Phil Kessel wurde es am Dienstag eng – aber aus einem erfreulichen Grund. Seine Partnerin Sandra Pereira ist in Erwartung.
Und so kam es, dass Phil Kessel in der Zwickmühle steckte: Die Ironman-Serie fortführen oder doch bei der Geburt dabei sein? Und wenn sogar beides ginge?
Die Arizona Coyotes kamen einem ihrer Top-Verdiener – Kessel verdient in dieser Saison 6.8 Millionen Dollar – zu Hilfe. Weil sie sowieso schon Letzte und das Erreichen der Stanley-Cup-Playoffs eine Illusion sind, nahmen sie Kessel zwar mit ans Auswärtsspiel bei den Detroit Red Wings. Aber schon nach dem ersten Einsatz verliess der Routinier das Eis, klatschte mit den Kollegen ab – und rauschte zum Flughafen.
phil kessel took one shift, got a shot on goal, and promptly left the ice with fist bumps from teammates so he could return to arizona for the birth of his child. the coyotes set up a private charter so he could do so.
— zach laing (@zjlaing) March 9, 2022
his ironman streak lives on. pic.twitter.com/2Xy95CxRVv
Dort wartete eine von Teambesitzer Alex Meruelo organisierte Charter-Maschine auf Kessel, um ihn nach Phoenix zu bringen. Während seine Coyotes einen überragenden 9:2-Sieg in Detroit feierten, befand sich Kessel in der Luft und unterwegs in den Spital.
Es benötigte allerdings die Überredungskünste von Head Coach André Tourigny dazu, dass Kessel schliesslich bei der Geburt dabei war. Der Stürmer wollte die gesamte Partie absolvieren, um die Teamkollegen nicht im Stich zu lassen. Tourigny habe Kessel dann von der Einzigartigkeit der Geburt des ersten Kinds überzeugt. «Das ist wesentlich wichtiger als jedes Eishockey-Spiel», sagte der Trainer.
In der Nacht auf Mittwoch hat Phil Kessels Partnerin den Nachwuchs auf die Welt gebracht, auf ihren Instagram-Profilen und seitens des Klubs gibt es noch keine Informationen zu Geschlecht und Name. Dafür steht fest, dass der Stürmer bald wieder im Flieger sitzt: In der Nacht auf Freitag (Schweizer Zeit) soll er mit den Coyotes bei den Toronto Maple Leafs spielen – und dabei seine Ironman-Serie weiter ausbauen.