Nun kommt doch noch Druck auf die Politik – aus dem Eishockeybereich. Fans, Spieler, Klubs und sportinteressierte Politiker haben sich hinter den Kulissen zusammengerauft. Sozusagen in letzter Sekunde versuchen sie, den Bundesrat mit einer Petition davon zu überzeugen, die 1000er-Grenze für Sportanlässe aufzuheben.
Die Regierung berät am 12. August – der ersten Sitzung nach der Sommerpause – über das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als tausend Zuschauern.
Der Bundesrat werde darüber entscheiden, «ob unsere Vereine finanziell überleben können, ob es überhaupt eine nächste Saison geben wird», heisst es in der Petition, die auf der Kampagnen-Plattform change.org aufgeschaltet ist. Eishockeyfans haben sie iniziiert. «Er wird über das Überleben ganzer Branchen entscheiden.»
Mit der «1000er Regel» könnten Sporteventveranstalter, Profiligen und Klubs keinen finanziell nachhaltigen Betrieb gewährleisten, schreiben die Petitionäre – und fordern: «Es ist an der Zeit, diese zu überdenken!»
Der Bundesrat könne die 1000er-Regel mit gutem Gewissen aufheben, heisst es in der Petition. «Denn er hat mit seinen allgemeinen Verhaltensgrundsätzen wie ‹Einhalten von Hygienestandards›, ‹Maske tragen›, ‹Abstand halten› und ‹Rückverfolgbarkeit› die Basis für Schutzkonzepte gelegt, die ohne pauschale Obergrenzen funktionieren können.»
Diesen Verhaltensgrundsätzen vertraue die Regierung bereits heute, etwa im öffentlichen Verkehr, in der Gastronomie, bei Demonstrationen oder auch bei seinen eigenen Sitzungen. «Die Ligen und Klubs verfügen zudem bereits jetzt über ihre eigenen Schutzkonzepte und haben diese den Behörden zukommen lassen.»
Die Petition kommt gut an bei Spielern, Klubs und auch bei sportaffinen Politikern. «Ich kann jedes Wort darin unterstützen und nachvollziehen», sagt Patrick Lengwiler, CEO des EV Zug. «Ich werde die Petition sofort unterschreiben, keine Frage.»
Ähnlich reagiert auch Philippe Furrer, Eishockeyprofi beim HC Fribourg-Gottéron. «Ich finde die Petition sehr gut und unterstütze sie», sagt er – und betont, dass er sie auch in der Eishockey-Spielerunion zum Thema mache, der Gewerkschaft der Spieler.
Die Petition sei wichtig, sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. «Es braucht einen Paradigmawechsel. Das gilt für Sport, Kultur und Eventbranche», sagt er. «Wir müssen lernen, mit dem Virus und dieser Situation umzugehen.»
Das Veranstaltungsverbot muss unter Einhaltung von Schutzkonzepten fallen. Wir wollen wieder mehr als 1000 Zuschauer im Hockey- & Fussball-Stadion, im Konzert und an Anlässen.
— Christian Wasserfallen (@cwasi) August 6, 2020
Bitte jetzt Petition unterschreiben! https://t.co/mLaKs1gHEP#SaveSwissSports pic.twitter.com/GDTJn0ImOb
Es könne nicht sein, dass keine grossen Veranstaltungen mehr durchgeführt würden, bis die Fallzahlen unter 100 pro Tag fallen und ein Grossteil der Leute geimpft sei. «Wir müssen aufhören mit willkürlichen Limiten», sagt Wasserfallen. «1000 Zuschauer auf einem Quartier-Fussballplatz sind nicht dasselbe wie 1000 Zuschauer im Stadion Wankdorf.» Sei es zur Hälfte gefüllt, sitze man noch immer sehr locker. Aber natürlich brauche es dafür entsprechende Schutzkonzepte.
Das Einhalten der Schutzmassnahmen und der Download der App ist wichtig und hilft bei der Eindämmung des Virus. Und trägt hoffentlich dazu bei, dass wir bald wieder Sport in den Stadien erleben dürfen! #saveswisssports https://t.co/tY1gv5YNkx
— #SaveSwissSports (@saveswisssports) August 6, 2020
Auch SVP-Nationalrat Lukas Reimann unterstützt die Petition der Eishockeyfans. Er hat auf Facebook sogar eine Videobotschaft an den Bundesrat aufgenommen. «Ihr habt ein Gesuch auf dem Tisch, dass man nur noch Veranstaltungen bis 100 Leute zulassen darf», sagt er darin. «Doch wir müssen jetzt in die Zukunft schauen und deshalb möchte ich euch bitten, nicht auf die 100-Personen-Regelung zurückzukommen.» Das würde Hunderte von Klubs in den Konkurs reiten.
In die Offensive gingen auch Vertreter des Eishockey- und Fussballverbands. Sie hatten gestern Nachmittag einen Termin beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Äussern wollten sie sich aber nicht über das Treffen.
Im Übrigen hat Frankreich nun die Obergrenze bei 5000 Personen festgelegt. Ab September wird sogar die Auflösung der Obergrenze geplant.