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Servette Genf feiert den ersten Meistertitel – unsere Reportage vom Eis

Geneva's players celebrate as Swiss Champion after winning by 4:1 the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final playoff game between Geneve-Servette HC and  ...
Servettes Spieler fallen sich um den Hals.Bild: keystone

«Einen Titel zu feiern ist umso schöner, wenn man vorher versagt hat»

Die Eishockeyspieler von Servette sind nach dem siebten Playoff-Finalspiel im siebten Himmel. Erstmals in der Geschichte bescheren sie dem Genfer Klub den Meistertitel. Unsere Reportage aus dem Herzen der Feierlichkeiten.
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28.04.2023, 07:2128.04.2023, 16:18
Yoann Graber
Yoann Graber
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Als die Schlusssirene ertönte, stieg auf den Tribünen der Les-Vernets-Halle Zigarrengeruch auf. Vermutlich war es ein Zuschauer, der sich, von den Emotionen des ersten Servette-Titels und dem Wahnsinn in der Arena überwältigt, einige Freiheiten erlaubte.

Eine gute halbe Stunde später folgten ihm die Eishockeyspieler der Grenats, die noch auf dem Eis waren und somit die Tradition respektierten. Denn ja: Der Geruch von Zigarren ist vor allem der Geruch des Sieges. Und Servettes «Adler» feierten diesen in ihrer Stadt so sehnlichst erwarteten Titel gebührend.

Keine Tränen, aber zittrige Stimmen

Frauen, Kinder, Freunde – alle kamen in die Arena, um diesen emotionalen Moment mit ihren Helden zu teilen. Die Fans, die brav auf ihren Plätzen blieben, brachen ihre Stimmbänder und erhitzten ihre Handflächen, um mit all diesen Menschen auf dem Eis zu kommunizieren.

Geneve-Servette's Teemu Hartikainen celebrates his goal to 4:1, during the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final playoff game between Geneve-Servette HC ...
Hartikainen feiert mit den Fans sein Tor zum 4:1.Bild: keystone

Keine Tränen in den Augen der «Grenats», vielleicht wegen des Szenarios eines Spiels, das neun Minuten vor Schluss bereits entschieden war. Aber eine zittrige Stimme bei einigen. Die von Marco Maurer zum Beispiel, dem Koloss in der Verteidigung von Servette: «Dieser Titel ist riesig! Es ist die Belohnung für all die Anstrengungen eines ganzen Jahres. Jeder gibt jeden Tag 200 Prozent im Training und arbeitet für die anderen.»

Die Nummer 47 der Genfer, mit seinem messerscharfen deutschsprachigen Akzent, hat trotz der Emotionen seinen Humor nicht verloren. «Den ersten Titel mit den Welschen zu gewinnen, ist noch besser», grinste der Zuger.

Geneve-Servette's defender Marco Maurer falls with the trophy of Swiss Champion after winning by 4:1 the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final playoff g ...
Maurer kuschelt mit dem Meisterpokal.Bild: keystone

«Es ist so schwer, eine Meisterschaft zu gewinnen, egal wo»

Ein paar Meter weiter hört man einen anderen Akzent, wenn ein paar Worte auf Französisch gemurmelt werden. Es ist der finnische von Sami Vatanen, dem Matchwinner mit seinen zwei Toren. «Ich versuche mein Bestes, aber die Gespräche dauern nicht lange. Vielleicht wird es im nächsten Jahr besser», lacht er. Selbst sein skandinavisches Phlegma kann seinen Stolz und seine Freude nicht verbergen.

Mittendrin – hier kannst du in die Feier auf dem Eis eintauchen:

Video: watson

«Wir fühlen uns so gut nach diesem Titel! Es ist so schwer, eine Meisterschaft zu gewinnen, egal in welcher Liga», betont Vatanen. «Es hat sehr lange gedauert, bis Genf endlich einen Titel gewonnen hat, also werden wir ihn mit unseren Fans feiern. Ich denke, er ist für jeden in diesem Verein verdient.»

Geneve-Servette's defender Sami Vatanen, celebrates his goal after scoring the 1:0, during, during the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final playoff gam ...
Vatanen jubelt nach seinem glorreichen 1:0.Bild: keystone

Sein Landsmann Valtteri Filppula hat am Donnerstagabend bei weitem nicht seine erste Trophäe in die Höhe gestemmt. Er gehört dem Triple Gold Club an, ist Olympiasieger, Weltmeister und Stanley-Cup-Gewinner (2008 mit Detroit). Das ist eine Menge! Aber Filppula ist nicht arrogant. «Egal welchen Titel du gewinnst, es ist jedes Mal etwas Besonderes», sagt der 39-jährige finnische Veteran.

Vielleicht hat er in diesen Tagen mehr Knieprobleme als seine jüngeren Teamkollegen. «Es war eine lange Saison mit vielen Spielen. Es ist gut, dass es vorbei ist (lacht). Ich bin müde, aber sehr glücklich.»

Geneve-Servette's forward Valtteri Filppula celebrates with the trophy of Swiss Champion after winning by 4:1 the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final  ...
Viel mehr als er kann man nicht gewinnen: Valtteri Filppula.Bild: keystone

«Das beste Bier meines Lebens!»

Ein paar Meter weiter nippt Daniel Winnik, der Schütze des 3:0, an seinem Cardinal. Wie schmeckt es? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: «Das ist das beste Bier meines Lebens!» Der Kanadier geniesst sogar den Schaum, der keine Gelegenheit hat, an seinem dicken Schnurrbart hängen zu bleiben. «Ich werde ihn in ein paar Tagen abrasieren. Es ist hundertprozentig sicher, dass ich ihn bei der Wiederaufnahme der Meisterschaft nicht mehr haben werde», lacht er.

Winnik gibt zu, dass er ihn für die Playoffs aus Aberglauben wachsen liess. Und das ist ihm auch ganz gut gelungen. Aber wenn man ihm zuhört, hätte er vor diesem Spiel sogar sein Rasiermesser benutzen können, so sehr war er vom Sieg seines Teams überzeugt: «Man konnte die ganze Energie in der Eishalle spüren. Die ganze Stadt war bereit. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass wir den Meistertitel gewinnen würden.»

Geneve-Servette's forward Daniel Winnik, arrives to celebrate the victory with these supporters on the esplanade in front of the ice rink, during the seventh and final leg of the ice hockey Natio ...
Auf dem Weg zur Feier mit den Fans: Daniel Winnik.Bild: keystone

Daniel Winnik hat einen besonderen Grund, diesen Titel zu geniessen. «Vor zwei Jahren habe ich geweint, als wir den Final verloren haben», gesteht er. «Es war ein schreckliches Gefühl. Ich denke, dass viele Jungs diese Lektion gelernt haben, dass es weh tut, zu verlieren. Also ja, heute Abend, mit diesem Titel, ist der Moment, in dem ich die meisten Emotionen in meinem Leben empfinde!»

Das perfekte Adieu

Auf diese Frage antwortet Henrik Tömmernes etwas differenzierter. «Es ist schwer zu sagen, ob es der schönste Tag in meinem Leben ist, weil ich auch die Geburt meiner beiden Töchter erlebt habe», erklärt der Schwede. «Ich würde sagen, dass es ein anderes Gefühl ist, aber natürlich ist es einer der besten Tage, die ich in meinem Leben hatte. Meine Frau und meine beiden Töchter bei diesem Spiel auf der Tribüne zu haben, war etwas Besonderes.»

Hat Tömmernes in diesem historischen Moment nicht Lust, doch in Genf zu bleiben? Für nächste Saison hat er in der Heimat bei Frölunda unterschrieben. «Nein, denn mit diesem Titel zu gehen, ist der beste Abschied, den man sich vorstellen kann. Das wird für immer eine bleibende Erinnerung hinterlassen. Genf, wo wir sechs Jahre verbracht haben, wird für meine Familie und mich immer ein besonderer Ort bleiben. Ich werde zurückkehren, um viele meiner Freunde wiederzusehen und vielleicht auch einmal ein Spiel in der neuen Eishalle.»

Geneve-Servette's defender Henrik Toemmernes celebrates with the trophy of Swiss Champion after winning by 4:1 the seventh and final leg of the ice hockey National League Swiss Championship final ...
Der womöglich beste Spieler der Liga: Henrik Tömmernes.Bild: keystone

Marc-Antoine Pouliot hingegen wird auch nächste Saison noch ein «Grenat» sein. Wie seine Teamkollegen geniesst auch er sein wohlverdientes Bier. «Ich habe schon lange darauf gewartet», sagt er mit einem Lächeln. «Es war ein sehr enger Kampf. Wir haben heute Abend sehr gut gespielt und das ist das Tüpfelchen auf dem i. Solche unvergesslichen Momente erlebt man nicht oft.»

Eine Frage bleibt: Wird der Wahl-Genfer es wagen, in den nächsten Tagen nach Biel zurückzukehren, in die Stadt seiner Frau und seiner Schwiegerfamilie? Pouliot antwortet lachend: «Ehrlich gesagt habe ich nicht daran gedacht! Ich werde mir die Zeit nehmen, in Genf mit allen zu feiern, und dann sehen wir weiter.»

Die Feierlichkeiten wurden ausserhalb des Stadions fortgesetzt:

Video: watson

Ein Vierteljahrhundert des Wartens

Ja, die Feierlichkeiten in der Calvin-Stadt könnten lang werden. Die Romandie wartete seit dem Titelgewinn des EHC Biel im Jahr 1983 auf einen Titel. Es ist auch der erste Titel für einen Verein von dieser Seite der Saane in einer der beiden Königssportarten des Landes (Fussball und Hockey) seit 1999, 24 Jahre nach der Krönung des FC Servette.

Da werden die Nachbarn den Lärm der Feierlichkeiten, die auf der Esplanade vor der Eisbahn bis in die Nacht hinein dauerten, wahrscheinlich leicht verziehen haben.

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quelle: keystone / urs flueeler
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