Nicht nur im Schweizer Eishockey, auch in der NHL stellt sich das Coronavirus als grosses Problem heraus. Rund 100 Spieler wurden bereits auf die Covid-19-Liste gesetzt, jüngst auch Nico Hischier. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie sich mit dem Virus infiziert haben, es kann auch sein, dass sie Kontakt hatten mit einer positiv getesteten Person oder aus anderen Gründen in Quarantäne mussten.
Aktuell ist bei vier Teams der Spielbetrieb eingestellt: den New Jersey Devils, den Buffalo Sabres, den Minnesota Wild und den Colorado Avalanche. Früher in der Saison hat es bereits die Dallas Stars, die Vegas Golden Knights und die Carolina Hurricanes erwischt. Es fällt auf, dass es bei den kanadischen Teams bislang kaum Covid-bedingte Ausfälle gegeben hat. Dabei profitieren die Mannschaften aus Kanada von der besseren Lage in ihrem Land und davon, dass sie aufgrund der neuen Divisions nicht in die USA reisen müssen.
Denn in den anderen drei Divisions gibt es Probleme. So hat beispielsweise New Jersey gegen Buffalo gespielt, während einer oder mehrere der Devils-Spieler bereits ansteckend waren. Das Resultat: Mittlerweile sind nicht nur über 20 Spieler von New Jersey auf der Liste, sondern auch Spieler und Headcoach Ralph Krueger bei Buffalo sowie die zwei Linienrichter dieser Partien.
Es ist nicht das erste Mal, dass Übertragungen auf dem Eis stattgefunden haben. Bei einem Amateur-Spiel in Tampa, Florida ist ein Fall bekannt, wo ein infizierter Spieler in einem Spiel 13 weitere Personen angesteckt hat. Dennoch betonten sowohl die NHL als auch die Spielergewerkschaft noch vor kurzem, dass es keine Beweise für Übertragungen des Virus auf dem Eis gebe.
Doch woran liegt es, dass das Eishockey offensichtlich grössere Probleme hat als andere Sportarten, wie etwa Fussball oder Handball? Einer der Gründe ist die schlechte Luftqualität, wie das kanadische öffentlich-rechtliche Fernsehen CBC berichtet. Dem Bericht nach sei längst bekannt, dass sich verschmutzte Luft in Eishallen lange halten kann.
In älteren Studien ging es dabei vor allem um Zambonis, die Maschinen für die Eisreinigung. Dabei wurde bewiesen, dass deren Abgase in der kalten Luft einer Eishalle kaum aufsteigen können, weshalb sie lange in der Luftschicht direkt über dem Eis bestehen bleiben. Auch eine Belüftungsanlage in der Halle kann das Problem nicht lösen.
Dasselbe Prinzip gelte nun auch für Luft, die mit Covid-19-Aerosolen verschmutzt sei, sagt Jeffrey Siegel, Professor für Ingenieurswesen und Luftqualität an der Universität von Toronto gegenüber CBC. «Die Konzentration von Aerosolen ist dabei deutlich höher als in anderen Situationen, weil sich die Spieler physisch so verausgaben», erklärt Siegel.
Auch andere Studien bestätigen das. Eine Untersuchung der Luftqualität in Eishallen der Purdue University in Indiana habe gezeigt, dass die Spieler mit ihren Bewegungen über das Eis die infektiösen Partikel auch an andere Stellen des Felds tragen können.
Dazu kommen auch direktere Übertragungsarten, von denen auch Huldrych Günthard, Infektiologe am Universitätsspital Zürich in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» warnte: «Die Spieler sind extrem nahe zusammen, duellieren sich an der Bande, es bilden sich Klumpen vor dem Tor. Die Kontakte sind intensiver als etwa im Fussball. Ja, aus meiner Sicht sind Infektionen auf dem Eis durchaus möglich.» Auch auf der Bank herrscht Gefahr, wo die nach einem Einsatz schwer atmenden Spieler extrem nahe zusammensitzen.
Die perfekte Lösung haben sowohl NHL als auch das Schweizer Eishockey noch nicht gefunden. Huldrych Günthard schlägt häufiges Testen vor, damit das Risiko minimiert werden kann, dass infektiöse Spieler tatsächlich auch noch spielen.
In der Schweiz haben die ZSC Lions eine Massnahme ergriffen, um das Risiko einer Infektion auf der Spielerbank zu minimieren. Plexiglas-Abtrennungen sorgen dafür, dass die Spieler zwar noch miteinander sprechen, aber sich nicht mehr direkt ins Gesicht atmen können.
Auch die NHL hat nach den Problemen insbesondere bei den Partien zwischen den New Jersey und Buffalo reagiert. In allen Stadien wurden die Plexiglas-Abtrennung hinter den Spieler- und Strafbänken entfernt, was für eine bessere Luftzirkulation und somit ein geringeres Infektionsrisiko sorgen soll. Zudem prüft die Liga den Einsatz von Luftreinigern in der Nähe der Spielerbank.
Neben den PCR-Tests, die die Spieler jeden Morgen auf sich nehmen müssen, könnten bald auch noch zusätzliche Schnelltests vor jedem Spiel dazu kommen. Die NHL will zudem positive Testresultate künftig sequenzieren lassen, um herauszufinden, ob es sich dabei um mutierte Corona-Stämme handelt und um besser nachvollziehen zu können, wie sich das Virus verbreitet hat – über die Familien, in Spielen oder in der Garderobe.
Ein Vollvisier – das sogenannte «Goldfischglas» – schützt zwar vor Tröpfchen, ist aber gegen Aerosole auch kein sicherer Schutz. Solange nicht komplett verhindert werden kann, dass infektiöse Spieler auf dem Eis stehen, wird das Eishockey in dieser Hinsicht immer Nachteile gegenüber anderen Sportarten haben.
Scheint die Sonne draussen auf das Fussballfeld erwärmt sich die Luft und sie steigt auf. Das gibt eine natürliche Umwälzung.
Wie sieht es im US Basketball aus? Die spielen oft im gleichen Stadion wie die NHL Teams. Das Parkett wird einfach über das Eis gelegt. Und die Spieler sind auch nah beieinander.