Der watson-Eismeister Klaus Zaugg blickt auf die neue National-League-Saison voraus, die am 14. September beginnt. In umgekehrter Reihenfolge seiner Prognose nimmt er alle Klubs der Liga unter die Lupe. Heute der erste von 14 Teilen – die SCL Tigers.
Ein neues System kann bereits vor dem Saisonstart in wenigen Wochen eingeübt werden. Aber wie lange dauert es, bis eine neue Leistungskultur aufgebaut und schlechte sportliche Gewohnheiten überwunden sind? Das ist die alles entscheidende Frage in Langnau. Der Verwaltungsrat hat erkannt, dass es einen sportlichen Neuanfang braucht. Dass dafür neue Leute in der Sportabteilung notwendig sind.
Nun soll nach dem Vorbild Ambri ein neuer Sportchef in enger Zusammenarbeit mit einem neuen Trainer diesen Neuanfang orchestrieren. Das bedeutet in erster Linie: Die schlechten Gewohnheiten, diese Dämonen der jüngsten Vergangenheit vertreiben. Pascal Müller und Thierry Paterlini, wie Paolo Duca und Luca Cereda? Das ist Langnaus Wunschtraum.
Das Umfeld ist nicht das Problem: Die Fans sind treu und geduldig wie in Ambri, die wichtigsten Geldausgeber im Verwaltungsrat auch und der Gotthelf-Sympathiebonus lässt sich gut vermarkten: «Mir gö nomau fürs Ämmitau.» Die Probleme sind sportlicher Natur: Keine Kadertiefe (anders als Ambri kein Farmteam), eine viel zu grosse Abhängigkeit von den Ausländern, ein Goalieproblem, das vom Sportchef und vom Trainer grob unterschätzt wird und der Zerfall der Leistungskultur durch den Wegfall des Abstiegs in den letzten zwei Jahren.
Die meisten dieser Probleme können kurzfristig nicht gelöst werden. Aber sie müssen gelöst werden, um den Abstieg zu vermeiden. Deshalb die bange Frage: Läuft Langnaus neuem Trainer Thierry Paterlini die Zeit davon?
Seine Kompetenz und seine natürliche Autorität stehen nicht zur Debatte. Aber kann er eine Aufgabe bewältigen, an der sein Vorgänger Jason O'Leary zerbrochen ist? Sein grösstes Problem ist ausgerechnet die wichtigste Position: Noch nie in ihrer Geschichte waren die Langnauer auf der Torhüterposition so schwach besetzt. Luca Boltshauser hat zweifelsfrei das Talent zur Nummer 1. Aber bis auf die Abstiegssaison mit Kloten hat er noch nie eine ganze Saison lang die Belastung einer Nummer 1 geschultert.
Das wäre kein Problem, wenn er die Arbeit mit einem gleichwertigen Goalie teilen könnte wie zuletzt in Lausanne mit Tobias Stephan. Aber Langnaus Nummer 2 – Stéphane Charlin – ist erst 21 und hat noch nicht einmal 10 Partien in der höchsten Liga bestritten. Die Langnauer haben letzte Saison im Schnitt 34,18 Schüsse aufs Tor zugelassen. Nur auf Ajoies Kasten waren es noch mehr. In der neuen Saison wird es ähnlich sein. Dieses «Bombardement» kann ein Goalie allein auf Dauer nicht parieren.
Dass sich das Team mit der zweitschwächsten Abwehr der letzten Saison nun auf das schwächste Goalie-Duo der Liga verlässt, ist ein sportliches Wagnis. Die Frage ist berechtigt: Wann kommt ein ausländischer Torhüter? Sorgen hinten, aber auch Sorgen vorne: Mit Harri Pesonen, Marc Michaelis, Alexandre Grenier und Aleksi Saarela hat Langnau zwar vier exzellente ausländische Stürmer.
Die Ausrede, man habe halt nicht die Mittel, um ausländische Stürmer wie Lugano, die ZSC Lions oder der SCB zu verpflichten, gilt nicht. Aber die galt schon letzte Saison nicht. Die meiste Zeit gehörten drei der vier ausländischen Stürmer der Langnauer zu den Top Ten der Liga. Und trotzdem war die Offensive die zweitschwächste der Liga.
Das Problem in der neuen ist das gleiche wie in der alten Saison: die fehlende Qualität der Schweizer Stürmer. Nicht ein einziger erzielte wenigstens 10 Treffer. Flavio Schmutz war mit 9 Toren der Beste. An dieser Ausgangslage hat sich nichts verändert. Die Emmentaler haben erneut zwei Linien, die dank der Ausländer die gegnerischen Verteidigungen rocken werden. Ob es eine offensive Verbesserung gibt, hängt davon ab, was die Hinterbänkler im dritten und vierten Sturm zu leisten vermögen. Es sind weitgehend die gleichen wie letzte Saison.
Hätte im Herbst 2021 jemand den Langnauern offeriert, die Saison gleich hinter dem SCB zu beenden, sie hätten blindlings unterschrieben. Und tatsächlich standen sie in der Schlussabrechnung direkt hinter dem Kantonsrivalen. Aber halt nur auf dem 12. und zweitletzten Rang mit 30 Punkten Rückstand auf Platz 11. Diese 30 Punkte auf den Rest des Feldes können in der neuen Saison nicht aufgeholt werden. Vielmehr besteht die Gefahr, auf den letzten Platz abzurutschen. Ein neuer Trainer und ein neuer Sportchef und drei neue, hochklassige Ausländer sorgen für Aufbruchstimmung. Aber alles Rennen und Kämpfen ist vergeblich, wenn die Torhüter nicht dichthalten. Als einziges Team der Liga hat Langnau nur einen ligafähigen Goalie unter Vertrag. Bleibt das so, droht der Abstieg.
Dem muss ich leider widersprechen.
Oder ist die Nr.2 der Lakers, Robin Meyer, in deinen Augen ein ligafähiger Goali?
Er ist jetzt 22 und hat glaube ich erst 2 NL-Spiele für den EVZ gespielt...