Zürich hat den aufregendsten Neubau der Stadtgeschichte mit einer Eröffnungszeremonie vor der Premiere gegen Gottéron in «zwinglianischer» Manier eingeweiht: Nicht zu laut. Nicht zu pompös. Sondern mit jener protestantischen Bescheidenheit, die ja sonst den Zürcherinnen und Zürchern in der Neuzeit hin und wieder ein wenig zu fehlen scheint. Ja, wer es pathetisch mag, kann sagen: Es war fast ein wenig eine ZSC-Hockeyandacht, die da dem später folgenden, wilderen Spektakel auf dem Eis vorangegangen ist.
Punkt 18.55 Uhr beginnt die Zeremonie. Die Arena ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Die 12'000 Tickets waren nach zwei Stunden verkauft. Unten auf der Spielerbank wird von einem Liveorchester der Sächsilüüte-Marsch intoniert. Sozusagen Zürichs triviale Antwort auf den Berner Marsch. Es gibt dazu nicht einmal eine Textunterlegung. Es ist leichte Karnevalsmusik, zu der höchstens gesungen wird: Schon wieder eine Seele vom Alkohol gerettetet. Schon wieder eine Seele vom Alkohol befreit.
Es gelingt den tapferen Musikantinnen und Musikanten nicht ganz, mit ihren rassigen Klängen den riesigen Bau zu füllen. Zeitsprung: Kurz vor 20 Uhr ertönt die Marschmusik erneut. Nicht mehr live gespielt. Sondern über die Soundanlage, aufbereitet von allem Schnickschnack der modernen Tontechnik. Nach 8 Minuten und 23 Minuten Spielzeit. Denis Hollenstein – ein Zürcher aus Kloten – trifft gegen Gottéron zum 1:0. Das erste Tor im neuen Tempel.
Nun füllen die Klänge des Sächsilüüte-Marsches den riesigen Raum, hoch wie eine Kathedrale. 33 Meter sind es bis zum Dach hinauf. Es ist die Melodie, die im neuen Tempel bei allen ZSC-Treffern eingespielt wird. Kraftvoll. Intensiv. Sie wird noch ein zweites Mal erklingen. Die ZSC Lions gewinnen ihre Heimpremiere 2:1. Sie tun sich schwer. Es ist kein Spektakelsieg. Aber das ist an diesem festlichen Abend Nebensache. Die «Verpackung» ist wichtiger als der Inhalt. Die raue sportliche Wirklichkeit beginnt erst ab der nächsten Partie.
Aber kehren wir zurück zur Eröffnungsfeier: Das lokale TV-Sternchen Patricia Boser führt durch die Zeremonie: Zürich ist hier unter sich. Auswärtige nationale Grössen wie Sascha Ruefer oder Rainer Maria Salzgeber, die ja gegen Geld auch so ziemlich alles moderieren, was sich moderieren lässt, hätten da bloss gestört.
Drei Unternehmer haben den Bau und die Finanzierung des Stadions ermöglicht: Die erfolgreichen Unternehmer Walter Frey, Peter Spuhler und Rolf Dörig. Sie treten in den Mittelkreis. Sichtlich berührt vom grossen, vom historischen Augenblick. Sie wenden sich in ruhiger, bescheidener Art mit ein paar Worten ans Publikum und ernten respektvollen Applaus. Die Zürcherinnen und Zürcher mögen politisch eher dem linken Lager zuneigen (so geht jedenfalls die Legende). Aber sie wissen, wem sie das Stadion zu verdanken haben. Und da ist noch etwas: Zum ersten Mal feiert ein Klub seine Geschichte, seine Kultur so, wie es sein sollte. So, wie es in unserem Hockey noch nie der Fall war. So wie es in Nordamerika der Brauch ist. Darum ist in Kanada Hockey so gross und so wichtig.
Die Banner für jeden einzelnen der neun Titel (1936, 1949, 1961, 2000, 2001, 2008, 2012, 2014 und 2018) werden hochgezogen. Von noch lebenden Helden dieser ruhmreichen Teams wird das Banner hereingetragen. Es wird eine Parade der grossen Namen auf dem Eis und an der Bande.
Der erste dieser Helden im Mittelkreis ist Heinz Hinterkircher. 99 Jahre alt. Er gehört zum Meisterteam von 1949, dem zweiten der ZSC-Geschichte. Weitere folgen. Unter anderem Thibaut Monnet, Roman Wick, Marc Crawford, Hans Kossmann, Sean Simpson, Edgar Salis, Claudio Micheli, Michel Zeiter und – eine Überraschung – Lukas Grauwiler. Er ist mit einem einzigen Tor berühmt, zur Legende geworden: Mit dem 2:1, das den ZSC Lions am 1. Oktober 2008 nach dem Gewinn der Champions League auch noch den Sieg über Chicago und den Victoria Cup beschert. Zugleich ist es der erste Sieg eines Schweizer Teams gegen eine NHL-Mannschaft.
Theoretisch sind die ZSC Lions an diesem Tag das beste Team der Welt. Ja, so ist es: Die ZSC Lions waren schon mehrere Male die Besten der Schweiz und je einmal die Besten Europas und der Welt.
Und dann werden zwei Banner für Legenden hochgezogen: Für Torhüter Ari Sulander – die Nummer 31 – und Verteidiger Mathias Seger – die Nummer 15. Es sind grosse, schöne Banner, verziert mit einem Portrait. Grössere und schönere hängen in keiner anderen Arena in unserem Land. Es ist im neuen ZSC-Tempel alles so, wie es sein soll: Bevor die Zukunft beginnt, wird die Vergangenheit zelebriert. Um eine Hockeykultur zu verstehen, müssen wir wissen, woher sie kommt.
Und wie ist die Stimmung im Zürcher Hockey-Tempel? Ist es ein Hexenkessel? Nein. Die neue Arena ist nicht nur wegen der baulichen Dimensionen ein NHL-Stadion. Auch die Atmosphäre mahnt an eines der grossen nordamerikanischen Hockey-Stadien. Die Klänge der Soundanlage füllen das Gebäude. Aber die Stehrampe (1500 Plätze) ist zu klein, um für die Intensität zu sorgen, die für kleinere Arenen wie etwa Ambri, Zug, Langnau oder Gottéron so typisch ist. Lauter, unruhiger, aufregender als im Hallenstadion ist es hingegen schon.
Wir können es auch so sagen: Die neue Arena ist, wenn ausverkauft, mit ziemlicher Sicherheit das lauteste Stadion der Liga. Aber es ist mehr vom Spielgeschehen unabhängiger Lärm als orchestrierte Stimmung und deshalb kein «Hexenkessel». Und da ist mehr als «nur» die Akustik: Die Arena ist, wenn voll besetzt, optisch wahrlich imposant: In Bern haben wir gegenüber der Spielerbank die grösste Stehrampe.
Im ZSC-Tempel blicken die Spieler auf die grösste Sitzplatzrampe der Liga. Sie wirkt auf eine ganz besondere Art und Weise mindestens so imposant wie «die Wand» in Bern. Und damit zeichnet sich ab: Hockeyspiele haben in dieser neuen ZSC-Arena ganz unabhängig vom Resultat und von der Verfassung der ZSC Lions einen hohen Erlebniswert. Das ist echtes Hockey-Business im nordamerikanischen Sinn.
Von nun an haben wir ein bisschen NHL in Zürich.
Doch zur Atmosphäre, zuerst müssten sie aelber eine schöne Stimmung bringen.
Mit 3x "ZSC" rufen und den Gegner auspfeifen ist es nicht weit gebracht.
Man sehe es geht auch besser: Ambri, Fribourg, Davos, als Beispiele.
Also Z-Fans werdet Kreativ
Hoffentlich fällt die Sound- und Stimmungsbeschallung nicht dem Strohmsparen zum Opfer, sonst ist dann "stille Nacht"