Kann Gottéron Meister werden? Auf diese Frage musste die Partie gegen den SC Bern zum ersten Mal in dieser Saison eine Antwort geben. Die Berner sind nun mal kein Team für die zweite Tabellenhälfte. Der SCB ist einfach zu gross, zu reich, zu wichtig, um eine zweite Geige zu spielen. Und in der Mannschaft steckt nach wie vor zu viel meisterliche Substanz: Simon Moser, Beat Gerber, Ramon Untersander oder Tristan Scherwey sind Helden für grosse Spiele.
Die spielerische Substanz ist nach der sportlichen Misswirtschaft der letzten zwei Jahre zwar nicht mehr gut genug für lockere Siege und ruhige Abende. Das Ringen um die letzten Playoff-Plätze wird weiterhin eine mühselige Angelegenheit sein. Aber man darf nicht den Fehler machen, die SCB-Tauglichkeit für höhere Aufgaben an Partien gegen Lausanne, Ambri, Servette oder die Lakers zu messen. Respektable Gegner. Aber ganz tief in ihrer SCB-Seele werden sie nicht ernst genommen. Deshalb ist die Partie vom Dienstagabend der erste ganz grosse Test. Für Fribourg und Bern.
Zum ersten Mal ist der neue Hockey-Tempel in Fribourg ausverkauft. Die Stimmung grandios. Es sind die Emotionen, die schon immer der Sauerstoff Gottérons waren. In der DNA dieses Klubs ist noch immer das Scheitern in grossen Spielen programmiert. Bis in den Final hat es schon mehrmals gereicht. Aber eben noch nie zum Titel. Will Gottéron Meister werden, das ist der Plan, dann müssen Siege in Partien gegen einen emotional aufgeputschten SCB die Regel werden.
Und siehe da: Der SCB kann noch Meister. Spielerisch sind die Berner kein Spitzenteam mehr. Das dynamische, moderne «totale» Hockey, das so oft zelebriert wird, wenn es noch Blätter in den Bäumen hat, ist ihre Sache nicht mehr. Dafür hat schon das ausländische Personal viel zu wenig Klasse. Aber unter Druck «überleben», sich mit Haken und Ösen wehren, «böse» sein und aufopfernd kämpfen – das können sie immer noch. Die wahren SCB-Werte werden in der Kabine nach wie vor gelebt. Nur ganz oben fehlt es noch.
Gottéron führt nach 90 Sekunden 1:0. Mit dem Ausgleich (5.) kehrt bei Gottéron der ewige SCB-Komplex zurück. Aus Selbstvertrauen wird erst Zweifel, dann Hektik und schliesslich beinahe Verzweiflung. Wird Chris DiDomenico, der Leidenschaftlichste von allen, zur tragischen Figur? Nach einem Stockschlag gegen Calle Andersson muss er in die Kabine (49.).
Der SCB führt 3:2. «DiDo» und Gottéron sind drauf und dran, an den SCB-Urqualitäten zu zerbrechen. Aber es ist ein neues, vielleicht meisterliches Gottéron: In der Schlussphase wird ein grosser SCB von einem schier unheimlichen Gottéron vom Eis gefegt. Gedemütigt. Meisterlich!
Es mag nur eine von 52 Qualifikationspartien im Oktober sein. Aber dieser Sieg in einem aufwühlenden Spiel gegen den SCB ist ein Wetterleuchten, dem im Frühjahr ein heftiges Gottéron-Gewitter folgen kann.
Da kann man den mentalen Unterschied zw. Fribourg und dem SCB sehen. Bern hat die Unbeschwertheit in den Köpfen und Beinen verloren. Wenn die nächsten 5 Spiele keine Besserung bringen, dann wird es für die Trainercrew scher das Ruder zu wenden…