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HC Lugano: Die unerfüllte Sehnsucht nach einem neuen Meistertrainer

Lugano's player Dario Buergler, celebrate 3-2 gool, during the frendly match of National League A (NLA) Swiss Championship 2020/21 between HC Lugano and HC Ambri Piotta at the ice stadium Corner  ...
Torjubel in einem Testspiel – doch nun gilt es ernst.Bild: keystone
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Luganos unerfüllte Sehnsucht nach einem neuen Meistertrainer

Seit 2006 hat Lugano keinen Titel mehr gewonnen. Nicht einmal den Cup. Dabei hat Lugano alles, um die Liga wieder zu dominieren. Aber es gelingt einfach nicht mehr, die einzelnen Teile zu einem Meisterpuzzle zusammenzufügen.
29.09.2020, 11:2129.09.2020, 14:19
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Manchmal hat Lugano einen meisterlichen Torhüter, aber keinen meisterlichen Trainer. Oder es fehlen ein oder zwei meisterliche Ausländer, ein charismatischer Leader oder die Harmonie in der Kabine. Oder die richtige Taktik. Es gibt Jahre, da sind die Tessiner überheblich und andere Jahre, da sind sie zu wenig selbstsicher, zu bescheiden. Seit 2006 fehlt einfach immer etwas.

Ausser Geld natürlich. Davon gibt es immer genug. Die kluge Präsidentin Vicky Mantegazza ist Milliardärin. Sie hat ihre Vermögensbildung so gut abgeschlossen wie Walter Frey in Zürich oder Hans-Peter Strebel in Zug.

Die Praesidentin des HC Lugano Vicky Mantegazza anlaesslich der Vorsaison-Medienkonferenz des HC Lugano, am Donnerstag, 13. September 2018, in Paradiso bei Lugano. (KEYSTONE/Ti-Press/Gabriele Putzu)
Geld spielt im Südtessin keine Rolle: Lugano-Präsidentin Mantegazza.Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Nur noch sporadisch «grande»

Warum ist Lugano trotzdem seit 14 Jahren nicht mehr dazu in der Lage, ein Meisterpuzzle zusammenzusetzen? Die Antwort ist einfach: Das «Grande Lugano» prägen zwei Männer: Präsident Geo Mantegazza und sein Trainer John Slettvoll. Der Sozialist aus dem Land der dunklen, langen Winter ist ein charismatischer Rebell und fegt mit dem eisernen Besen durch die Kabine. Weil der Schwede den bedingungslosen Rückhalt des Präsidenten hat – zwischen die beiden passt kein Löschblatt – wagt es keiner, aufzumucken oder sich hinter dem Rücken des Trainers beim Patron zu beschweren. Lugano erreicht zwischen 1986 und 1991 sechsmal hintereinander den Final und gewinnt vier Titel.

Der Ruhm bringt John Slettvoll Reichtum. Er wird milde. 1992 beendet Arno Del Curto im Viertelfinale mit dem ZSC die meisterliche Dynastie. Seither war Lugano nur noch in ein paar auserwählten Jahren «grande»: 1999, 2004 und 2006.

Die Meister seit Einführung der Playoffs 1985/86

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Alle Schweizer Eishockey-Meister seit Einführung der Playoffs 1985/86
2023: Genf-Servette HC, Finalserie: 4:3 gegen den EHC Biel.
quelle: keystone / salvatore di nolfi
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Gelingt nun endlich wieder einmal ein Titelgewinn? Nein. Zwei Teilchen fehlen im Meisterpuzzle. Die zwei wichtigsten. Der meisterliche Goalie und der meisterliche Trainer.

Der kluge, nette Trainer

Serge Pelletier (54) scheint auf den ersten Blick der perfekte Trainer zu sein. 1989 will der Kanadier nach seiner Ausbildung zum Sportlehrer ein halbes Jahr Auslanderfahrung sammeln und heuert im Nachwuchs des HC Lugano an. Aus sechs Monaten in der Schweiz sind mehr als 30 Jahre geworden. Inzwischen ist Pelletier Schweizer und er hat schon Gottéron und Ambri (je 2 mal), Zug und La Chaux-de-Fonds trainiert. 2019 war er mit La Chaux-de-Fonds Qualifikationssieger und Playoff-Finalist. Trotzdem musste er gehen. Also ein Trainer, der Schweizer Eishockey kann.

Trainer Serge Pelletier, vorne links, spricht zu den Spielern, waehrend des ersten Eistrainings des HC Lugano fuer die Saison 2020/21 der National League, am Montag, 3. August 2020, in Lugano. (KEYSTO ...
Tanzen die Spieler nach Pelletiers Pfeife?Bild: keystone

Aber vielleicht ist der freundliche eingebürgerte Kanadier zu smart – andere sagen: zu intelligent und zu gebildet – um ein autoritärer, meisterlicher Bandengeneral zu sein. Serge Pelletier hat ein feines Gefühl für Machtstrukturen in- und ausserhalb der Kabine. Er versteht es, sich oben beim Management gut zu stellen und unten dürfen die Stars machen, was sie wollen. So sichert er sich das Wohlwollen der Meinungsmacher in der Kabine und die danken ihm die Freiheiten in der Regel mit guten Leistungen.

Diese einfühlsame Art zu führen – jeder macht, was er halt am liebsten tut – mag in einer Rudolf-Steiner-Schule funktionieren. Im Eishockey mündet sie nach einer gewissen Zeit unweigerlich in Nachlässigkeit, Schlendrian und Trainerentlassung. Hockeyspieler sind Männer, die spielen, statt zu arbeiten. Sie bedürfen der Führung. Die Frage ist nicht ob, sondern bloss wann Serge Pelletier in Lugano gefeuert wird.

Vorbereitungsspiele
Rockets 7:1
Olten 8:1
ZSC Lions 1:4
Olten 3:4 n.V
Langnau 8:1
Langnau 5:3
Gottéron 4:1
Lakers 4:3 n.V
Ambri 3:2
Ambri 5:3

Keine wahre Nummer 1

Das zweite fehlende Teilchen ist ein meisterlicher Torhüter. Lugano hat eine stolze Torhütertradition: Alfio Molina, Lars Weibel, Cristobal Huet, Ronnie Rüeger und zuletzt Elvis Merzlikins. Sage mir, wie die Goalies heissen und ich sage dir, ob Lugano «grande» sein kann. Sie heissen heute Sandro Zurkirchen und Niklas Schlegel. Zwei freundliche, talentierte, tüchtige Torhüter. Könige im unbeschwerten Alltag, aber Bettler in schwierigen Zeiten. Zu wenig charismatisch, um eine Nummer 1 zu sein. Wer zwei Nummer-2-Torhüter beschäftigt, wird nie «grande». Ein ausländischer Goalie könnte helfen.

Niklas Schlegel, neuer Torhueter des HC Lugano, waehrend seiner ersten Trainingseinheit in der Corner Arena des HC Lugano, am Donnerstag, 12. Dezember 2019, in Lugano. (KEYSTONE/Ti-Press/Elia Bianchi)
Schlegel wechselte mitten in der vergangenen Saison zu Lugano.Bild: TI-PRESS

Ansonsten ist Lugano durchaus titelfähig. In seinem zweiten Jahr hat Sportchef Hnat Domenichelli die Ausländerpositionen besser besetzt. Schauderhafte Ausländer – keiner hat in den letzten zwei Jahren mehr als 9 Tore erzielt – und der Verlust von Grégory Hofmann (zu Zug) sind die Ursachen für eine offensive Misere. Letzte Saison bloss 125 Tore – so wenige wie nie seit dem Wiederaufstieg von 1982. Noch vor zwei Jahren (2017/18) war Luganos Sturm der zweitbeste der Liga (159 Tore) und finalfähig. Wenn sie nicht mit «Schraubendampfern» spielen müssen (Kufen, an Sonntagsschuhen angeschraubt), dann wird jeder der vier ausländischen Stürmer nun mehr als 9 Tore erzielen. Mark Arcobello, Mikkel Boedker und Dan Carr sind sogar gut genug für 20 Treffer.

Lugano hat acht von zehn Vorbereitungspartien gewonnen und ist gut genug für einen «goldenen Herbst». Die Freude über die Freiheiten unter Trainer Serge Pelletier wird sich ungefähr so lange halten wie die letzten Blätter in den Laubbäumen. Ein «goldener Herbst» kann die Emotionen entfachen, die Lugano bis weit ins neue Jahr hinaus beflügeln. Für eine Spitzenklassierung in der Qualifikation wird es reichen. Aber Serge Pelletiers Autorität beginnt zu welken, wenn es wieder Blätter in den Bäumen hat.

Nur ein neuer John Slettvoll könnte Lugano wieder meisterlich machen.

Prognose:

Platz 3.

So tippt der Eismeister die Qualifikation:
1.
2.
3. HC Lugano
4.
5. EHC Biel
6. Servette Genf
--------------------------------------------
7. HC Davos
8. Lausanne HC
9. SC Bern
10.
--------------------------------------------
11. SC Rapperswil-Jona Lakers
12.
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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
29.09.2020 12:08registriert Februar 2020
Ich denke Niklas Schlegel hat sehr viel Potential. Er muss einfach aufgebaut werden, weder Zürich noch Bern haben es geschafft sein Können zu schätzen und ihn korrekt zu unterstützen.

Er kann zu einem sehr guten Nr1 Goalie mutieren.
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Regius
29.09.2020 12:58registriert August 2017
Ich bin gespannt auf dieses Lugano 20/21. Ich denke nicht das es für den Titel reicht aber Unterhaltung auf dem Eis wird dieses Team sicher bieten. Nach Gregory und Klasen wurden die Verantwortungen nun breiter verteilt, alle Blöcke können für Gefahr und Tore sorgen und auch an Härte hat man zugelegt. Zudem traue ich Schlegel viel zu. Er hat nicht denselben Druck wie in Bern, einen grossartigen Genoni vergessen zu machen und da Zurkirchen durchaus ein guter Torwart ist, könnten sich die beiden zu Höchstleistungen anspornen.
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Sverige
29.09.2020 13:32registriert November 2015
Wenn die AHL nicht gespielt würde, könnte ich mir vorstellen das Kurashev die ganze Saison in Lugano bleibt. Wenn Chicago genug klug ist, lassen sie Kurashev in Lugano auf gutem hohen Niveau die Saison spielen. Denn sind wir ehrlich. Erstens sind die Topligen, auch die National League besser als die AHL und zweitens bringt das den Blackhawks bestimmt mehr, als wenn er vielleicht auf 10 Spiele kommt. Heed und Boedker werden die ganze Saison in Lugano bleiben. Sollte das Geschriebeneeintreffen, habe sogar gehört das Lugano Punnenovs mit Schlegel tauschen möchte, ist Lugano Meister.
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Bald wieder «grande»? Dank einem Umdenken und Goalie Schlegel ist Lugano wiedererstarkt
Der HC Lugano kann sich am Donnerstag (20 Uhr) im Showdown gegen den Qualifikations-Zweiten Fribourg-Gottéron erstmals seit 2018 für die Playoff-Halbfinals qualifizieren. Das ist auch einem Umdenken zu verdanken.

In den ersten fünf Saison nach der Einführung der Playoffs, die 1986 erstmals ausgetragen wurden, holte der HCL viermal den Schweizer Meistertitel. «Grande Lugano» war geboren. Bis 2006 kamen immerhin drei weitere Titel dazu. Seither aber waren die Final-Qualifikationen 2016 und 2018 das höchste der Gefühle. Zweimal verpassten die Bianconeri gar die Playoffs (2008, 2011).

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