Der Torhüter ist der wichtigste Einzelspieler. Diese banale Weisheit ist so alt wie das Spiel. Wenn der Goalie lottert, fällt die ganze Mannschaft auseinander.
Die SCL Tigers sind das spektakulärste Beispiel der letzten Jahre für die Wichtigkeit des letzten Mannes. Nicht polemisieren, nur rapportieren. Ivars Punnenovs fällt in Bern beim Stande von 2:1 für den SCB nach einem Check gegen seinen Kopf von Cory Conacher aus. Wie lange Punnenovs (Gehirnerschütterung, Nackenprellung) ausfällt, ist nach wie vor offen.
Gianluca Zaetta ersetzt den lettischen Nationalgoalie, wehrt bloss 75 Prozent der Schüsse ab und der SCB gewinnt 8:1. Gegen die ZSC Lions pariert er 80 Prozent der Schüsse, wird nach zwei Dritteln und fünf Gegentreffern vom Eis geholt und durch den Junior Tim Baumann ersetzt. Langnau verliert 2:6.
In der Regel ist ein Sieg nur mit einem Torhüter möglich, der mindestens 90 Prozent der Schüsse stoppt. Beim Startsieg in Lugano (4:1) erreichte Punnenovs eine Fangquote von 97,92 Prozent. Oder noch einfacher: Aus den zwei Partien gegen Bern und die ZSC Lions weist Langnau bei einem Torschussverhältnis von insgesamt 67:67 ein Torverhältnis von 3:14 aus. Wahrlich, es fehlt ganz hinten. Nicht ganz vorne.
Wie gesagt: nicht polemisieren, nicht kritisieren, bloss konstatieren: Langnau hat ein Goalie-Problem.
Aber niemand darf darüber reden. Nach der Partie gegen die ZSC Lions erleben wir deshalb am Samstagabend im Langauer Hockey-Tempel Sternstunden der Diplomatie.
Sportchef Marc Eichmann will gar nicht erst darüber reden, ob er mit dem HC Davos über ein Engagement von Robert Mayer redet. Sagt er nichts, dann lügt er auch nicht. Captain Pascal Berger geht selbst bei hartnäckigem, boshaftem Nachfragen nicht auf das Thema Torhüter ein. Er spricht, wie es sich für einen tapferen Leitwolf gehört, von allem anderen. Man müsse hart arbeiten, im Training und im Spiel. Details verbessern. Nach vorne schauen.
Trainer Jason O'Leary geht noch einen Schritt weiter: Er nimmt die Verantwortung für die Niederlagen auf sich. Es sei sein Job, die Disziplinlosigkeiten abzustellen und zu verhindern, dass die Spieler in Druckphasen in die schlechten Gewohnheiten der letzten Saison zurückfallen. Tatsächlich haben die Langnauer gegen die ZSC Lions drei Tore in Unterzahl kassiert.
Lamentieren, aber ja nicht den Torhüter kritisieren. Kein Wort, keine Andeutung, dass die Langnauer nur ein Problem haben: das mit dem Torhüter. Und dass sie fieberhaft an einer Lösung arbeiten. Ein wahrer Diplomat ist ja einer, der zweimal nachdenkt, bevor er zur Sache nichts sagt. Oder mit hundert Worten verschweigt, was mit einem Wort gesagt werden könnte: Lottergoalie.
Die Wirklichkeit sieht hinter den Kulissen ganz anders aus. Nach extern dementieren, intern telefonieren. HCD-Manager Marc Gianola bestätigt nämlich auf Anfrage am Sonntagvormittag: «Ja, unser Sportchef ist mit Langnau im Gespräch.» Gibt es eine Möglichkeit, dass Mayer auf Leihbasis sofort nach Langnau wechselt? «Das ist möglich. Wir bieten Hand für eine gute Lösung. Aber ich denke nicht, dass es schon für Dienstag reicht.» Logisch: Am Dienstag spielt Langnau in Davos.
Der freundliche, erfahrene, kluge HCD-Manager kann es sich leisten, in dieser Sache offen Auskunft zu geben und zu sagen, was er denkt: Dass er froh wäre, wenn Robert Mayer irgendwo spielen könnte. Eine Lösung im Sinne der Langnauer ist auch in seinem Interesse.
Mayer ist in Davos hinter Gilles Senn und Sandro Aeschlimann nur noch die Nummer 3 und kommt nicht mehr zum Einsatz. Aber er hat einen gut dotierten Vertrag bis 2024. Daher das naheliegende Bestreben, den Vertrag mit dem 29-fachen Internationalen aufzulösen (was bisher nicht gelungen ist) oder ihn wenigstens leihweise einem anderen Team zu überlassen.
Bisher hatte HCD-Sportchef Jan Alston in der Sache zwei konkrete Anfragen. Aufsteiger Ajoie hat dann aber Lausannes Viktor Östlund als Nummer 2 verpflichtet. Die zweite Anfrage kam von Lugano. Aber weitere Gespräche sind nicht mehr geführt worden. Und nun also Langnau.
Der Verwaltungsrat der SCL Tigers hat inzwischen die Mittel für einen Goalie-Transfer bewilligt. Sportchef Eichmann darf in einen Goalie investieren und mit den Davosern telefonieren. Er ist als Diplomat gefordert wie nie. Er muss einerseits mit Davos in der Sache klug verhandeln, um eine Leihsumme tief zu halten. Er muss aber auch Mayer überzeugen. Denn der WM-Goalie von 2014, 2016 und 2019 entscheidet am Ende des Tages, ob er ein Angebot annehmen will oder nicht. Davos zahlt ihm den Lohn und ein neuer Arbeitgeber dem HCD eine Leihgebühr.
Aber Langnaus Sportchef hat noch eine heikle Aufgabe zu lösen, die sehr viel Diplomatie erfordert: Der Vertrag mit Ivars Punnenovs läuft Ende Saison aus. Der Lette mit Schweizer Lizenz ist Langnaus einziger Spieler, der mehr als 400'000 Franken verdient. Nun hat ihm Marc Eichmann ein erstes Verlängerungsangebot unterbreitet – mit gut und gerne 100'000 Franken weniger Lohn. Was richtig ist, denn Punnenovs ist so verletzungsanfällig, dass Langnau neben ihm eine starke Nummer 2 braucht. Er hat seit seinem Wechsel ins Emmental (2015) nie eine ganze Saison verletzungsfrei durchgespielt. Inzwischen ist es fraglich, ob ihm ein anderer Klub ein besseres Angebot macht als Langnau.
Natürlich ist es ein riskantes Spiel, den Torhüter, auf den man eigentlich angewiesen ist, mit einem Angebot zu verärgern. Diplomatie ist also gefragt. Um es in diesem Falle boshaft zu formulieren: Diplomatie ist auch die Kunst, den knurrigen Hund so lange zu streicheln, bis Maulkorb und Leine fertig sind. Also Ivars Punnenovs bei Laune zu halten, bis er entweder doch verlängert oder im Falle eines Falles eine andere Lösung für nächste Saison parat ist.
Diese Lösung kann viel einfacher sein als es jetzt scheint. Es braucht dafür nicht einmal einen Hexenmeister der Diplomatie: Langnau kann einen ausländischen Goalie verpflichten.
Liebu
Was Langnau aber definitiv abstellen muss, sind die Disziplinlosigkeiten. Gestern waren es eigentlich sogar 5 Tore die sie in Unterzahl erhielten, man das 2:1 das 4 Sekunden nach Ablauf der Strafe und das 4:1 das direkt mit dem Ablauf der Strafe fiel.
Man darf dem Gegner gar nicht so viele Überzahlmöglichkeiten zugestehen. Da gebe ich Jason O'Leary völlig recht.
UrsK
maylander
Und dann kommt der Eismeister und zählt einfach die Schüsse zusammen und errechnet Fangquoten die wenig über die Tatsächliche Leistungen aussagen.
Da zählt ein Verlegenheitsschuss genausoviel wie eine 2 zu 1 Chance aus bester Position.
Will man Zaetta eine faire Chance geben müssen die Tigers für ihn kämpfen.