Miro Aaltonen (31) befindet sich am Freitagnachmittag mit dem EHC Kloten bereits im Bus auf dem Weg zum Auswärtsspiel nach Genf (0:2-Niederlage), als sein Arbeitgeber von der helvetischen Dopingbehörde, Swiss Sports Integrity, informiert wird, dass der Stürmer aufgrund eines potenziellen Verstosses gegen die Anti-Doping-Bestimmungen provisorisch auf unbestimmte Zeit gesperrt worden ist.
Das kann Kloten die zum Greifen nahe direkte Playoff-Qualifikation kosten. Je nachdem, welches Resultat die B-Probe ergibt, droht eine Sperre für den Rest der Saison – oder länger. Kloten hat sich bisher zum Fall nicht geäussert.
Miro Aaltonen hat offenbar in seiner Heimat bereits über die Sache geredet. Wie die finnische Nachrichtenagentur STT schreibt, hat er sich am späten Freitagabend zu seinem Dopingfall geäussert und wird so zitiert:
Um welche Substanz es sich dabei handelt, wird nicht gesagt. Der Olympiasieger von 2022 führt weiter aus, dass es «ein dummer Fehler» gewesen sei. «Ich werde mir Hilfe holen und trage die Konsequenzen für mein Handeln. Sobald es mir erlaubt ist, möchte ich meinen Beruf wieder ausüben. Ich entschuldige mich aufrichtig für das, was ich getan habe, gegenüber meinen Liebsten und dem EHC Kloten, den Fans und den Teamkollegen.»
Das tönt nicht zweifelsfrei nach verunreinigten Salznüssli auf der Bartheke. Der Finne hat beim SC Bern bereits einen Zweijahresvertrag bis 2027 unterschrieben. Dieser Vertrag enthält – wie in der gesamten Liga üblich – das sogenannte «Doping-Statut»: Einen Passus, der regelt, dass der Klub im Falle eines Doping-Vergehens den Vertrag fristlos – sofort und ohne finanzielle Entschädigung – auflösen kann.
Die Frage geht also an SCB-Manager Marc Lüthi: Verzichtet Bern auf die Dienste von Miro Aaltonen, wenn er tatsächlich wegen der Einnahme einer verbotenen Substanz im Ausgang dopingrechtlich verurteilt und gesperrt werden sollte? Lüthi: «Wir äussern uns nicht zu diesem Fall, bevor alle Fakten offen auf dem Tisch liegen.» Das ist die juristisch und politisch korrekte Antwort.
Gerade ausländische Spieler haben eine hohe Vorbildfunktion für junge Spieler und der SCB finanziert eine der grössten Nachwuchsorganisationen im Land. Sollte der Grund für das Doping-Vergehen ein Fehlverhalten im Ausgang sein, dann wird aus dem Fall in Bern ein «Partygate» und es wird selbst für den grandiosen Kommunikator Lüthi schwierig sein, seinen neuen finnischen Star gegenüber den SCB-Werbepartnern, den Politikerinnen und Politikern in der Stadt und letztlich auch den Fans in Schutz zu nehmen.
Ein SCB-Star, der im Ausgang so rockt, dass er in der Dopingkontrolle hängen bleibt – wenn es denn so sein sollte –, ist ein Reputationsrisiko, das sich ein Hockey-Unternehmen wie der SC Bern wahrscheinlich nicht leisten kann. Ein Festhalten am Vertrag mit Miro Aaltonen wird in Bern im Falle eines Falles eine heftige Kontroverse entfachen. Weil ja der SCB aufgrund des entsprechenden Vertrags-Passus die Option hat, bei einem Doping-Vergehen das Arbeitsverhältnis frist- und kostenlos zu beenden, bevor es überhaupt begonnen hat.
Kloten hätte dann – immer vorausgesetzt, es kommt zu einer entsprechenden Verurteilung wegen eines Doping-Vergehens – die Möglichkeit, Aaltonen zu verzeihen und ihm einen neuen Vertrag zu geben. Immerhin ist er diese Saison Klotens bester und wichtigster Feldspieler. Er hat in 36 Partien schon 35 Punkte (20 Tore) produziert. Womöglich würde er als reumütiger Sünder nächste Saison auf dem Eis noch mehr rocken als im Ausgang, und das wahrscheinlich erst noch zu einem tieferen Salär als bisher. Die Frage ist dann allerdings, wie lange Miro Aaltonen im Falle eines Falles gesperrt wird – eine Sperre über dieses Frühjahr hinaus auch für die nächste Saison ist möglich. Dann wäre auch der SCB-Vertrag vom Tisch.
Die Frage ist also, ob Miro Aaltonen so etwas wie die Eishockey-Antwort auf Sanna Marin (40) wird. Die Sozialistin war vom 10. Dezember 2019 bis zum 20. Juni 2023 Ministerpräsidentin der Republik Finnland. Sie war das jüngste Staatsoberhaupt in der Geschichte des Landes und zum Zeitpunkt ihres Amtsantritts auch die jüngste Regierungschefin weltweit. Sie liebt offenbar Partys. Im August 2022 kam ein Video an die Öffentlichkeit, in dem zu sehen war, wie Sanna Marin auf einer Party tanzte.
Dies löste eine Diskussion aus, ob solcherlei Verhalten zu einer Ministerpräsidentin passe oder ob das eine Verletzung ihrer Amtspflichten sein könnte. Nach eigenen Angaben trank Marin während der Party Alkohol. Sie verneinte, sonstige Drogen konsumiert zu haben, und stimmte einem Drogentest zu. Das Ergebnis war negativ. Später tauchten weitere Party-Videos auf. Sie hat sich inzwischen aus der Politik zurückgezogen.
Miro Aaltonen hat offenbar im Ausgang nicht nur getanzt und so kommt es, dass er die Bürogeneräle bei Swiss Sports Integrity, in Kloten und eben auch in Bern auf Trab hält.
PS: Eine gute Ausrede ist in Doping-Angelegenheiten immer mindestens einen Batzen wert. Die beste, die es im Eishockey in einem ähnlich gelagerten Fall gibt, hat sogar einen gewissen Charme: Ein Spieler, der in der Dopingprobe hängen geblieben war, erklärte, er habe im Ausgang eine Frau geküsst, die eine verbotene Substanz (Kokain) auf den Lippen gehabt habe. Er wurde freigesprochen.
Könnte andere Probleme mit sich bringen, sofern dieser Spieler nicht mit seiner Frau geknutscht hat...