Visp spielt gegen Ajoie ab dem 1. April um einen Platz in der höchsten Liga und ein Aufstieg von Visp wäre kein Aprilscherz. Die Liga-Qualifikation ist ein Ereignis, das Chris McSorley natürlich aufmerksam verfolgt. Er ist ja in Sierre damit beschäftigt, im Juni ein Referendum zur Fortsetzung des 80-Millionen-Stadionprojektes zu gewinnen und bis 2028 ein aufstiegsfähiges Team zusammenzustellen.
Er drückt Visp die Daumen und sieht Chancen für die Promotion. Natürlich habe Ajoie mehr Talent. «Aber der entscheidende Punkt in einer solchen Serie ist etwas anderes: Visp spielt gänzlich anderes Hockey als das, was Ajoie während der ganzen Saison gewohnt war. Das kann dazu führen, dass die Spieler bald nicht mehr wissen, was sie tun sollen. Weil sie ständig irgendwo hängen bleiben und ihr gewohntes Spiel nicht mehr funktioniert.» Es ist die Taktik von Heinz Ehlers, die zum entscheidenden Faktor werden oder Ajoie zumindest in Schwierigkeiten bringen kann.
Der charismatische Kanadier, der einst Servette aus der zweithöchsten in die höchste Liga und dort bis in den Playoff-Final geführt und das Fundament für den ersten Titel der Geschichte gebaut hat, würde sich sehr über einen Aufstieg von Visp freuen. «Das würde das Hockey-Interesse im Tal befeuern und davon würden auch wir profitieren.» Er sieht gar blühende Landschaften: «Im Idealfall hält sich Visp in der höchsten Liga, bis auch wir aufsteigen, und dann haben wir eine Hockey-Begeisterung wie im Tessin mit Ambri und Lugano.» Er geht davon aus, dass es in Sierre und Visp möglich wäre, ein NL-Team zu finanzieren. «Wir konkurrenzieren uns wirtschaftlich nicht.»
Tatsächlich hat der Kanton Wallis ein mit dem Kanton Tessin vergleichbares wirtschaftliches Potenzial. Der Kanton Wallis hat sogar mehr Bewohnende (365'000) als das Tessin (357'000). In beiden Kantonen gibt es eine uralte und reiche Kultur der schlauen kreativen Finanzierung von allerlei Projekten und der Kunst des Melkens von Bundes- und Staatskassen.
Inzwischen haben sich die Klubs im Wallis auf Initiative von Chris McSorley zu einer Ausbildungs-Akademie zusammengefunden – nur Visp macht (noch) nicht mit. «Weil wir im Wallis kein Team in der höchsten Juniorenliga haben, verlassen die grössten Talente das Wallis Richtung Lausanne, Genf, Bern oder Langnau.» Darum sei es von entscheidender Bedeutung, eine Akademie aufzubauen, um die Talente im Tal zu halten. «Das war auch in Genf unser Schlüssel zum Erfolg. Ohne eigene Spieler ist es nicht möglich, eine Hockeykultur aufzubauen.»
Am Anfang einer historischen Entwicklung steht immer ein kühner Gedanke. Persönlichkeiten, die das Undenkbare denken und in die Tat umsetzen. So hat Christoph Kolumbus Amerika entdeckt, so hat Alfred Escher den Kapitalismus in Zürich aufgebaut, so ist das Projekt eines Tunnels durch den Gotthard im 19. Jahrhundert realisiert worden.
Ist eigentlich der Gedanke völlig absurd, dass das Wallis mit zwei Teams in der höchsten Liga vertreten sein wird? Nein. Ganz und gar nicht. Chris McSorley muss sich lediglich stärker um Hockey-Politik kümmern.
Im Zusammenarbeitsvertrag der National League mit dem Verband – er ist notwendig, weil ja die National League vom Verband unabhängig ist – wird die Anzahl Teams der National League auf maximal 14 begrenzt. Der Verband ist unfähig zu einer Reform der darbenden Swiss League und Ende Saison 2026/27 läuft dieser Zusammenarbeitsvertrag ebenso aus wie der TV-Vertrag. Es ist eine historische Gelegenheit zu einer umfassenden, ja revolutionären Reform. Das Profihockey gehört zur Wachstumsbranche Unterhaltungsindustrie und kann die Marktposition nur mit einem Schritt nach vorne behaupten. Zudem liefert die National League der TV-Branche dringend erforderliche Live-Programminhalte.
Bis 2027 wird die «Verzwergung» und «Reamateurisierung» der Swiss League unter der Führung des Verbandes weiter fortgeschritten sein. Teams mit Stadien und Infrastruktur für die National League werden schon mittelfristig nicht mehr dazu in der Lage sein, einen Profibetrieb und eine Nachwuchsorganisation in der Swiss League zu finanzieren. Visp und Basel haben bereits eine Arena für die National League. Sierre und La Chaux-de-Fonds werden bis Ende der 2020er-Jahre auch eine haben.
Eine Aufstockung der National League von 14 auf 18 Teams mit Visp, Sierre, La Chaux-de-Fonds und Basel ist längst mehr als eine kühne Vision. Es ist eine Notwendigkeit. Eine Reduktion auf 12 oder gar 10 Teams wäre zwar sportlich sinnvoll, politisch aber unmöglich durchzusetzen und darüber hinaus eine wirtschaftliche Torheit: Es wäre eine Verkleinerung des Marktes, die dem Profihockey einen hohen zweistelligen Millionenbetrag entziehen und die Reichweite im Markt reduzieren würde. Auch der NHL ist in Nordamerika ab den 1990er-Jahren der Befreiungsschlag erst durch eine Expansion von damals 21 auf heute 32 Teams gelungen.
Bereits mittelfristig wird es in unserem Hockey nicht mehr zwei Profiligen geben. Die National League wird zur einzigen Profiliga und darunter die Swiss League zur höchsten Amateurliga, in die auch die höchste Juniorenmeisterschaft integriert wird. Die vom Verband unabhängige National League hat nach dem Auslaufen des Zusammenarbeitsvertrages alle juristischen Möglichkeiten für eine Aufstockung nach Belieben.
Der Optimismus von Chris McSorley mag noch grenzenlos scheinen. Aber wenn die Hockeygötter gnädig sind, dann ist der Himmel auch für die Walliser Hockeykultur die einzige Limite. Ein Scheitern gegen Ajoie in der Liga-Qualifikation sollte also in Visp keine Resignation auslösen. Sondern ein trotziges «So, jetzt aber erst recht!»
Keine Polemik, nur Hirngespinst.
Aber auch hier das Problem, die besten werden sowieso nach Nordamerika gehen und ob wir genug guten Spieler haben. Ich bezweifle es