Mark Streit sagt, er habe den Rückzug aus dem SCB mit Roman Josi vorher abgesprochen. «Wir sind seinerzeit gemeinsam beim SCB eingestiegen und es war für mich wichtig, meinen Rückzug vorgängig mit ihm zu beraten.» Offenbar ist es nicht zu einer tiefgreifenden Grundsatzanalyse gekommen. Mark Streit sagt, für Roman Josi habe der SCB durch das starke Engagement in Nashville zurzeit ohnehin nicht oberste Priorität. Ob er sein Aktienpaket an Roman Josi oder jemand anderen aus dem Verwaltungsrat verkauft hat, verrät Mark Streit nicht. Es ist sowieso eher unwahrscheinlich, dass Roman Josi seinen SCB-Anteil durch Aktienkäufe aufgestockt hat.
Marc Lüthi, der formaljuristisch (aber nicht im richtigen Leben) als SCB-Manager dem Verwaltungsrat untersteht, ist froh, dass Roman Josi bleibt. Das Aktienpaket des Nashville-Captains vertritt im Verwaltungsrat der SCB Group AG dessen Vater Peter Josi, der mit Marc Lüthi im besten Einvernehmen steht. Das bedeutet konkret: Im obersten Führungsgremium des Sportunternehmens SCB – zur SCB Group gehören neben der Sport AG auch die Gastro und die SCB Future AG – gibt es nach dem Rückzug von Mark Streit keine Stimme mehr, die für den Sport spricht.
Das ist, etwas boshaft formuliert, ungefähr so, wie wenn im Verwaltungsrat der UBS niemand mehr sitzt, der richtig rechnen kann. Marc Lüthi sieht das anders. «Das ist kein Problem. Wir haben eine sehr grosse sportliche Kompetenz auf der Exekutiv-Ebene.» Wohl wahr. Sogar mit einem Obersportchef (Martin Plüss) und einem Untersportchef (Patrik Bärtschi). Ob die beiden Sportchefs mit Trainer Jussi Tapola ein Herz und eine Seele sind wie Paolo Duca und Luca Cereda in Ambri oder Pascal Müller und Thierry Paterlini in Langnau, ist nicht ganz sicher. Aber wir wollen nicht grübeln.
Ohnehin geniesst im obersten SCB-Führungsorgan der Sport bis auf Weiteres nicht allerhöchste Priorität. Vielmehr treibt das Arena-Problem die SCB-Granden um. Der wichtigste Verwaltungsrat ist daher KIBAG-General Alexander Guy Wassmer. Die KIBA Holding AG mit Sitz in Bäch (SZ) ist ein führendes, traditionsreiches helvetisches Unternehmen im Baubereich (seit 1926). Zur Firma mit gut und gerne 2000 Arbeitsplätzen gehören unter anderem 14 Kieswerke, 3 Steinbrüche und 25 Betonwerke sowie 17 Baubetriebe. Marc Lüthi ist mit dem Arena-Projekt (Neubau oder Sanierung?) weitgehend ausgelastet. Es ist sein mit Abstand wichtigstes Dossier und für den SCB letztlich von existenzieller Bedeutung. Der SCB wird – um es salopp zu erklären – in den nächsten Jahren neben einem Sport- und Gastro-Unternehmen auch eine «Baufirma». Auf den Rat von Alexander Guy Wassmer wird er sicherlich eher hören als vorher auf die sportlichen Einlassungen von Mark Streit.
Mark Streit vertritt die Auffassung, dass der Sport – also das Leistungsvermögen der ersten Mannschaft – von zentraler Bedeutung sei. Also geht an ihn die Bitte um eine Saisonprognose. Er überlegt lange. Polemik ist ja seine Sache nicht und so kommt er zu einer klugen und diplomatischen Einschätzung: «Alles zwischen Rang 4 und 6 unterschreibe ich.»
Da dürfte für einmal auch Marc Lüthi gleicher Meinung sein.