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Dario Rohrbach ist das Gesicht des Playoff-Erfolgs der SCL Tigers

Tigers PostFinance Top Scorer Dario Rohrbach, jubelt beim 1:0 im vierten Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League, zwischen den SCL Tigers und dem Lausanne HC, am Mittwoch 19. Maerz 202 ...
Dario Rohrbach feiert sein Tor zum 1:0.Bild: keystone
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«Lafere u lifere» mit dem «Ilfis-Dubé» – Langnaus ungewöhnliches Erfolgsrezept

Im Spiel 4 des Playoff-Viertelfinals gegen Lausanne trifft Dario Rohrbach zweimal. Ein smartes Langnau besiegt immer mehr verzweifelnde Waadtländer mit 3:2. Für den ersten Halbfinal der Geschichte fehlen noch zwei Siege – und Harri Pesonen schmeckt der Siegestrunk immer besser.
20.03.2025, 10:4120.03.2025, 14:26
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Vor der Partie erkundigt sich ein welscher Chroniqueur bei einem einheimischen Chronisten nach Dario Rohrbach. Langnaus Topskorer ist zwar diese Saison Operetten-Nationalspieler geworden. Ein ligaweit bekannter Star, dessen Ruhm bis an den Lac Léman strahlt, ist er trotzdem nicht.

Ob dieser Rohrbach auch einen Künstlernamen habe, will der Kollege wissen. Nein, hat er nicht. Worauf die beiden versuchen, einen passenden zu finden. «Ilfis-Gretzky» wird verworfen. Weil Dario Rohrbach ein anderer Spielertyp ist und man sich fragen müsse, ob die neue Generation überhaupt noch wisse, wer Gretzky war. «Ilfis-Crosby» wäre wohl auch eine Übertreibung. Eher würde es «Ilfis-Fiala» treffen.

Schliesslich und endlich einigen sich die beiden auf «Ilfis-Dubé». In erster Linie, weil Dario Rohrbach bei den Langnauern als Topskorer ein buntes Gewand trägt. Christian Dubé ist ja als gescheiterter Gottéron-Trainer immer wieder mit seiner bunten Kleidung aufgefallen.

Tigers Harri Pesonen, PostFinance Top Scorer Dario Rohrbach, Brian Zanetti, Flavio Schmutz, von links, jubeln beim 3:1 im vierten Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League, zwischen den  ...
Kollektiver Jubel nach dem 3:1.Bild: keystone

Die Episode mag zeigen: Dario Rohrbach ist spielerisch nicht ganz so einfach einzuordnen. Er ist weder Brecher noch genialer Spielmacher und er war auch nie ein Supertalent, dem Rosen auf dem Weg nach oben gestreut worden sind. Er ist nach einer langen Reise, die ihn schon als Junior von Langenthal aus nach Olten, Thun, Burgdorf, Langnau und Basel geführt hat, nach den Stationen Ambri und Ajoie im Laufe der Saison 2021/22 endlich in Langnau am Ort seiner Bestimmung angelangt.

Der freundliche, fast scheue Musterprofi steht für die vielleicht wichtigste Fähigkeit eines Trainers: einen Spieler so einzusetzen, dass er seine Fähigkeiten entfalten kann. Unter Thierry Paterlini hat Rohrbach seine Produktion in zwei Jahren mehr als verdoppelt (32 Punkte) und in den Playoffs ist er so gut wie noch nie. Mit zwei Treffern ist er der Vater des 3:2 gegen Lausanne.

Dario Rohrbach gehört weder zu den schnellsten noch zu den kräftigsten Stürmern der Liga. Aber seine Schusstechnik und sein Spielverständnis sind exzellent. Seine Treffsicherheit ist auch die Belohnung für fleissiges Üben. Kein anderer Schweizer Stürmer hat diese Saison von Paterlini so viel Eiszeit im Powerplay zugeteilt bekommen. Rohrbach sagt, das sei schon ein besonderer Vertrauensbeweis und sporne zu noch mehr Üben an. Um dieses Vertrauen zu rechtfertigen.

Tigers Head Coach Thierry Paterlini, beim Eishockey Play-In Runde 1 der National League, zwischen den SCL Tigers und dem EHC Kloten, am Dienstag, 4. Maerz 2025, in der Emmental Versicherung Arena in L ...
Paterlini trifft den Ton.Bild: keystone

Und er kommt auf das eigentliche Erfolgsgeheimnis zu sprechen: «Wir reden viel miteinander.» Auf dem Eis? «Nein, auf der Spielerbank, in der Kabine, im Training.» Und wohl auch mal bei einem Bierchen dürfte er sich mit seinen Linienkameraden Flavio Schmutz und Harri Pesonen über Spielzüge und -situationen unterhalten. «Diese Kommunikation ist wichtig», betont Rohrbach. Es gehe darum, Kleinigkeiten zu verbessern, Spielsituationen zu optimieren und Automatismen zu entwickeln.

Das Resultat ist eine besondere Qualität seiner Sturmlinie: das «Ausfächern» des Spiels. Das freie Eis sehen und finden, die Breite des Eisfeldes ausnützen, das Spiel «auseinanderzuziehen», um nicht ständig im «Infight» rund ums Tor hängenzubleiben, die präzisen Pässe, die eine gegnerische Verteidigung aushebeln.

Punkteproduktion durch Kommunikation. «Lifere statt lafere» («Liefern statt nur reden») ist eine Redewendung der alten Bauern. Die drei Linienkollegen Dario Rohrbach, Harri Pesonen und Flavio Schmutz machen beides: «lifere u lafere». Sie reden miteinander und liefern Tore. Langnaus Erfolg auch als Produkt einer ganz besonderen Chemie, eines Zusammenhaltes der Mannschaft über das im Profisport übliche Mass hinaus, ganz im Sinne wahrer Sportromantik.

Tigers Harri Pesonen, links, und PostFinance Top Scorer Dario Rohrbach, im Kampf um den Puck gegen Lausannes David Sklenicka, Mitte im vierten Eishockey Playoff Viertelfinalspiel der National League,  ...
Captain Pesonen (links) eilt Topskorer Rohrbach zu Hilfe.Bild: keystone

Ohnehin ist das Erfolgsgeheimnis der Langnauer gegen den Qualifikationssieger ein erstaunliches Mannschaftsspiel, das nur mit guter Kommunikation («lafere») möglich ist. Lausanne ist nicht aus eigenem Verschulden in Not geraten. Lausanne tritt nicht arrogant oder nachlässig oder undiszipliniert oder unkonzentriert auf.

Der Klassiker vom überheblichen Titanen, der mit dem mutigen, tapferen Aussenseiter Mühe hat, wird in diesem Fall nicht aufgeführt. Langnaus Siege sind nicht einer enttäuschenden Leistung des himmelhohen Favoriten geschuldet. Sondern der schon fast wundersamen Qualität des eigenen Spiels. Den Emmentalern ist es bisher gelungen, mit einer schlauen Spielorganisation die gegnerischen Offensivbemühungen wie in einem Spinnennetz aufzufangen und sofort zu kontern. Es ist das Kollektiv, das ein überlegenes gegnerisches Potenzial in Schach zu halten vermag.

Womit wir wieder auf der Suche nach einem passenden Künstlernamen für Dario Rohrbach angelangt sind. Treffend wäre wahrscheinlich «Ilfis-Cattini». Das Problem: Kaum mehr jemand weiss, wer Hans Cattini war. Er bildete einst in den 1930er-Jahren zusammen mit Bibi Torriani und seinem Bruder Ferdinand «Pic» Cattini die vielleicht beste Sturmlinie Europas (also ausserhalb der NHL).

The players of the legendary "ni" forward line of "HC Davos" - Hans Cattini, Bibi Torriani, Pic Cattini (from left to right) - pose with the cup after winning the first Swiss champ ...
Die legendäre ni-Linie des HCD: Hans Cattini, Bibi Torriani und Pic Cattini (von links).Bild: PHOTOPRESS-ARCHIV

Es wird überliefert, Hans Cattini habe besser geschossen als alle seine Zeitgenossen. Aber noch wichtiger: Es wird erzählt, dieses Trio habe immer wieder Spielzüge besprochen, ausgetüftelt, ausgeknobelt und auf dem Biertisch mit Zündhölzchen nachgestellt. Auch da: Tore als Produkt der Kommunikation («lafere»). Und eigentlich sollte das ja so sein. Der Mensch spricht doch auch mit Katzen, Hunden, Kühen, Kälbern, Vögeln und Eseln – warum also sollten Eishockeyspieler nicht mit Eishockeyspielern oft und intensiv über Eishockey reden? «Am Anfang war das Wort», lesen wir ja im Buch der Bücher.

PS: Den schönen Brauch, nach einem Sieg sich einen Schluck aus dem Flachmann zu gönnen, dem ihm ein Fan beim Gang in die Kabine zuwirft, zelebriert Harri Pesonen auch in den Playoffs. Und es scheint ihm immer besser zu munden. Prost.

Pesonen gönnt sich einen Schluck

Video: watson/Klaus Zaugg
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    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chnebeler
20.03.2025 10:55registriert Dezember 2016
Und kein Wort über den wirklichen Faktor zum Erfolg. Ein Torhüter mit 95% Abwehrquote! Was Boltshauser momentan im Verbund mit der Abwehr abliefert ist schon Weltklasse! und das Nachdem ihn der Eismeister mal für mal als Lottergoalie verteufelt.
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Kritiker 2.1
20.03.2025 13:23registriert März 2020
Ich finde, Klaus ist Boltsi eine Entschuldigung schuldig. Von wegen Lottergoalie... Mehr Geduld wäre angebracht gewesen; frei nach dem Motto "Nume nid gsprängt..." Klaus sollte den Spruch eigentlich kennen. 🤔
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dillinger
20.03.2025 11:28registriert Januar 2015
Diese Serie macht schon Spass. Bis auf die ersten knapp 40 Minuten im ersten Spiel total ausgeglichen. Bisher hätte jedes Spiel in die ein oder andere Richtung kippen können. Teilweise geht es hin und her, wie Gestern im letzten Drittel. Wenn es so weitergeht kann es auf beide Seiten kippen, ich hoffe natürlich auf das bessere Ende für meine Langnauer!
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