Die Hockey-Götter meinen es gut mit den Langnauern. Die ZSC Lions sind nicht mehr übermächtig. Mit Nicolas Baechler, Jesper Fröden, Rudolfs Balcers und Juho Lammikko fehlen mehr als 70 Skorerpunkte. Die Grippe! Und Torhüter Robin Zumbühl war doch grad bei der 2:4-Niederlage in Rapperswil-Jona ein Lottergoalie, der nur 86,36 Prozent der Pucks abgewehrt hat. Wahrlich, den Hockey-Göttern sei Dank. Jetzt, wo wir jeden Punkt brauchen, ist dieser Gegner auf Normalformat geschrumpft. Zweimal haben wir diese Saison gegen die Zürcher 0:1 verloren. Das wird nicht mehr passieren.
Es ist doch passiert. Die SCL Tigers verlieren 1:2. Trainer Thierry Paterlini suchte gar nicht erst nach Ausreden. «Nach zwei Dritteln war ich sicher, dass wir dieses Spiel gewinnen. Die drei Punkte lagen da, wir dominierten, wir mussten sie nur noch aufheben. Aber wir waren dazu nicht fähig.»
1:0 führten die Langnauer nach 40 Minuten und im Schlussdrittel dominierten sie mit 18:5 Torschüssen die Zürcher wie noch nie in der Geschichte. Aber sie verloren den letzten Abschnitt 0:2 und das Spiel 1:2. Stéphane Charlin liess 2 von 5 Pucks passieren. Auch das gab es noch nie.
Die Mutter, der Vater, der Onkel und die Tante der bitteren, unnötigen, unerklärlichen, unverdienten Niederlagen. Und das in der wichtigsten Phase der Saison. Es ist die Rückkehr der Dämonen des Januars und des Februars, die Langnau immer und immer wieder die Playoffs oder Pre-Playoffs (oder heisst es Play-In?) kosten. Dämonen sind die Handlanger der Hockey-Teufel und Gegenspieler der Hockey-Götter. Manch einem melancholischen Emmentaler mag es ob solcher Niederlagen scheinen, der Bocksfüssige aus den Zeiten der «Schwarzen Spinne» treibe sein Unwesen immer noch und nun eben im Hockey.
Wie konnte das passieren? Wer ist zu kritisieren? Niemand. Die Umstellung auf der Ausländerposition – im Zuge der Energieverwaltung stürmte Michal Kristof für Aleksi Saarela – spielte keine Rolle. Die bitter enttäuschten Fans haben ein überaus interessantes und lehrreiches Spiel erlebt.
Den Langnauern wird das Farmteam der ZSC Lions zum Verhängnis. Aus dem Farmteam (GCK Lions) sind Alessandro Segafredo (20), Daniel Olsson (19) und Kimo Gruber (19) nachgerückt und Joel Henry (21), auch einer, der bei den GCK Lions ausgebildet worden ist, bekommt fast dreimal so viel Eiszeit wie sonst. Sie sind keine offensiven Titanen und haben in der höchsten Liga zusammen noch nicht mehr als 20 Punkte gesammelt. Im richtigen Leben heisst es: Wer keinen Kopf hat, der hat Beine. Im Eishockey gilt: Wer nicht sooo viel Talent hat, der hat Beine. Es ist oft viel schwieriger, fleissige, mutige und lauffreudige Gegenspieler als etwas behäbige Stars als Gegenspieler zu haben.
Die ZSC Lions taumeln im Schlussdrittel einer sicheren Niederlage entgegen und gewinnen doch. Ein Vorteil: Die aus dem Farmteam stammenden «Lückenbüsser» wissen genau, was zu tun ist. Die ZSC Lions und die GCK Lions spielen nach dem gleichen taktischen Strickmuster. Und Cheftrainer Marco Bayer kennt sie sowieso. Er stand ja noch diese Saison an der Bande des Farmteams. Und er bringt es exakt auf den Punkt: «Es war ein Sieg der Teamleistung.»
Das mag eine oft gehörte, banale Aussage sein. Aber noch selten war sie so wahr. Und freuen konnte sich der ZSC-Trainer noch aus einem Grund: Auch er hat seinen Anteil am Erfolg. Mit einem überraschenden Time-Out kurz vor Spielhälfte verschaffte er seinen Männern eine dringend erforderliche Atempause. Genau in dem Moment, als Langnaus Spiel endlich Schwung und Fahrt aufgenommen hatte.
Die ZSC Lions wanken im Schlussdrittel immer bedrohlicher. Aber sie fallen nie auseinander. Die Ordnung löst sich nie auf. Kommt dazu, dass ja die Verteidigung nach wie vor prominent besetzt ist und Robin Zumbühl die Arbeit erleichtert wird. Der ZSC-Goalie wehrt 97,67 Prozent der Pucks ab. Er ist sogar besser als Stéphane Charlin (94,29 Prozent).
Die zwei Treffer, die Langnaus Goalie kassiert, sind das, was die Nordamerikaner treffend als «Lucky Bounces» bezeichnen. Was frei übersetzt so viel heisst wie glückliche Zufälligkeiten. Sie gehören zu einem unberechenbaren Spiel, das auf einer rutschigen Unterlage mit Stöcken ausgetragen wird. Treten sie gehäuft zu Ungunsten des gleichen Teams auf wie in diesem letzten Drittel, dann ist die Folge eine ärgerliche, unnötige, unerklärliche, bittere, unverdiente Niederlage. So ist es eben, wenn die Dämonen zurückkehren. Dass ausgerechnet Santtu Kinnunen den Siegestreffer erzielt hat, ist ein schwacher Trost für die Langnauer. Der Finne wird nächste Saison für die SCL Tigers verteidigen.
Am Freitag kommt der SC Bern nach Langnau. Neues Spiel, neues Glück, neue Ausgangslage. Die Hoffnung, dass in Bern ein bisschen Hochmut aufkommt, so nach dem Motto: Sooo schwierig wie befürchtet wird es wohl doch nicht. Der Charlin ist scheinbar auf Normalgrösse geschrumpft und ob der Fippu Wüthrich oder der Reideborn im Tor stehen, ist sowieso einerlei: Unser Goalie wird wohl doch nicht mehr Treffer zulassen als – wie heisst er doch schon? – ja, als dieser Robin Zumbühl.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Wie wir es auch drehen und wenden: Die Niederlage gegen die ZSC Lions war unter den besonderen Umständen letztlich eine Überraschung. Am Freitag wäre ein Sieg gegen den SC Bern hingegen unter den besonderen Umständen keine Überraschung mehr und ein erster Schritt zur Vertreibung der Dämonen des Januars und Februars.
PS: Spätestens im Verlauf der nächsten Woche sollen gemäss Trainer Marco Bayer alle zurzeit wegen Grippe nicht einsatzfähigen Spieler wieder fit sein. Die ZSC Lions sollten also am 18. Februar um 20.25 Uhr im eigenen Hockey-Tempel zum Final der Champions Hockey League gegen Färjestad in Bestbesetzung antreten können.