Es geht nur um vier Meter. Was sind schon vier Meter im Vergleich zum Umfang der Erde? Nun, im Hockey trennen sie Welten.
Die NHL spielt seit Anbeginn der Zeiten auf Eisfeldern, die vier Meter schmäler sind (26 Meter) als die europäischen (30 Meter). Bis heute ist jede WM und jedes Olympia-Turnier mit Ausnahme von Vancouver 2010 auf den 30-Meter-Eisbahnen gespielt worden.
In Peking wird nun erstmals ein Titelturnier ohne NHL-Beteiligung auf NHL-Eisbahnen gespielt. Die Auswirkungen sind positiv: Das Spiel wird «verdichtet», intensiver, geradliniger und spektakulärer. Kreisen in den Ecken draussen ist nicht mehr möglich. Wer erfolgreich sein will, muss geradlinig nach vorne spielen und sofort nach dem Eindringen in die gegnerische Offensivzone den Abschluss suchen.
Das soll künftig immer so sein. Der internationale Eishockey-Verband (IIHF) hat beschlossen und offiziell verkündet, dass die WM 2022, 2023, 2024, 2025 sowie das olympische Turnier 2026 in Italien auf den NHL-Eisfeldern gespielt werden. Logisch wäre, wenn das dann auch bei der WM 2026 in Zürich und Fribourg so sein wird.
Diese Entscheidung ist noch unter der Führung von IIHF-Präsidenten René Fasel gefällt worden. Der IIHF-Vorsitzende mit Rekord-Amtszeit (1994 bis 2022) hatte stets die sportliche Entwicklung im Auge. Er hat die Abschaffung des Zweilinienpasses (Redline Offside) und die Einführung von «Null-Toleranz» (striktes Durchsetzen der Regeln, insbesondere bei Halten und Haken) orchestriert. Massnahmen, die das Spiel geöffnet und schneller und attraktiver gemacht haben. Das Eishockey ist heute so gut wie noch nie.
Die Umstellung auf die 26-Meter-Masse nach NHL-Vorbild ist im Zuge dieser Dynamisierung des Eishockeys zu sehen. Doch dagegen sträuben sich die Finnen. Der Grund: Sie rechnen sich auf den breiteren Eisfeldern bei der WM 2022 viel bessere Titelchancen aus.
Die Finnen haben die Schweden als taktische Hexenmeister längst abgelöst. Wie effizient das Spiel auf dem grossen Eisfeld mit der finnischen Defensiv-Taktik blockiert werden kann, ist in unserem Hockey wohlbekannt: Unter dem finnischen Trainer Kari Jalonen hat der SCB mit langweiligem Schablonen-Hockey 2017 und 2019 den Titel geholt und dreimal in Serie die Qualifikation gewonnen.
Also weibeln die Finnen, um die WM im eigenen Land (13. bis 29. Mai 2022) auf 30-Meter Eisbahnen spielen zu können.
Geht das überhaupt? Müsste dann nicht das Council (das IIHF-Führungsgremium) bei der nächsten Sitzung im März in Paris einen entsprechenden Beschluss fassen und seine eigene Entscheidung korrigieren?
Die Frage geht an René Fasel, unter dessen Führung die Umstellung auf die NHL-Eisfelder beschlossen worden ist. Er sagt auf Anfrage: «Der Council-Entscheid müsste tatsächlich umgestossen werden.» Der Entscheid sei dokumentiert. Mithin also wasserdicht.
Ist das so? Neu ist SCB-Obersportchef Raeto Raffainer ins IIHF-Council eingezogen und kümmert sich dort vor allem um die sportlichen Belange. Er sagt: «Wir suchen ein Dokument für diesen Entscheid. Aber wir finden es nicht …» Wird das Papier nicht gefunden, gibt es keinen IIHF-Beschluss und die Finnen können ihre WM doch noch auf dem 30-Meter-Eisfeld spielen.
Hat jemand das entsprechende Dokument «entsorgt»? Hat René Fasels Nachfolger Luc Tardif den Laden nicht im Griff? Ein solches Hüst und Hott in einer derart wichtigen sportlichen Angelegenheit auf höchster hockeypolitischer Ebene kann ohne Boshaftigkeit tatsächlich so interpretiert werden.
Der Hintergrund: Die Finnen haben sich für die Wahl des kanadisch-französischen Doppelbürgers ins IIHF-Präsidium starkgemacht. Ohne die Finnen wäre Luc Tardif nicht IIHF-Präsident geworden.
Nun fordern die finnischen Hockey-Generäle vom neuen IIHF-Boss sozusagen die «Wahl-Dividende» ein: Wir haben dir zur Wahl verholfen und du sorgst jetzt dafür, dass wir bei unserer WM nicht auf NHL-Eisfeldern spielen müssen.
Ein Politikum also. Bereits zeichnet sich eine Kompromisslösung ab: Luc Tardif will den Finnen erlauben, die WM in Helsinki und Tampere auf einer Eisbahn mit der Breite von 28 Metern auszutragen. Grundsätzlich erlauben die Reglemente diesen faulen Kompromiss.
Luc Tardif verrät schon beim ersten wichtigen Traktandum Führungsschwäche. Wenn sich die Finnen nicht an einen offiziellen IIHF-Beschluss halten müssen, dann werden auch die Organisatoren der WM-Turniere 2023, 2024, 2025 und der Olympischen Spiele 2026 Sonderwünsche anbringen – und durchsetzen.
Dabei wäre es ganz einfach: Der Beschluss wird umgesetzt. Punkt. Ab jetzt wird bei allen Titelturnieren auf Eisbahnen nach NHL-Massen (26 Meter) gespielt. Und noch besser wäre eine gesamteuropäische Umstellung auf die NHL-Norm in allen wichtigen Ligen Europas.
Die Argumente sind eigentlich zwingend: Erstens ist die NHL das grosse Ziel. Dieses Ziel ist für die Spieler einfacher zu erreichen, wenn sie vom Juniorenalter an auf Eisbahnen nach NHL-Norm spielen. Es kann auf Dauer nicht sein, dass in Europa Eishockey nicht auf den gleichen Grundlagen gespielt wird wie in der besten und wichtigsten Liga der Welt.
Zweitens: Das Eishockey ist auf den kleineren NHL-Feldern intensiver, spektakulärer und besser.
Für unser Nationalteam wäre es hingegen von Vorteil, wenn auch künftig auf den grösseren europäischen Eisfeldern gespielt wird. Gerade die beiden ersten Partien hier in Peking – 0:1 gegen Russland, 1:2 n.P. gegen Tschechien – haben gezeigt, dass die Schweizer Spieler aus unserer Liga (also nicht die NHL-Profis) auf dem NHL-Eisfeld zwar defensiv stabil sind. Aber sie haben grosse Mühe, direkt, schnell und schnörkellos vorwärts zu spielen.
Die Schweizer freuts, wenn die Finnen diesen Machtkampf gewinnen.
Das Schlusswort überlassen wir René Fasel. Er sagt, er sei ein grosser Befürworter der Umstellung auf die NHL-Norm. Er wolle sich aber in dieser Angelegenheit nicht mehr öffentlich äussern. Er sei ja nicht mehr Präsident.
Wenn aber das Papier, auf dem dieser Beschluss festgehalten ist, fehlt, gibt es auch keinen solchen Beschluss.
Hat allenfalls Luc Tardif, ähnlich wie Donald Trump, mit einem wichtigen Dokument seine Toilette verstopft?😉
Unglaublich diese Amateure, und das in einem Weltverband.
Es scheint aber auch hektischer, zufälliger und unkontrollierter. Das Stock-Handling und die Puckkontrolle sind das A und O. Als Zuschauer aus der Ferne von weit oben im Stadion sind das die Dinge welche nicht sichtbar sind. Damit verkommt der Stadionbesuch wie in der NHL zum Ess- und Trinkevent. Am TV kann ich den Super-Technikern in Nahaufnahme folgen, dort ist es eindrücklich. Schade wenn wir unsere Felder aufgeben.