Begegnung mit Ex-SCB-Trainer Jussi Tapola: «Die Entlassung kam unerwartet»
Der SCB hat Jussi Tapola am 1. Oktober – am Tag nach der 1:5-Heimniederlage gegen Gottéron – nach nur 9 Partien (6 Niederlagen) gefeuert. Nun steht der Finne in Tampere wieder an der Bande. Als Assistent des finnischen Nationaltrainers Antti Pennanen.
Er sieht entspannter, besser aus als zuletzt in Bern. Und freut sich sichtlich über einen kleinen Schwatz im Bauch der Nokia-Arena zu Tampere. Hier hat er – abgesehen vom Abstecher zum chinesischen KHL-Team Kunlun – seine ganze Karriere als Cheftrainer verbracht und zwischen 2014 und 2023 an der Bande von Tappara Tampere mit vier Meistertiteln und dem Gewinn der Champions League ewigen Ruhm erworben.
Beim SCB war ihm kein Ruhm beschieden. Aber das ist vorbei und vergessen. Bestens gelaunt erzählt der geschasste SCB-Trainer, nach der Entlassung sei alles bestens geregelt worden. Der Chronist entgegnet, das sei seit Jahren so Brauch in Bern. Der SCB habe Stil, darauf lege Marc Lüthi wert. Er pflege im Falle einer Trainerentlassung Fairness und zügige Erledigung zur Zufriedenheit aller. Marc Lüthi sei ja inzwischen einer der routiniertesten «Trainer-Entlasser» Europas geworden.
Jussi Tapola sagt rückblickend: «Die Entlassung kam für mich unerwartet.» Und präzisiert: «Natürlich muss ein Coach immer damit rechnen. Aber wenn es dann passiert, dann hat man nicht damit gerechnet.» Gab es denn keine Anzeichen für das heraufziehende Unheil? «Natürlich waren die Resultate nicht so, wie sie sein sollten. Aber ich war so konzentriert auf die Arbeit mit der Mannschaft, dass ich gar keine Anzeichen wahrgenommen habe. Die Zusammenarbeit mit den Spielern war immer sehr gut.»
Er sei nach der Partie gegen Gottéron zum üblichen Meeting nach einem Spieltag nichtsahnend zum Stadion gefahren. «Da ist mir dann die Entlassung eröffnet worden.» Und fügt an: «Aber es war eine Entlassung mit Stil. Ich habe die Gelegenheit bekommen, mich persönlich von den Spielern zu verabschieden und mich zu bedanken.» Hält kurz inne, lacht und fügt schon fast ein wenig stolz an: «Ich war ja immerhin zwei Jahre in Bern…» Der Chronist pflichtet ihm bei: Das sei wahrlich schon fast eine Ewigkeit.
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Mag ja sein, dass es für die, die unter ihm dienen, wenig zu lachen gibt. Aber es dürfte pure Bosheit sein, wenn erzählt wird, Jussi Tapola habe sich beim SCB vom taktischen Lehrer zum taktischen Polizisten und schliesslich zum taktischen Diktator entwickelt. Sicher ist: Wer nicht unter Jussi Tapola arbeiten muss und das Privileg hat, sich ab und an mit ihm zu unterhalten, der weiss nicht nur seine Fachkompetenz zu schätzen. Sondern auch seinen Optimismus und vor allem seinen feinen Sinn für Humor und Selbstironie.
Er ist seit 2014 als Cheftrainer im Profi-Geschäft und die Entlassung in Bern war seine erste im europäischen Hockey-Business. Er ist zwar am 18. Januar 2019 bereits einmal abgesetzt worden. Aber das war im Rahmen eines bloss einjährigen Abstechers zum chinesischen KHL-Klub Kunlun und kann dem Kapitel «Hockey-Exotik» zugeteilt werden. Von Chinesen gefeuert zu werden ist eigentlich gar nichts im Vergleich zu einer währschaften Amtsenthebung im Reich von Marc Lüthi.
Pläne hat Jussi Tapola keine und darben muss er nicht: Der SCB hat seinen Ende Saison auslaufenden Vertrag entschädigt. «Angebote habe ich noch keine bekommen und ich bin sehr froh, dass ich als Assistent für die Nationalmannschaft arbeiten kann. So bleibe ich im Eishockey.» Die nächsten Fixtermine sind die Länderspiele mit Finnland und als Highlight die WM im Mai in der Schweiz.
Eigentlich hätte er nun Zeit, um im Februar den Nationaltrainer auch beim olympischen Turnier zu assistieren. Aber dort wird Servette-Cheftrainer Ville Pelltonen als Assistent an der Bande stehen. «Wir haben die Planung bereits vor der Saison gemacht und nun ändern wir nichts mehr.» Er habe bei dieser Planung aufs olympische Turnier verzichtet, weil er den SCB während der Olympiapause auf die Schlussphase der Qualifikation und die Playoffs vorbereiten wollte. So ist das halt: Der Mensch denkt, der unberechenbare «Hockeygott» lenkt.
P.S. Nach wie vor ist Jussi Tapola davon überzeugt, dass die Mannschaft viel mehr Potenzial hat als es der zweitletzte Platz vermuten liesse.
