Es ging bei den Klubvertretern der beiden höchsten Ligen noch um zwei Namen: um den nicht ganz unumstrittenen ehemaligen «Migros-General» Anton Gäumann (63) und die Handball-Legende Stefan Schärer (58).
Nun ist der Entscheid bereits gefallen: Mit überwältigender Zustimmung wird Stefan Schärer der Generalversammlung des Verbandes als Kandidat für die Nachfolge von Michael Rindlisbacher (67) präsentiert. Damit dürfte er, wenn nicht noch das Münster in den Bärengraben fällt, im September neuer oberster Hockey-Funktionär werden.
Anton Gäumann hat nur eine Stimme von einem ihm nahestehenden Klub erhalten, dem er einst in Sponsorenfragen gewogen war. An seinen Führungsqualitäten ist er nicht gescheitert. Aber die Befürchtungen, er sei für das auch diplomatisch-kommunikativ höchst anspruchsvolle Amt eines Verbandspräsidenten zu hemdsärmlig, vermochte er bei seiner Präsentation nicht zu zerstreuen. Er hat nur eine einzige Stimme erhalten. Von einem Klub, dessen Name dem Chronisten gerade entfallen ist.
Stefan Schärer ist damit auf der Zielgeraden. Von ihm wird erwartet, dass er endlich den unter Michael Rindlisbacher immer stärker schwelenden Konflikt zwischen National League und Verband beendet, unser Hockey politisch wieder einigt und die enormen Energien unserer Hockey-Kultur bündelt und positiv umsetzt.
Eine Durchlüftung der Verbands-Büros wird unumgänglich sein. Das bedeutet für den neuen Obmann: Politischer und führungstechnischer Rock’n’Roll zum Auftakt und dann der Übergang in ruhigere Zeiten mit einigen schönen Abwechslungen wie der Hockey-WM 2026 in Zürich und Fribourg.
Stefan Schärer gilt als führungsstarker Macher im Schafspelz eines smarten Diplomaten und Kommunikators. Was dazu führen kann, dass er hin und wieder unterschätzt wird. Diesen Fehler haben – so geht die Legende – auch berühmte Handballtrainer gemacht. Sie verloren den Machtkampf gegen den Captain. Stefan Schärer war schon als Spieler eine starke Persönlichkeit.
Nationaltrainer Patrick Fischer muss unter dem neuen Präsidenten nicht um sein Amt bangen. Die neue Generallinie: Bei der WM 2024 in Prag in den Halbfinal, dann automatische Verlängerung des 2024 auslaufenden Vertrages bis zur WM 2026 in der Schweiz. Leistungsprinzip. Punkt.
Hingegen wird es für die «Entourage» von Patrick Fischer schwierig. Sportdirektor Lars Weibel und Verbands-Geschäftsführer Patrick Bloch haben die Klubvertreter gegen sich und der neue – noch zu wählende – Präsident ist der Mann der Klubvertreter.
Die Geschichte lehrt uns: Tiefgreifende Veränderungen – und die sind im Verband unumgänglich – erfordern in der Regel personelle Konsequenzen.
Ein Vorteil von Stefan Schärer ist nicht nur seine Erfahrung als erfolgreicher Unternehmer, der sich bei verschiedenen Start-Ups vorzüglich bewährt hat. Er kommt aus der sportlichen Handballkultur und die war noch nie mit Geld überdüngt. Er weiss aus eigener Erfahrung, dass es im Sport nicht nur um Geld und Ruhm, sondern auch um die nachhaltige Förderung des Amateurbereichs geht. Er kann der so dringend benötigte Vermittler zwischen dem brummenden Profi-Hockey-Geschäft und den Gesamtinteressen der Hockey-Kultur sein.
Eine Handball-Legende wird oberster Hockey-Boss. Kann das gut gehen? Die Antwort auf diese eingangs gestellte Frage: Ja, es kann sehr, sehr gut gehen. Stefan Schärer kann zum Glücksfall für unser Profi- und Amateurhockey, für unsere gesamte Hockey-Kultur werden.