Wer nach 50 Spielen am meisten Punkte hat, verdient Lob und Preis. Aber mehr nicht. Und vor allem keinen meisterlichen Ruhm. Seit 1986 wird der Titel im Playoff-Modus vergeben. Die Zusammenstellung der Teams und der Trainingsaufbau sind auf dieses Ziel ausgerichtet. Wer Meister werden will, sagt: Qualifikationssieger – na und?
Dass heute im Rahmen der Liga-Versammlung in Ittigen (BE) überhaupt darüber abgestimmt wird, ob die ZSC Lions als Qualifikationssieger zum Meister gemacht werden sollen, ist ein Ärgernis. Die Zürcher müssten eigentlich so viel Grandezza und Noblesse haben, von sich aus auf so billige Lorbeeren zu verzichten. Und sollten sie in ihren Sponsoren-Verträgen Meister-Prämien eingebaut haben und deswegen nach meisterlichem Ruhm streben – dann müssen wir sagen: die Zürcher verkaufen sportliche Ehre für ein paar Silberlinge.
Meister zu sein ist die höchste Ehre im Sport. Diese Ehre darf nicht an den Qualifikationssieger verschenkt werden. Wenn nun die ZSC Lions auf Augenhöhe mit den Meistern seit 1986 im Geschichtsbuch geführt werden, dann ist es eine Abwertung aller bisherigen Titel seit Einführung der Playoffs. Um Meister zu sein, genügt es nicht, am Schluss die letzte Partie gegen den EV Zug zu gewinnen. Gewiss, das war so etwas wie ein «Final».
Aber wer nach einem Sieg über Zug in einem Spiel, in dem es um etwas geht, meisterlichen Ruhm beansprucht, macht sich eigentlich fast lächerlich. Wir wissen ja: geht es um etwas, verliert Zug.
Aber es gibt noch etwas viel Wichtigeres: die meisterliche Ehre hat unbefleckt, wahr und klar zu sein. Und das ist sie nicht, wenn die ZSC Lions zum Meister ausgerufen werden. Es wäre Betrug am HC Davos.
Der HC Davos wäre mit zwei Dreipunkte-Siegen in den letzten beiden Runden gegen Schlusslicht Rapperswil-Jona und Vize-Schlusslicht Ambri Qualifikationssieger geworden. Wäre klar gewesen, dass der Qualifikationssieger auch Meister werden kann, hätten Sportchef Raëto Raffainer und sein Trainer Christian Wohlwend mit ziemlicher Sicherheit anders disponiert.
Im Hinblick auf die Playoffs hat der HCD in diesen letzten beiden Partien wichtige Spieler (auch Ausländer) geschont. Und prompt in Rapperswil-Jona verloren (0:3). Raëto Raffainer sagt: «Ob wir tatsächlich beide Partien gewonnen hätten, wenn wir mit der bestmöglichen Mannschaft angetreten wären, ist reine Spekulation. Aber es ist schon so: wir hätten in anderer Aufstellung gespielt.»
Und was ist eigentlich mit Servette, das noch nie Meister war und den Qualifikationssieg nur um drei Punkte verfehlt hat? Eben. Wir wollen gar nicht mehr weiter grübeln.
Die ganze Qualifikation wäre anders gelaufen, wenn von allem Anfang an klar gewesen wäre, dass der Sieg in der Qualifikation auch den Titel bringen kann. Und es wäre auch etwas anderes, wenn im Reglement stehen würde, dass der Qualifikationssieger Meister wird, wenn die Playoffs nicht gespielt werden. Dann könnten die Zürcher mit gutem Recht sagen: «Wir haben die Reglemente eben gelesen und deshalb alles getan, um die Qualifikation zu gewinnen.»
Noch schlimmer ist es mit dem Antrag, Kloten als Qualifikationssieger und Playoff-Halbfinalisten am grünen Tisch aufsteigen zu lassen. Da es ja keinen Absteiger gibt, müsste die nächste Saison mit 13. Teams gespielt werden. Was kein Problem wäre. Aber Aufstieg am grünen Tisch für eine Mannschaft, die nicht einmal regulär Meister der Swiss League geworden ist, ja noch nicht einmal den Playoff-Final in der zweithöchsten Liga erreicht hat? Absurd.
Der SCB, der 1986 am grünen Tisch aufgestiegen ist, war wenigstens NLB-Playoff-Finalist und jemand musste ja nachrücken, um das freiwillig in die 1. Liga abgestiegene Arosa zu ersetzen. Und trotzdem war dieser Aufstieg nicht ruhmreich. Aber gut für unser Hockey.
Höhere Umstände haben das vorzeitige Ende der Saison 2019/20 provoziert. Das reicht. Es kann nicht sein, dass nun höhere Umstände auch noch für das Einheimsen von billigem Ruhm und grober Unsportlichkeit missbraucht werden.
Kein Meister und kein Aufsteiger 2020. Punkt. Habe fertig.
Ausserdem heisst es nicht, dass sie mit besserer Aufstellung gewonnen hätten, wie z.B. die Niederlage im Cupfinal gezeigt hat.