Es ist die Szene, die während des Finals beim Spengler Cup zwischen Davos und Pardubice am meisten zu reden gibt. Eigentlich ist zu diesem Zeitpunkt für den HCD alles in bester Ordnung. Das erste Drittel ist gerade zu Ende gegangen und die Bündner führen mit 1:0.
Doch aus irgendeinem Grund scheint HCD-Trainer Josh Holden überhaupt nicht glücklich zu sein. Er packt seinen slowakischen Stürmer Tomas Jurco am Trikot, zieht ihn nach hinten und schreit ihn lauthals an. Seine Message: «Bleib aktiv, bleib aktiv, bleib aktiv!».
Stell Dir vor, Christian Wohlwend (letzte Saison in der Altjahrswoche noch beim HCD, jetzt bei Ajoie) oder ZSC-Trainer Marc Crawford hätten sich vor laufenden TV-Kameras so aufgeregt. Gross wäre das Geschrei: Sie können es eben nicht lassen! Unerhört, ein solcher Ausraster vor laufenden TV-Kameras! Das kann sich der ZSC einfach nicht leisten! Wie lange hält Ajoie Wohlwend noch aus? Oder noch viel besser: Ach, wie würde es rocken, wenn Todd Elik oder Chris DiDomenico in der Rolle als Trainer so austicken würden.
Bei Josh Holden hält sich die Aufregung in engen Grenzen. Als Spieler war der inzwischen eingebürgerte Kanadier hin und wieder ein Hitzkopf und hat es bei Gottéron auf über 200 Strafminuten gebracht (211 Minuten 2005/06) und auch in Langnau einmal über 100 Minuten auf dem Sündenbänklein verbracht (120 Minuten 2008/09). Seine Rekordmarke während zehn Jahren in Zug: 99 Strafminuten in seiner zweitletzten Saison (2016/17), als er das Team als Captain führte.
Einen Ruf als Kult-Bösewicht oder -Provokateur wie einst Elik oder heute hin und wieder DiDomenico hatte Holden nie. Seine Reputation: ein leidenschaftlicher Siegertyp. So wird es verständlich, dass sein Temperamentsausbruch beim Spengler Cup keine ligaweite Polemik auslöst.
Es ist wie im richtigen Leben: Wenn zwei oder drei das Gleiche tun, ist es nicht dasselbe. Wenn hingegen Coaches den Ruf haben, Hitzköpfe zu sein – wie Christian Wohlwend oder Marc Crawford mit TV-dokumentierten Zornesausbrüchen gegen die Schiedsrichter – dann wird jede Emotion auf die Goldwaage gelegt. Bei Josh Holden gibt es bloss ein paar Reaktionen im Ozean der sozialen Medien.
Aber was war nun los auf der HCD-Spielerbank? Verschwörungstheorien gibt es reichlich: Josh Holden und Tomas Jurco sind sich spinnefeind. Deshalb wechselt der slowakische Nationalstürmer in die KHL. Er flieht vor dem garstigen Trainer nach Russland. In der HCD-Kabine steht trotz Spengler Cup-Triumph nicht alles zum Besten. Davos muss ja um die direkte Playoff-Qualifikation bangen. Holden steht unter Druck und hat deshalb eine kurze Zündschnur. Und so weiter und so fort.
Der Sportchef ist der Mann, dem es obliegt, den Kabinenfrieden zu wahren und Konflikte früh zu erkennen. Er kann die Szene am besten auflösen. Die Frage geht also an HCD-Sportchef Jan Alston: Was war da los? Gab oder gibt es ein Problem? «Nein», sagt Jan Alston. «Es gibt keinen Konflikt. Die Angelegenheit ist in der Pause in der Kabine kurz besprochen und gleich erledigt worden.»
Aber könnte es nicht sein, dass Josh Holden den Spieler nicht mag, weil er den HCD nun nach dem Spengler Cup verlässt? «Nein, das spielt keine Rolle. Tomas hatte bei uns nur die Rolle eines Ersatzausländers und bekommt eine Chance in der KHL. Wir haben diesen Wechsel lange vor dem Spengler Cup mit dem vollen Einverständnis des Trainers eingefädelt und einigten uns darauf, dass er für uns das Turnier noch bestreitet.»
Aber auf den TV-Bildern sieht die Szene eben doch dramatisch aus. «Ja, das mag sein», beruhigt Alston. «Aber es sieht optisch viel dramatischer aus, als es tatsächlich war. Josh hat Tomas einfach dazu aufgefordert, aktiv zu bleiben.» Diese Erklärung ist hockeytechnisch absolut glaubhaft: Wer gegen den Tabellenführer der tschechischen Meisterschaft 1:0 in Führung liegt, darf keine Sekunde passiv spielen. Tut es ein Spieler doch, regt sich der Trainer zu Recht auf und korrigiert. Das ist besser, als den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen und dann krachend unterzugehen. Ein guter Coach spürt seine Spieler. Vorbeugen ist besser als heilen.
Also: Alles nur eine optische Täuschung und eigentlich ist das Fernsehen «schuld». Weil es mit den TV-Bildern die ganze Aufregung ausgelöst hat. Kommt dazu: Josh Holden sieht mit Bart halt schon ein bisschen strenger und «böser» aus als beispielsweise sein Zuger Lehrmeister Dan Tangnes, Berns Jussi Tapola, Ambris Luca Cereda ohne Bart oder Gottérons Christian Dubé in seinen bunten Gewändern.
Wer weiss: Glatt rasiert oder extravagant gekleidet würde Josh Holden auf den TV-Bildern nicht so «böse» wirken. Eigentlich logisch: Die Kinder würden den Samichlaus ohne Bart und in modischer Aufmachung auch nicht fürchten.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Es geht nicht immer mit der Fühl mich spühr mich Methode.
So etwas kommt immer wieder vor, nur ist nicht bei jedem Spiel eine Kamera auf der Spielerbank.