Fribourg Gottéron hat mit ziemlicher Sicherheit so viel zur Belebung und zur Popularität unserer Hockeykultur beigetragen wie jedes Meisterteam der Playoff-Ära (seit 1986). Denken wir nur an die russischen Flugjahre mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow. Gottéron ist nicht nur eine Hockey-Firma. Gottéron ist ein Unternehmen der Unterhaltungsbranche und gehört zur Kultur des Kantons Fribourg wie der Eiffelturm zu Paris. Und ganz nebenbei: Es gab eine Zeit, da galt Fribourg als kleine Schwester von Paris. Das ist aber mehr als 200 Jahre her.
Braucht Gottéron einen Meistertitel, um glücklich zu sein? Nein. Wovon sollen die leidenschaftlichen Fans träumen, wenn dieser Traum in Erfüllung gegangen ist? Wird Gottéron Meister, gibt es im Grunde keinen Unterschied mehr zum SCB, zum HCD, zu den ZSC Lions, zu Langnau, zu Lugano, zu Zug, zu Biel, zu Kloten und zu Servette. Nicht Meister zu sein, gehört zum ganz besonderen Charme von Gottéron und von Ambri.
Was ist das Fundament eines Meisterteams? Die Defensive. Seit ewigen Zeiten gilt: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften. Nun ist Gottéron kein defensives Lotterteam. Ganz im Gegenteil. Reto Berra ist an einem guten Abend der beste Torhüter der Liga und Cheftrainer Christian Dubé hat das Spiel gut strukturiert. Und doch: Eine meisterliche Verteidigung hatte Gottéron bis heute im entscheidenden Moment nie. Es hat einfach nie gepasst. Mit einem Goalie wie Reto Berra wäre Gottéron in den 1990er-Jahren mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow dreimal Meister geworden. Aber Dino Stecher war halt nicht der Reto Berra der 1990er-Jahre.
Gottéron ist keine Titel-, sondern eine Traumfabrik. Beste Unterhaltung zwischen September und März und eine kurze Phase der Enttäuschung im April. Weil es halt wieder nicht zum Titel reicht. Volles Haus und Rock ’n’ Roll zwischen September und März ist für die Seele und für die Kasse mindestens so gut oder vielleicht sogar besser als ein kurzer Playoff-Wahn im April mit einer Meisterfeier, die Erwartungen für die Zukunft weckt, die nicht erfüllt werden können. Ein Titel für Gottéron wäre ein kurzer Wahn mit langer Reue.
Nun kennen wir also Gottérons DNA. Was ist besser: Für fünf Jahre einen Defensiv-Verteidiger oder für fünf Jahre einen offensiven Nonkonformisten zu verpflichten? Natürlich einen offensiven Nonkonformisten.
Der mit grossem Abstand beste offensive Nonkonformist unter den Verteidigern auf dem Markt war Biels Yannick Rathgeb. Kein anderer Verteidiger mit so viel Talent geht so grosse spielerische und taktische Risiken ein. Aber auch kein anderer Verteidiger ist so wie er dazu in der Lage, mit einem Rush oder einem Pass den Lauf eines Spiels zu verändern. Wer unberechenbar ist für den Gegner, ist es manchmal halt auch für die eigene Mannschaft. Kein Wunder, dass er von Nationaltrainer Patrick Fischer noch nie für ein WM-Team aufgeboten worden ist und auch nie mit einem WM-Aufgebot rechnen darf. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird er als talentiertester Schweizer Verteidiger ohne WM-Teilnahme und Meistertitel in die Geschichte eingehen.
Yannick Rathgeb ist so gesehen der perfekte Transfer für Gottéron, ja der perfekteste der ganzen Liga und gefühlt der beste der Ära von Christian Dubé, die 2015 begonnen hat. Und Gottéron ist der beste Arbeitgeber für Yannick Rathgeb. Von 2015 bis 2018 hat er bereits für Gottéron verteidigt. Seine bisher produktivste und spektakulärste Saison spielte er 2016/17 für Gottéron. 45 Spiele, 11 Tore (Rekord), 23 Assists (Rekord), 34 Punkte (Rekord), 115 Strafminuten (Rekord) und eine Minus-21-Bilanz (Rekord). Wahrlich, das ist der wahre Yannick Rathgeb. In Biel ist er seriöser, fast zu seriös geworden und hat gar schon drei Saisons mit einer Plus-Bilanz absolviert und aktuell ist er auch unterwegs für eine Plus-Bilanz (+6). Aber bisher sind es erst 9 Punkte in 17 Partien. Den Gottéron-Rekord wird er nicht erreichen.
Yannick Rathgeb kehrt nächste Saison für fünf Jahre heim zu Gottéron. An den Ort seiner Bestimmung. Wenn Biels Trainer Petri Matikainen Sinn für Hockey-Kultur und Hockey-Romantik hat, lässt er Yannick Rathgeb in der verbleibenden Zeit bei Biel öfter mal mit Luca Christen verteidigen. Beide sind in Langenthal ausgebildet worden und ein Verteidiger-Paar aus Langenthal in der höchsten Liga wäre ein schöner Trost, eine Aufmunterung und auch ein Zeichen der Anerkennung für die durch anhaltendes unglückliches Management ruinierte Langenthaler Hockey-Kultur.
Der SC Langenthal ist ja freiwillig und ohne Not in die höchste Amateurliga abgestiegen und nun droht den Langenthalern in der MyHockey-League gar die sportliche Relegation. Soeben haben sie auch noch das Derby gegen Lokalrivale Huttwil vor mehr als 1000 Fans kläglich 0:5 verloren.
Da bleiben als Trost nur noch die Heldentaten von Yannick Rathgeb und Luca Christen.
Wahrscheinlich wollte er aber unbedingt zu DiDo wechseln, damit er öfter mit DiDo ein Schwätzchen vor den Garderoben halten kann wie letzte Saison in Bern. 😉