SCB-Manager Marc Lüthi brachte es auf den Punkt. «Wenn man eine Serie planen könnte – ich betone: wenn eine Serie planbar wäre – dann würde man es genau so planen wie dieses Viertelfinale gegen Lausanne…» Dramatik und Spannung kompensierten das fehlende spielerische Spektakel. Der Berner Siegestreffer zum 2:1 fiel in der Verlängerung, in der 70. Minute.
Die Titanen haben sich am Ende also doch durchgesetzt. Bei aller Dramatik, bei allen «wenn» und «aber», «hätte» und «könnte». Das Viertelfinal-Märchen konnte gar nicht anders enden als mit einem Sieg der Berner und der Zürcher.
Lausannes Trainer Heinz Ehlers ist ein Realist. Der Trainer des Jahres hat kürzlich die höhere Wahrheit unseres Profihockeys treffend formuliert. «Über eine längere Zeit hinweg spielt das Geld eine entscheidende Rolle. Es ist kein Zufall, dass in den letzten 14 Jahren nur noch Lugano, Davos, der ZSC und der SCB Titel gewonnen haben. Mehr Geld bedeutet mehr Qualität auf allen Ebenen und das wirkt sich am Ende einer Meisterschaft aus.»
Es ist also kein Zufall, dass sich der SC Bern und die ZSC Lions am Ende durchgesetzt haben. Der Aussenseiter kann fehlendes Talent mit Emotionen oder mit Taktik nicht sieben Spiele lang wettmachen. Spätestens im 7. Spiel wird aus einer Serie der Emotionen eine Serie der Energie – und ein Titan hat immer mehr Energie. Deshalb hat es bis heute nie ein «Kleiner» geschafft, über sieben Spiele einen Titanen im Viertelfinale aus den Playoffs zu kippen.
Biel überraschte den Meister sechs Spiele lang mit Mut, Dynamik und offensiver Frechheit. Lausanne tat das Gegenteil und blockierte mit perfektem Defensivsystem das Spiel des zaudernden SC Bern bis in die Verlängerung des 7. Spiels. Die Berner liessen sich vom Gegner die Taktik aufzwingen. Sie spielten das Hockey, das Lausannes Trainer wollte. Und die Frage sei erlaubt: Was wäre das Ergebnis, wenn Heinz Ehlers einmal eine Mannschaft mit dem Potenzial des SC Bern zur Verfügung hätte? Ganz einfach: eine Meisterfeier.
Der SCB ist bei Weitem gut genug, um einen Gegner wie Lausanne durch permanenten Druck mit vier Linien zu zermürben und hätte diese Serie in fünf Spielen entscheiden müssen. Aber die Berner verzichteten auch noch im 7. Spiel freiwillig auf ihre überlegenen spielerischen Qualitäten. Die Angst vor einem Fehler war immer grösser als der Mut zur spielerischen Kreativität. Elf Minuten Powerplay blieben ohne zählbares Ergebnis und 50 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit musste der Favorit den Ausgleich (1:1) hinnehmen. Das letzte Drittel hatte Lausanne gegen den grossen, mächtigen SCB im ausverkauften Hockeytempel mit 8 zu 5 Torschüssen dominiert.
Die ZSC Lions spielten in diesem Viertelfinale das schönere, elegantere Hockey als der SCB. Aber sie vermochten dem mutigen, frechen Aussenseiter erst im 7. Spiel davonzulaufen. Beide Titanen waren in diesem Viertelfinale ins Wanken geraten. Aber sie stürzten nicht. Es hat seine Logik, dass SCB-Ersatzausländer Jesse Joensuu die Entscheidung herbeiführte. Der SCB hatte die Mittel, um einen tauglichen Ersatzausländer zu verpflichten. Lausanne hätte diese Serie vielleicht gewonnen, wenn es vier gute Ausländer gehabt hätte. Aber der Kanadier Colby Genoway war ein Ausfall.
Beide Serien hatten den Kulminationspunkt im 4. Spiel erreicht. Für eine ganz kurze Zeit öffnete sich für Biel und Lausanne das Fenster zur Sensation. Aber Lausanne brachte ein 1:0 und Biel ein 2:0 nicht über die Zeit. Eine Niederlage in dieser vierten Partie hätten die ZSC Lions und den SC Bern in den Grundfesten erschüttert.
Aber die Titanen verloren eben dieses 4. Spiel nicht. Das tief sitzende Selbstvertrauen, das grossen Mannschaften eigen ist – wir können es auch Arroganz nennen – führte dazu, dass sich Zürcher wie Berner weigerten, die Niederlage hinzunehmen. Sie gewannen Spiele, die eigentlich schon verloren schienen und glichen ihre Serien aus (2:2). Von da weg war noch viel Dramatik, viel Spektakel – aber die Uhr tickte, das Ende der Aussenseiter war programmiert. Playoffs sind, wenn am Ende die Titanen triumphieren und die Prognosen doch wahr werden.
Favoriten, die ins Halbfinale taumeln, sind Meisterkandidaten. Die ZSC Lions schafften es im Viertelfinale vor einem Jahr gegen Lausanne erst mit einem 1:0 im 7. Spiel. Auch der SC Bern zitterte sich bei seinem letzten Titelgewinn im Frühjahr 2013 gegen Servette über sieben Spiele ins Halbfinale. Ein Sieg im 7. Viertelfinale ist ein gutes Omen für den SC Bern. Zug gewann 1998 im Viertelfinale gegen den SC Rapperswil-Jona erst in der Verlängerung des 7. Spiels 3:2.
Der SCB und die ZSC Lions sind aufgrund ihres Potenzials (Talent, Energie, Kaderbreite, Qualität der Goalies) die heissesten Anwärter auf das Finale und den Titel. Die ZSC Lions haben gegen Servette sozusagen ein «Freilos.»
Der SC Bern hat gegen den HC Davos eine Chance, wenn die Spieler Guy Bouchers Befehl zur totalen Defensive mehr und oder weniger ignorieren. Aber wenn der SCB weiterhin genau so spielt wie es der Trainer will, gibt es weder Finale noch Meisterfeier. Daraus abzuleiten, der SCB habe trotz Guy Boucher das Halbfinale erreicht, ist jedoch billige, ja bösartige Polemik. Es geht in den Playoffs nur darum, eine Serie zu gewinnen. Wie und warum spielt keine Rolle. Der Sieger hat immer recht. Der seltsame NHL-Bandengeneral hat den SCB ein Jahr nach dem schmählichen Sturz in die Abstiegsrunde auf Platz zwei in der Qualifikation und nun ins Halbfinale geführt – das, und nur das zählt.