Im 21. Jahrhundert hat ein kleiner Kreis die Titel unter sich aufgeteilt: Der SCB, die ZSC Lions, Lugano, Davos und Zug. Das Eis dieser festgefrorenen Dominanz ist geschmolzen. Servette und Biel haben den Final erreicht. Servette war überhaupt noch nie Meister. Biel feierte seine drei Meisterschaften (1978, 1981, 1983) vor Einführung der Playoffs (1986) und war noch nie im Final. Die alte Ordnung, die auf Ewigkeiten festgefügt schien, gibt es nicht mehr.
Das Fundament dieser alten Ordnung ist das Geld. Titel konnten zwar nicht gekauft werden. Aber der Preis war so hoch, dass nur der SCB mit dem grössten Publikum Europas, der HCD mit der Gelddruckmaschine Spengler Cup und Freunden im Zürcher Geldadel, die ZSC Lions, Lugano und Zug mit der Unterstützung von Milliardärinnen und Milliardären dazu in der Lage waren, Meistermannschaften zu finanzieren.
Servettes langjähriger Sportdirektor und Trainer Chris McSorley pflegte zu klagen, er könne tun und lassen, was er wolle, für den Titel fehle ihm immer mindestens eine Million. Die Million, um ein oder zwei Spieler zu verpflichten, die im Titelkampf die Differenz machen. Die letzten Teilchen zum meisterlichen Puzzle, die den Titanen aus Zürich, Bern, Lugano, Davos und Zug vorbehalten waren.
Dann kommt es im letzten Sommer zur Revolution. Berns Marc Lüthi und Zugs Patrick Lengwiler boxen die Erhöhung von vier auf sechs Ausländer ab dieser Saison durch. Eine Veränderung wird nicht erwartet: Es werden wieder die Grossen sein, die sich die meisterlichen Ausländer leisten können.
Aber diese Revolution wird ihre Väter verschlingen.
Unerwartet verändert die Weltpolitik das Hockey. Wegen des Ukraine-Krieges fällt die russische KHL als Konkurrentin auf dem Spielermarkt weg. Ab dem Frühjahr 2022 sind so viele europäische Weltklassespieler erhältlich wie noch nie. Sie sind zwar nach wie vor nicht billig. Aber es gibt nun genug davon, dass sich nicht nur die Titanen einen oder zwei leisten können. Einige der Grossen haben die neue Bedeutung der Ausländer unterschätzt.
Vier ausländische Spieler können ein Team verstärken. Aber erst sechs eine Mannschaft tragen und meisterlich machen. Bei den Titanen verdrängen die zwei neuen Ausländer gute Schweizer Spieler. Bei Biel und Servette Einheimische, die in einem Titelkampf keine Rolle spielen. In den Halbfinals machten Biels und Servettes klar bessere Ausländer die Differenz und die beiden Vorjahresfinalisten ZSC Lions und Meister Zug stürzten.
Biel und Servette sind auch deshalb logische Finalisten, weil sie über die Jahre eine Identität (Eishockey als Tempospiel) entwickelt haben, die nun mit zwei zusätzlichen Ausländern optimiert werden kann.
Mit sechs Ausländern ist Biels Sportchef Martin Steinegger endlich dazu in der Lage, die Abwehr zu stabilisieren, ohne die Feuerkraft der Offensive schmälern zu müssen. Die neue Regelung hat es Servette ermöglicht, die stärkste «Offensiv-Maschine» der Neuzeit zusammenzubauen.
Weil bei beiden Teams Tempo, Kreativität und Leidenschaft wichtiger sind als Taktik und Berechnung. Servette stürmt kompromisslos. Der erste Playoff-Triumph über den SCB ist der «Big Bang» für Biels Selbstvertrauen. Die Bieler kontern aus der Tiefe des Raumes, jagen den ersten Titel seit 40 Jahren und sind für ihren am Krebs erkrankten Trainer auf einer Mission. Servettes Mission im vierten Final nach 2008, 2010 und 2021 ist die erste Meisterschaft seiner mehr als hundertjährigen Geschichte (seit 1905).
Die Chancen? 50:50.
Jetzt so zu tun als würde eine Hockey-Zauberformel gebrochen, ist also gar etwas dramatisiert.
Unser Hockey entwickelt sich, und jeder Club muss dran bleiben um vorne mitspielen zu können. Einigen gelingt das sehr gut (zB Biel oder Rappi), andere kommen aus dem Straucheln kaum raus (zB Lugano oder nun auch Bern).
Freuen wir uns auf einen gelungenen Final, und möge das bessere Team gewinnen.