Die Neuigkeit hat Nico Hischier während eines Nachtessens in New Jersey mit Nationaltrainer Patrick Fischer erfahren: Dass er das WM-Team in Finnland als Captain führen wird. Sofern Roman Josi nicht dabei sein kann. Ob beim Dessert oder zwischen Vorspeise und Hauptgang wisse er nicht mehr. Aber es habe ihn sehr gefreut. «Das Angebot kam schon ein wenig überraschend. Dass ich das Amt ausführen kann, wusste ich. Nach zwei Jahren Captain in New Jersey weiss ich schon, um was es geht.»
Nico Hischier ist bei der WM in Finnland mit 23 Jahren der jüngste Captain seit dem Wiederaufstieg der Schweiz in die höchste WM-Kategorie (1998). Der bisher jüngste war Mark Streit, dem die Ehre im Alter von 25 Jahren zugefallen ist.
Der Wechsel von Raphael Diaz, dem Silber-Captain von 2018 (für die WM 2022 nicht mehr nominiert) zum zwölf Jahre jüngeren Nico Hischier signalisiert den Generationenwechsel im Nationalteam. Von Patrick Fischer bewusst herbeigeführt. Auch Simon Moser (33), im Februar in Peking noch dabei, ist nach sieben WM- und drei Olympia-Turnieren ausgemustert worden.
Wenn wir Andres Ambühl (38) und die beiden Goalie-Veteranen Leonardo Genoni (34) und Reto Berra (35) in der Rechnung weglassen, dann haben die Schweizer das jüngste WM-Team. Tristan Scherwey (31) ist neben Andres Ambühl der einzige Feldspieler über 30.
Nico Hischier ist der Posterboy der neuen Generation: Ehrgeizig, professionell, mit hoch dotiertem Vertrag in der NHL und doch bescheiden und immer bereit, einem Aufgebot für die WM Folge zu leisten. Sofern es die Umstände (nicht mehr in den Stanley Cup-Playoffs) zulassen. Ein Millionär ohne Allüren. Bis 2014 stürmte er bei den Junioren in Visp, im Sommer 2016 hat er den SCB noch als Junior Richtung Nordamerika verlassen. In der National League hat er bisher erst 15 Partien (1 Tor) bestritten und dazu kommen in der gleichen Saison (2015/16) 13 Spiele (3 Tore/1 Assist) in der NLB bei Visp.
Offizieller Leitwolf mit dem «C» auf dem Dress ist Nico Hischier auch bei seinem NHL-Team in New Jersey. Der dritte Schweizer Captain nach Mark Streit (Islanders) und Roman Josi (Nashville) in der wichtigsten Liga der Welt.
Gerade in Nordamerika ist das Prestige dieses Amtes zumindest in der Aussenwahrnehmung gross. Bei uns hingegen eher nebensächlich. Nico Hischier kennt die Pflichten eines Captains und ist durch und durch ein Musterschüler: Wenn er spricht, freundlich und leise, dann steht das Team und nicht seine Person im Vordergrund. So wie es sich gehört: «Schlussendlich ist der Captain einfach ein Leader, der alles tut, um sein Team besser zu machen.»
Der feine Sinn für Humor blitzt schon ab und an durch. Aber rechtzeitig besinnt er sich und macht keine Aussagen, aus denen sich eine Polemik drechseln liesse.
Rund um sich hat er das Captain-Team mit Tristan Scherwey, Andres Ambühl, Leonardo Genoni und Michael Fora. Der innere Kreis des Nationalteams. Worüber er froh ist. «Wir haben viele starke Persönlichkeiten, die in der Kabine etwas sagen können.»
Dass das letzte Spiel gegen die Slowaken (5:3) etwas aus dem Ruder gelaufen ist (43 Strafminuten), erklärt er mit der Motivation und Emotionalität des jungen Teams. Und sagt, was ein Captain sagen muss: «Wir müssen wieder disziplinierter spielen.» Eine WM sei ein Steigerungslauf. «Schlussendlich zählt ein Spiel im Viertelfinal, ein Spiel im Halbfinal und ein Spiel am Schluss. Auf diese Partien müssen wir zuschaffen.»
Der jüngere Bruder von Biels Luca Hischier (27) ist ein eher stiller, unauffälliger Leader. Kein Spektakelmacher. Aber unheimlich smart und effizient in seinem Spiel. 60 Punkte hat er diese Saison in 70 NHL-Partien gebucht und bei der WM sind es bisher in fünf Spielen drei Tore und zwei Assists. Und seinen Leistungszenit dürfte er noch nicht erreicht haben. Nicht umsonst war er 2017 unsere erste Nummer 1 im Draft. Und der über sieben Jahre bis 2027 laufende Vertrag in New Jersey mit einem Gesamtwert von 47,50 Millionen Dollar widerspiegelt die Wertschätzung und die hohen Erwartungen.
Der Musterprofi weiss, dass er eigentlich nur über Hockey reden sollte, lässt dann aber doch durchblicken, dass er auch nach sechs Jahren in Nordamerika im Herzen ein Walliser geblieben sei. Und verrät so nebenbei, dass er keine Freundin habe.
Die ersten drei Jahre (2017/18, 2018/19, 2019/20) verdiente er bei den New Jersey Devils das vom Reglement her im dreijährigen «Entry Leven Contract» vorgeschriebene Jahressalär von 925'000 $.