
Schafft Michel Zeiter mit seinen Lakers noch das grosse Hockey-Wunder?Bild: Sandro Stutz/freshfocus
Eismeister Zaugg
Noch ist nicht alles verloren. Mit vier Siegen in
Serie können sich die Lakers retten. Und doch
müssen wir uns fragen: Wie konnte dieser Absturz
nur passieren? Die Antwort ist ganz einfach: Die
Lakers haben ihre Seele verloren und noch keine
neue gefunden. Weil sie zu viel Geld haben.
09.04.2015, 06:4209.04.2015, 10:01
Die Lakers sind spät in die höchste Liga
gekommen. Sie stiegen erst im Frühjahr 1994 auf.
Alle anderen NLA-Klubs waren schon früher in der
höchsten Liga angelangt. Auch wenn einige nach
dem ersten Aufstieg zwischendurch wieder
absteigen mussten – die Lakers haben nicht die
gleiche Tradition im Spitzen-Eishockey wie die
Konkurrenz.
Jahrelang genoss der SC Rapperswil-Jona den
Bonus eines sympathischen Aussenseiters. Ein
kleiner Klub aus einer kleinen Stadt. Rapperswil-Jona zählt nicht ganz 30'000 Einwohner. Mit wenig
Geld vollbrachte dieses Sportunternehmen unter
der Regie von Präsident Bruno Hug Wunder.

Stacey Roest 2003 im guten, alten SCRJ-Trikot.Bild: KEYSTONE
Die Liga hat die Lakers nie richtig ernst genommen
und immer ein wenig verwundert betrachtet – wie
ein seltsames Tier. Konkurrenzfähig war die
Mannschaft ja nie richtig. Nur im Frühjahr 2006
erreichten die Lakers mit Bill Gilligan den Halbfinal. Für nationale Schlagzeilen sorgte der
Klub eigentlich nur einmal. Durch das temporäre
Engagement von NHL-Superstar Doug Gilmour
während des ersten NHL-Arbeitskampfes in der
Saison 1994/95.
Im Rückblick sehen wir, dass der Anfang eines
lang anhaltenden Niederganges paradoxerweise
die Eröffnung der schmucken, neuen Arena im
September 2006 war.
Niedergang beginnt mit dem neuen Stadion
Mit dem neuen Stadion verloren die Lakers den Status des
Aussenseiters. Sie hatten nun mehr Geld und der
Mammon hat die Seele verdorben. Immer mehr
kamen fortan nicht «Desperados» nach
Rapperswil-Jona, die auf eine letzte Chance
hofften und dafür alles gaben. Diese Spieler, die
von der Konkurrenz übersehen oder falsch
eingeschätzt worden waren, spielten früher sehr oft bei
den Lakers (bzw. dem SC Rapperswil-Jona) ihr
bestes Hockey und sorgten für eine ganz
besondere Dynamik.
Mit dem Geld hat sich die Philosophie verändert.
Seither kommen fast nur noch Spieler zu den
Lakers, die nicht mehr grosse Ziele verfolgen,
lieber ein ruhiges, schönes Leben haben wollen
und ihre Zukunft hinter sich haben. Wie
beispielsweise Loïc Burkhalter, Andreas
Camenzind, Duri Camichel, Adrian Wichser, Michel
Riesen, David Aebischer oder Niklas Persson. NLA-Endstation Lakers.

Die Diners Club Arena ist zwar ein schmuckes Stadion, im alten Lido haben die Lakers aber häufiger gewonnen.Bild: KEYSTONE
Reto Suri ist so ziemlich der Einzige, der den Schwefelgeruch des Verlierens
wieder aus den Kleidern brachte, den Absprung
schaffte und heute bei Zug ein charismatischer
Leitwolf ist.
Kein sportlicher, kein finanzieller Druck
Dieser jahrelange, sportliche Müssiggang hat die
Leistungskultur nachhaltig ruiniert. Miserables
Management hat den Niedergang beschleunigt.
Michel Zeiter ist der zehnte Trainer der letzten sieben
Jahre. Den Lakers ist so ziemlich das schlimmste
passiert, was einem Sportunternehmen
widerfahren kann: Niederlagen haben keine
Konsequenzen mehr. Seit der Milliardär Hansueli
Rihs die wirtschaftliche Existenz garantiert auch
keine finanziellen.
Die Lakers sind dreimal in vier
Jahren auf dem letzten Platz gelandet – na und?
Es ist allen egal. Diese Saison liessen sich die
Lakers sogar dazu verführen, in der Qualifikation
sozusagen ausser Konkurrenz mitzuspielen. Ein
Spurt im Frühjahr in den Playouts oder halt der
Liga-Qualifikation sollte für den Liga-Erhalt
genügen.

Das seltsame Blau ist mittlerweile wieder von den Lakers-Trikots verschwunden.Bild: KEYSTONE
Fast ebenso schlimm wie das sportliche
Missmanagement hat sich der unüberlegte
Wechsel der Vereinsfarben und des Vereinsnamens
ausgewirkt. Aus dem SC Rapperswil-Jona wurden
2005 die Lakers mit einem seltsamen Blau.
Wahrscheinlich die schlimmste Dressfarbe in der
Weltgeschichte des Eishockeys.
Die Folge war eine
jahrelange Spaltung der ohnehin schmalen
Fanbasis in Traditionalisten, die dem alten Namen
und den alten Farben nachtrauern und den
Modernisten. Dabei ist die Seele und die Fankultur
verloren gegangen. Inzwischen wird die Stimmung
auch noch durch eine gewaltbereite Fangruppe
vergiftet.
Ausgerechnet jetzt
Es ist eine bittere Ironie des Schicksals, dass die
Lakers gerade jetzt in so grosser Abstiegsgefahr
stecken wie nie seit dem Aufstieg von 1994. Sie
sind nur noch eine Niederlage vom Sturz in die
NLB entfernt. Manager Harry Rogenmoser hat die
Fehlentwicklung sehr wohl wahrgenommen und
diese Saison Gegensteuer gegeben. Er hat
erkannt, dass es eine bessere Leistungskultur und
eine breitere sportliche Basis braucht. Deshalb hat
er das Farmteam-Projekt Herisau schlüsselfertig
aufgegleist. Ein Abstieg gerade jetzt wäre ganz
besonders bitter – denn mit der Relegation wäre
auch dieses vielversprechende Farmteam-Projekt
nur noch Makulatur.

Harry Rogenmoser hat mit den Lakers einen Plan gehabt. Wird dieser nun hinfällig?Bild: Sandro Stutz/freshfocus
Vielleicht geschieht ein Wunder und die Lakers
holen als erstes Team der Geschichte in der Liga-Qualifikation ein 0:3 auf. Und doch würde das
nichts daran ändern, dass Aufstieg und Niedergang
der Lakers auch eine Warnung der Geschichte
sind.
Ausgerechnet der dienstälteste NLA-Klub zeigt
beängstigende Parallelen zu den Lakers. Die Kloten
Flyers, die 1962 in die NLA aufgestiegen sind. Sie
sind drauf und dran, alle Fehler der Lakers zu
wiederholen. Auf und neben dem Eis. Der Anders
Eldebrink der Flyers heisst Sean Simpson, der
David Aebischer der Flyers Martin Gerber.
Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
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Alle NLA-Absteiger seit Einführung der Zwölfer-Liga
Saison 2017/18: EHC Kloten (Aufsteiger: Rapperswil-Jona Lakers)
quelle: keystone / gian ehrenzeller
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