Wer ist der beste Schweizer Torhüter der laufenden Saison? Die Reihenfolge nach Statistik (Prozent der abgewehrten Pucks): Reto Berra (36) vor Sandro Aeschlimann (28), Stéphane Charlin (23) und Leonardo Genoni (36). Alles Sinnen und Trachten des Nationaltrainers ist auf eine erfolgreiche Heim-WM 2026 in Zürich und Fribourg ausgerichtet. Zur WM fahren jeweils drei Goalies. Zumindest einer aus diesem WM-Trio sollte ein Mann der Zukunft sein.
Es hilft auf internationalem Niveau sehr, wenn ein Torhüter eine gute Postur hat. Stéphane Charlin ist gross (191 cm) und im Laufe dieser Saison an manchen Abenden der beste Schweizer Goalie. Er hat von allen jungen NL-Torhütern das grösste Potenzial und noch nie ein Länderspiel bestritten. Es ist Zeit, dass er Länderspiel-Erfahrung bekommt. Damit er für die WM 2026 bereit ist.
«Grande» ist Lugano mit seiner ruhmreichen Vergangenheit zwar erst wieder nach dem ersten Titelgewinn seit 2006. Aber «grande» ist Lugano inzwischen auf eine andere Weise: Zum ersten Mal seit der Belle Epoque mit John Slettvoll (Meister 1986, 1987, 1988 und 1991) gibt es wieder eine Kombination, ein Gleichgewicht aus Geld, sportlicher Kompetenz und Geduld. Geld hatte Lugano schon immer und oft zu viel. Aber seit 2006 fehlten meistens die sportliche Kompetenz oder die Geduld.
Nun ist Lugano mit einem Schweizer Trainer aus den eigenen Reihen in die Spitzengruppe zurückgekehrt. Das Team wird von Spielern getragen, die nicht einfach eingekauft, sondern sorgfältig ausgewählt worden sind und die Mannschaft hat ein von der Deutschschweizer Konkurrenz unterschätztes Entwicklungspotenzial. Es reicht noch nicht, um die ZSC Lions in den Playoffs auf Augenhöhe herauszufordern. Weil ein grosser Torhüter fehlt. Joren van Pottelberghe kann nächste Saison das letzte Puzzleteilchen für eine neue Finalmannschaft werden.
Mit Christian Wohlwend hat Sportdirektor Julien Vauclair den perfekten Trainer gefunden. Zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg von 2021 wird Ajoie das letzte Spiel der Saison mit dem gleichen Trainer bestreiten wie die erste Partie. Das bedeutet: Ajoie wird oben bleiben. Es wird keinen Absteiger und keinen Aufsteiger geben. Die Differenz zwischen der höchsten und zweithöchsten Liga wird immer grösser und in einer Liga-Qualifikation hat der SL-Meister keine Chance mehr.
Wenn es denn überhaupt eine Liga-Qualifikation geben wird. Nur Olten und Visp sind aufstiegsberechtigt. Erstens ist nicht einmal sicher, ob eines dieser beiden Teams SL-Meister wird (Visp ist noch nicht einmal auf einem Playoffplatz) und zweitens wird Olten nicht dazu in der Lage sein, vier Ausländer für die Liga-Qualifikation zu rekrutieren, die auch nur annähernd so gut sind wie die vier Ausländer, die der Verlierer der NL-Playouts einsetzen kann. Die NL ist nun eine geschlossene Liga geworden.
Wenn wir davon ausgehen, dass die Liga-Qualifikation gespielt wird (wenn Olten oder Visp SL-Meister werden), dann ist die Frage zu klären, wer der Gegner sein wird. Letzte Saison musste Ajoie nach einem Playout-Drama gegen Langnau seinen Platz in der Liga gegen La Chaux-de-Fonds verteidigen. Eigentlich scheint klar: Ajoie, mit 12 Punkten Rückstand auf Kloten und die Lakers, muss erneut in die Liga-Qualifikation. Aber es kann auch ganz anders kommen. Akut gefährdet sind die Lakers.
Wenn es Sportchef Janick Steinmann nicht zügig gelingt, den Kabinenfrieden wieder herzustellen, die Spannungen zwischen Trainer Stefan Hedlund und einzelnen Spielern in Harmonie umzuwandeln und Torhüter Melvin Nyffelers Selbstvertrauen wieder aufzurichten, dann rutschen die Lakers auf den zweitletzten Platz ab und gehen gegen Ajoie mit Karacho unter. Seit seiner Amtsübernahme von 2019 hat Janick Steinmann alles richtig gemacht und die Lakers zum Spitzenteam geformt. Nun muss er erstmals eine schwere Krise managen. Eine ganz besondere Herausforderung: Wie in Zug, Ambri und Langnau bilden der Sportchef und der Trainer auch bei den Lakers die sportliche Achse, um die sich alles dreht. Die grosse Frage bei den Lakers also: Kann Janick Steinmann Krise?
Die Bezeichnung Schweizer Meister ist in diesem Zusammenhang wörtlich zu verstehen: Meister mit Schweizern. In den letzten sieben Spielen (!) haben die Ausländer beim SCB nur ein einziges Tor erzielt. In der Liga-Skorerliste finden wir die aktuellen ausländischen SCB-Feldspieler auf den Positionen 9, 46, 96, 197, 255 und 263. Noch nie seit Einführung der Playoffs (1986) hatte ein Team in der höchsten Liga so schwaches ausländisches Personal. Wo wäre der SCB also mit fünf guten ausländischen Feldspielern (eine Lizenz wird für Torhüter Adam Reideborn benötigt)? Mit ziemlicher Sicherheit auf Rang 1 oder 2 und die Aussichten auf den Gewinn der Schweizer Meisterschaft wären wohl nicht so schlecht.
Der freundliche Chronist sagt, die Weisheit von Sportchef Andrew Ebbet sei zu preisen. Weil er dafür sorgt, dass Schweizer eine tragende Rolle übernehmen dürfen und so im Interesse unseres Hockeys arbeiten. Mit etwas Boshaftigkeit darf gesagt werden: Die oft kritisierte ehemalige Sportchefin Florence Schelling sollte beim SCB zumindest für ihre Umsicht bei der Rekrutierung des ausländischen Personals vollumfänglich rehabilitiert werden. Und mit noch mehr Bosheit dürfen wir fragen: Wo wäre der SCB, wenn Marc Lüthi seinen Vorschlag (zehn Ausländer) durchgebracht hätte?
Die Antwort auf diese Frage ist ja eigentlich klar: Wenn Ambri vor einem Jahr als 11. der Liga den Spengler Cup gewinnen konnte, dann ist der HCD als 9. der aktuellen Tabelle auch dazu in der Lage, das Turnier zu gewinnen. Es wird aus sportlicher Sicht einer der interessantesten Spengler Cups seit der Amtsübernahme von Arno Del Curto im Sommer 1996. Zum ersten Mal in seiner modernen Geschichte wird der HCD nicht mehr von einem «wilden» Trainer, sondern von einem «Technokraten» geführt.
Josh Holden ist, anders als seine Vorgänger Arno Del Curto und Christian Wohlwend, kein Hitzkopf. Sondern als Schüler des grossen Dan Tangnes, bei dem er vier Jahre lang als Assistent in der Ausbildung war, eher ein Technokrat. Stark vereinfacht formuliert: Präzision und Organisation (und Taktik) sind mindestens so wichtig wie Emotionen. Der HCD befindet sich auf hohem Niveau in der Phase eines sanften Kulturwandels. Josh Holden hat beste Chancen, ein grosser HCD-Trainer zu werden.
Gottéron ist ein solides Spitzenteam (3.), Reto Berra statistisch der beste Schweizer Goalie, die Arena Abend für Abend ausverkauft und die Mannschaft spielt ein gut strukturiertes Hockey. Eigentlich sind die Voraussetzungen für den nächsten Final nach 2013 bestens und wer im Final ist, kann Meister werden. Aber Gottéron wird nicht Meister. Oder besser gesagt: nicht richtiger Meister.
Gottéron ist der Meister des Septembers, des Oktobers, des Novembers, des Dezembers, des Januars, des Februars – aber im März geht die Saison zu Ende, bevor um den Titel gespielt wird. So ist es seit Anbeginn der Zeiten und so bleibt es. Christian Dubé wird die Schweizer Antwort auf Don Cherry. Der Kanadier coachte die Boston Bruins fünf Jahre lang (1974 bis 1979) und rockte die NHL. Die Bruins waren eines der spektakulärsten Teams der Liga. Aber den Stanley Cup holten sie in dieser Zeit nicht.
Dafür wurde Don Cherry für seine modischen Outfits berühmt und darauf angesprochen sagt er einmal: «Hockeyspieler sind die bestangezogenen Profis. Die Spieler sollen auf die modische Erscheinung des Trainers stolz sein können.» Mahnt uns das nicht an den modebewussten Christian Dubé? Und obwohl Don Cherry nie einen Stanley Cup holte – nach seiner Trainerkarriere wurde er ab 1986 als TV-Experte zu einer nationalen Berühmtheit und Kultfigur: Zu seinen Markenzeichen gehören Aussprüche wie «All you kids out there ...», seine bunten, modischen und oft gar skurril wirkenden Anzüge, sein Bullterrier Blue, den er überallhin mitnahm, und er nahm kein Blatt vor den Mund. Also: Gottéron wird nicht Meister und ach, wäre es schön, wenn Christian Dubé bald die Schweizer Antwort auf Don Cherry würde und uns von dem langweiligen Geschnatter von Alex Chatelain & Co. endlich erlösen würde. Um Gottérons Schicksal in einem Satz auf den Punkt zu bringen: Wer mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow nicht Meister wurde, wird nie Meister.
Die ZSC Lions führen die Tabelle vor dem EV Zug an. Sie haben am wenigsten Tore kassiert und Simon Hrubec ist der statistisch beste Goalie der Liga. Bessere Voraussetzungen sind nicht möglich. Titelkämpfe werden ja in der Defensive entschieden. Zumindest theoretisch ist also klar: Die ZSC Lions gewinnen den Playoff-Final gegen Zug und werden erstmals seit 2018 wieder Meister. Oder doch nicht? Es zeichnet sich ab, dass drei Faktoren entscheidend sein werden.
Erstens: Haben die Zürcher das Zug-Trauma überwunden? Sie haben im Frühjahr 2022 den Final ausgerechnet gegen Zug nach einer 3:0-Führung noch 3:4 verloren. Diese traumatische Erfahrung wird, sollte es erneut zum Final gegen die Zuger kommen, einen Einfluss haben, der gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Zweitens: Ist Simon Hrubec auch dann besser, wenn Leonardo Genoni beschliessen sollte, noch einmal Meister zu werden? Trainer Marc Crawford ist mit seiner fordernden Art der perfekte Trainer, um den ZSC Lions Beine zu machen. Aber der charismatische Kanadier neigt ein wenig zum «Überbeissen». Sportchef Sven Leuenbergers grosse Herausforderung in den Playoffs: Im Falle eines Falles seinen Trainer beruhigen.
Robert Mayer hat Servette im letzten Frühjahr mit dem besten Hockey seines Lebens den ersten Titel ermöglicht. Dieses Märchen wird sich nicht wiederholen. Die Früchte des Ruhmes sind bitter: Er ist diese Saison der statistisch schwächste wichtige Goalie der Liga und einer der Gründe für die bisher mittelmässige Qualifikation des Meisters.
Nun hat Servette Torhüter Jussi Olkinuora verpflichtet. Der Finne wird bis Ende Saison die klare Nummer 1 sein und jedes wichtige Spiel bestreiten. Die Lösung der Torhüterfrage für nächste Saison wird Sportchef Marc Gautschi auf Trab halten. Es ist durchaus möglich, dass es zu einem grossen Moment für unser Klubhockey kommt: Servette ist gut genug, um die Champions League zu gewinnen, aber nicht gut genug, um auch nur den heimischen Playoff-Final zu erreichen.
Sportchef Martin Steinegger und Manager Daniel Villard werden den EHC Biel nie zum Meister machen. Sie können ja nicht bis ins Jahr 2099 im Amt bleiben. Aber sie haben mit dem Krisenmanagement diese Saison eine Meisterleistung vollbracht. Die Bieler sind mit Ansage zeitweise aus den Playoffrängen gerutscht: Sie hatten mit einer Mannschaft im späten Spätherbst ihrer Entwicklung doch noch erstmals den Final erreicht, der Trainerwechsel erfordert diese Saison auch eine neue Kultur und die Zusatzbelastung Champions League hat die Lage verschärft. Der neue Trainer Petri Matikainen hätte sich unter diesen Umständen bei keinem anderen Klub im Amt gehalten. Im Rückblick wird sich zeigen, dass der Sieg gegen Zug am Samstag (4:1) der Wendepunkt der Saison war.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte
Dazu passt: Verteidiger Luca Christen, der die ganze letzte Saison nie eine Chance bekommen hat und im Herbst wochenlang auf der Tribüne sass, verteidigte gegen Zug im ersten Block und bekam mehr als 20 Minuten Eiszeit. Der Aufbau eines neuen Teams gelingt und ein versöhnliches, spektakuläres Saisonfinale ist programmiert: Für eine Spitzenklassierung reicht es zwar bei Weitem nicht mehr. Also werden die Bieler in den Playoffs als Aussenseiter in einem Drama gegen einen der Titanen (Zug oder die ZSC Lions) die Saison beenden und das Scheitern wird weniger bitter sein als vor einem Jahr die Niederlage im 7. Finalspiel.
"In den letzten sieben Spielen (!) haben die Ausländer beim SCB keinen Treffer mehr erzielt."
Am Donnerstag gegen Ajoie erzielte Luoto das 2:2...
Oh doch, und zwar war es einige Male der SCB selber, alleine in den letzten Jahren. Tut weh das zu sagen, ist aber so.