Die ZSC Lions sind die Nummer 1 in Europa. Der grösste Erfolg in der Geschichte unseres Mannschaftssportes. Höher zu bewerten als der Triumph der Zürcher im europäischen Wettbewerb von 2009 und von Servette in der Champions Hockey League vor einem Jahr.
Ein Blick zurück lohnt sich, um den langen Weg an die Spitze Europas zu verstehen. In den 1990er-Jahren ist die Stadtzürcher Hockey-Kultur sportlich, wirtschaftlich und politisch in einem ähnlich zerrütteten Zustand wie heute die Stadtzürcher Fussball-Kultur. Und das will wahrlich etwas heissen.
Der Zürcher Schlittschuh-Club (ZSC) ist von der Zahlungsunfähigkeit und vom sportlichen Abstieg bedroht. Die Eishockey-Sektion der Grasshoppers, 1966 noch Meister, ist zwischenzeitlich bis in die 2. Liga abgestiegen und schafft in den 1990er-Jahren die Rückkehr in die höchste Liga einfach nicht.
Ein Hockeystadion gibt es nicht. Eishockey wird dort gespielt, wo das wahre Geld mit anderen Veranstaltungen verdient wird, wo schon Muhammad Ali geboxt und Joe Cocker gesungen hat. Im Hallenstadion, das der Stadt gehört. Es ist Brauch, dass während Eishockeyvorstellungen auf den Rängen gekifft wird.
1997 kommt es zum «Urknall» in der Stadtzürcher Hockey-Kultur. Der ZSC ist finanziell am Ende und die Grasshoppers sind im Aufstiegskampf erneut gescheitert. Walter Frey orchestriert den Zusammenschluss.
Der ZSC bringt das Publikum und den Platz in der höchsten Liga, die Grasshoppers, die kaum mehr Fans hatten, das Geld und eine Nachwuchsabteilung. Eine Vereinigung von Geld und Geist auf Zürcher Art und daraus ist ein Hockeykonzern unter der Bezeichnung «ZSC/GCK Lions Organisation» geworden.
Unter dem Dach dieser Bezeichnung ist das operative Geschäft in fünf Tochterfirmen strukturiert: Sport-Dienstleistungen aller Art, NL-Spielbetrieb der ZSC Lions, Spielbetrieb des Farmteams GCK Lions, Nachwuchsorganisation und Bewirtschaftung der eigenen Arena neben dem Sportbetrieb.
Der Spielbetrieb der ZSC Lions und die Nachwuchsabteilung schreiben schwarze Zahlen, das Farmteam GCK Lions nicht. Und noch ist es nicht möglich, mit Veranstaltungen in der neuen Arena auf eine schwarze Null zu kommen. Im Gesamtergebnis ist der «Hockey-Konzern» ZSC Lions noch in den roten Zahlen. Mit dem Potenzial, mittelfristig Gewinn zu erwirtschaften.
Der Gewinn der Champions Hockey League ist für den Geist, nicht für das Geld. YB hat sich in der Champions League der Fussballer diese Saison lächerlich gemacht und mit null Punkten den 36. und letzten Platz belegt. Dafür kassierten die Berner Einnahmen von 18,6 Millionen Franken und obendrauf kamen noch die Erträge aus dem Ticketverkauf. Nie in der Geschichte unseres Sportes ist für weniger Leistung mehr Geld bezahlt worden.
Die ZSC Lions erwirtschaften inklusive Siegesprämie mit dem Gewinn der Champions League knapp eine Million Franken. Nie in der Geschichte unseres Teamsportes ist mit so viel Leistung so wenig Geld verdient worden.
Die Zürcher Hockey-Kultur ist seit dem Einstieg von Walter Frey nicht auf fremdes Geld angewiesen. Deshalb sind Geduld und Nachhaltigkeit und der Bau eines Stadions möglich geworden. Und weil es geduldiges Geld mit Geist ist, gilt die Organisation der ZSC/GCK Lions als eine der besten ausserhalb der NHL.
Die Stadtzürcher Fussball-Kultur ist inzwischen durch ständige Führungs-, Trainer und Besitzerwechsel – zeitweise fallen die Grasshoppers gar in chinesische Hände – und unanständige Fans zerrüttet und zu einer «Opera Buffa» geworden. Sie wartet auf ein taugliches Fussballstadion wie die Christenheit auf den jüngsten Tag. Die Kraft der Eitelkeiten und der Torheiten ist so mächtig, dass es nicht gelingt und wahrscheinlich nie gelingen wird, die enormen Energien der Stadtzürcher Fussballkultur zu bündeln. Der Stadtzürcher Fussball hat keinen Walter Frey. Er hat Ancillo Canepa.
Frey ist ein Glücksfall für die Stadtzürcher Sportkultur und für das gesamte Schweizer Hockey. Einerseits fördert und fordert er eine Leistungskultur. Aber zugleich sorgt er für Nachhaltigkeit und hat die grösste Nachwuchsorganisation Europas aufgebaut. Er hat Geld und Geduld und gehört zu den ganz raren Mäzen, die keine persönliche Profilierung im Sport anstreben, sich bescheiden im Hintergrund halten und sich nicht ins Tagesgeschäft einmischen.
Walter Frey muss sich nicht einmischen, weil er das Geschick und Glück hat, die besten Macher zu finden. Drei aus vielen sind hier erwähnt: Simon Schenk, der in der ersten Phase das sportliche Fundament zimmert, Peter Zahner, der die politische, wirtschaftliche und sportliche Kompetenz mitbringt, die erst den Bau des neuen Hockeytempels möglich macht, und Sven Leuenberger, der als Sportchef Schenks Erbe würdig vertritt.
Sportliche Erfolge stehen auf dünnem Eis. Permanente Dominanz ist nicht möglich. Wichtig ist eine solide, breite sportliche Basis, um ein Team immer wieder neu aufbauen und im Notfall rasch und richtig reagieren zu können. Als Cheftrainer Marc Crawford aus gesundheitlichen Gründen sein Amt aufgeben muss, übernimmt mit Marco Bayer der Cheftrainer des Farmteams seinen Platz. Und hat nun die Champions League gewonnen.
Im letzten Frühjahr haben die ZSC Lions ihren ersten Titel im neuen, im Herbst 2022 eröffneten Tempel gefeiert. Nun sind sie in ihrem eigenen Stadion mit einem Schweizer Trainer aus den eigenen Reihen die Nummer 1 in Europa geworden. Es ist die Krönung des sportlichen Lebenswerkes von Walter Frey.
Ohne die Leistung des Z schmälern zu wollen, habe ich aber Mühe diese Aussage Zauggs zu verstehen: "Höher zu bewerten als der Triumph [...] von Servette in der Champions Hockey League vor einem Jahr"
Er bleibt eine Erklärung schuldig und ich finde die Leistung von Servette ebenbürtig.