Wie ist das möglich? Der internationale Verband (IIHF) verlangt von den WM-Organisatoren den Abschluss einer Ausfall-Versicherung. Die Prämie kostet 350'000 Franken. Dabei handelt es sich, wie IIHF-Präsident René Fasel sagt, um eine «Vollkasko-Versicherung». Konkret: Fällt die WM aus, bezahlt die Versicherung den gesamten Einnahmeausfall. Und der errechnet sich aus 64 Spiele vor ausverkauftem Haus. Es wäre ja theoretisch möglich, alle Tickets zu verkaufen.
Die Versicherung, die blechen muss und deren Namen uns gerade entfallen ist, kann es verkraften. Sie hat fürs ersten Halbjahr 2020 mehr als eine Milliarde Gewinn vermeldet.
Die zuerst von «Le Matin Dimanche» publizierten Zahlen werden sowohl von Liga-Geschäftsführer Denis Vaucher als auch IIHF-Präsident René Fasel bestätigt.
Die WM-Organisatoren hatten bei einem Budget von 37 Millionen lediglich mit einem Gewinn von rund 3,5 Millionen gerechnet. Die Absage hat also rund 10 Millionen mehr als kalkuliert in die Kassen geschwemmt. Ohne dass eine Partie gespielt worden ist. Und ohne die Mühsal der immensen Arbeit, die mit der Durchführung der WM verbunden gewesen wäre.
Wer sind die Organisatoren? Für die WM, die vom 8. bis 24. Mai 2020 hätte stattfinden sollen, ist eine Aktiengesellschaft gegründet worden, an der sich je zur Hälfte unser Verband (Swiss Ice Hockey) und die Vermarktungsfirma Infront beteiligt haben. Das bedeutet: halbiertes Risiko, halbierter Gewinn.
So fliessen satte 6,7 Millionen (die Hälfte des WM-Reingewinnes) in die Verbandskasse. Die letzte WM 2009 in Bern und Kloten, nach dem gleichen Prinzip wie die Titelkämpfe 2020 organisiert, hatte einen Reingewinn von 3,10 Millionen gebracht und dem Verband 1,5 Millionen beschert.
350'000 Franken Prämien bezahlt, 13,40 Millionen Franken kassiert: Letztmals dürfte zu biblischen Zeiten ein solches Geschäft gemacht worden sein. Mit lediglich fünf Broten und zwei Fischen ermöglichte Jesus damals die Speisung von 5000 hungrigen Männern und als alle satt geworden waren, blieben immer noch zwölf Körbe voll Brot und Fisch übrig.
Was passiert mit dem Geld? Liga-Geschäftsführer Denis Vaucher sagt: «Es wird in die Nachwuchs- und in die Schiedsrichter-Ausbildung investiert.» Die Klubs passen wie die Schiesshunde auf, dass der WM-Gewinn nicht von der byzantinischen Verbands-Administration (14 Millionen Aufwand nur für Löhne) verprasst wird.
Diese WM ist für die Versicherungsbranche wahrlich kein rentables Geschäft. Denn nebst der Entschädigung für die WM-Organisatoren gab es einen zweiten Versicherungsfall. 2013 hat die IIHF ihrerseits eine Ausfallversicherung für den Fall einer Pandemie abgeschlossen. Mit einem Zehnjahresvertrag bis 2023, auch im Schadenfall nicht kündbar.
Hier geht es um die Absicherung des Vertrages der IIHF mit dem Vermarkter Infront, der alle Werbe- und TV-Rechte der WM-Turniere hält und dafür jährlich etwas mehr als 16 Millionen Franken an den internationalen Verband überweist. Findet die WM nicht statt, dann fliesst dieses Geld nicht in vollem Umfang. Nun musste die Versicherung auch da einspringen und dafür sorgen, dass 2020 diese gut 16 Millionen ihren Weg aufs IIHF-Bankkonto finden.
Zu dieser Versicherung gibt es eine Anekdote, die verbürgt ist. Jedes Jahr legt IIHF-Generalsekretär Horst Lichtner seinem Präsidenten die Prämien-Rechnung für diese Versicherung vor. Und jedes Mal fragt René Fasel: «Horst, muss das sein?». Und Horst sagt: «Ja, René, es muss sein.» Ab jetzt dürfte der IIHF-Vorsitzende die Prämienrechnung fraglos signieren.
Am Dienstag wird am IIHF-Sitz in Zürich entschieden, wer die WM 2021 (21. Mai bis 6. Juni) durchführen wird. Ursprünglich waren Riga und Minsk vorgesehen. Inzwischen ist Minsk die WM entzogen worden. Geplant ist, am Dienstag Riga und neu als zweiten WM-Standort Bratislava zu verkünden. Eine IIHF-Arbeitsgruppe schlägt diese Regelung vor.