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Eismeister Zaugg

Eishockey-Bosse und der Ukrainekrieg: Russland, Heuchelei, Verlogenheit

Washington Capitals left wing Alex Ovechkin stands on the ice before an NHL hockey game against the Vancouver Canucks, Wednesday, Jan. 8, 2025, in Washington. (AP Photo/Nick Wass)
Aus vielerlei Gründen im Scheinwerferlicht: Alexander Owetschkin von den Washington Capitals.Bild: keystone
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Russland und die Heuchelei und Verlogenheit der Hockey-Politik

Sport ist seit Anbeginn der Zeiten ein Spielball der Politik. So verlogen wie im internationalen Hockey war die Sportpolitik allerdings noch selten.
22.01.2025, 10:2222.01.2025, 14:33
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Romantiker sehen den Sport weitgehend «unbefleckt» von der Politik. Realisten weisen zu Recht darauf hin, dass Sport zu oft als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln missbraucht wird.

Die internationale Eishockey-Familie sorgt aktuell für eines der verlogensten und heuchlerischsten Kapitel der Sportpolitik. Am 28. Februar 2022 hat der Internationale Eishockey-Verband (IIHF) Russland und Weissrussland von allen Weltmeisterschaften der Männer, Frauen und Junioren und Juniorinnen ausgeschlossen. Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bei diesem Ausschluss ist es bis heute geblieben.

So weit, so klar. Die Russen sind in der weltumspannenden Eishockey-Familie nicht mehr willkommen. Auch nicht bei der «Euro Hockey Tour». Bei diesem europäischen Wettbewerb ersetzen die Schweizer die ausgeschlossenen Russen.

Russia's defender Alexander Yelesin, left, vies for the puck with Switzerland's forward Gregory Hofmann, right, during the men's ice hockey preliminary round game between ROC (Russia) a ...
Gregory Hofmann an den Olympischen Spielen 2022 gegen den Russen Alexander Yelesin.Bild: keystone

In der NHL hoch willkommen

Diese klare politische Botschaft der Eishockey-Weltfamilie gegen den Ukrainekrieg hat eine hohe Akzeptanz. Dagegen ist wahrlich nichts einzuwenden. Aber leider ist diese Haltung eben nicht so klar und wahr. Sie ist verlogen und heuchlerisch.

Die Russen und Weissrussen sind nämlich keineswegs aus dem Welteishockey verbannt und aus der grossen Eishockey-Familie ausgestossen worden. Ganz im Gegenteil. Wo es richtig ums Geld geht, sind sie nach wie vor hoch willkommen: Nicht weniger als 61 Russen (und vier Weissrussen) verdienen ihr Geld in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL).

Nur die Kanadier (380 Spieler), die Amerikaner (262) und die Schweden (88) sind in der wichtigsten Liga der Welt noch zahlreicher vertreten. Und Alex Owetschkin ist mit seiner Jagd nach Wayne Gretzkys vermeintlich «ewigen» Torrekorden ein Superstar im Scheinwerferlicht der Medien. Er hat in der Vergangenheit seine Nähe zu Putin zelebriert. Er gilt als Freund des russischen Machthabers.

Washington Capitals' Alex Ovechkin celebrates after his winning goal against the Ottawa Senators during third-period NHL hockey game action in Ottawa, Ontario, Thursday, Jan. 16, 2025. (Sean Kilp ...
Noch 20 Tore fehlen Owetschkin, dann hat er Gretzkys «ewigen» Rekord eingestellt.Bild: keystone

Owetschkin: «Putin ist mein Präsident»

Wegen Alex Owetschkin hat es zwar aus der internationalen Eishockey-Familie ein bisschen Proteste gegeben. Die NHL-Legende Dominik Hasek kritisierte die NHL wegen Alex Owetschkin kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine.

Nachdem der russische Stürmer gesagt hatte, er sei kein Politiker und «Putin ist mein Präsident», hatte der Tscheche gefordert, die NHL sollte die Verträge aller russischen Spieler sofort aussetzen. Jeder Athlet repräsentierte auch sein Land und dessen Werte. Die NHL trage also eine indirekte Mitverantwortung für das, was in der Ukraine passiere. Und die «New York Times» kritisierte später: «Owetschkin ist kein Held. Er verdient es nicht, gefeiert zu werden.» Aber Alex Owetschkin wird gefeiert. Nicht gefeuert.

Umgekehrt spielen weiterhin gänzlich unbeeindruckt von der Weltpolitik 68 Kanadier und 34 Amerikaner plus etwas mehr als 20 Westeuropäer in der russischen KHL und verdienen viel, viel Geld. Beim NHL-Draft im Sommer 2024 haben sich die 32 NHL-Organisationen die Rechte an 26 Russen (und 3 Weissrussen) gesichert. Nur aus Kanada (87) und den USA (39) kommen noch mehr künftige NHL-Stars.

Money talks

Ausschluss der Russen und Weissrussen aus dem NHL-Draft oder gar die Auflösung ihrer NHL-Verträge? Come on. Doch nicht, wenn es ums Sechs-Milliarden-Dollar-Geschäft NHL geht! Money talks.

Zulässig ist auch die Frage, ob es wirklich Sinn macht, etwas mehr als 80'000 russische und rund 8000 weissrussische Junioren von allen Nachwuchs-Weltmeisterschaften und internationalen Turnieren auszuschliessen, wenn die Besten dann trotzdem völlig ungehindert ihren Weg in die NHL und zu den Dollarmillionen machen, als sei alles in bester Ordnung. Die Frage ist auch, warum Jugendliche bestraft werden, die wohl doch nichts mit diesem unseligen Krieg zu tun haben und nur ihren Sport ausüben möchten.

WM ohne Russland ein Verlustgeschäft

Die interessante Frage ist nun, wie lange der Weltverband IIHF die Verbannung der Russen und Weissrussen noch durchzuziehen vermag. Im Februar steht der Ausschluss erneut auf der Traktandenliste der Sitzung des IIHF-Councils, also der IIHF-Regierung, zu der auch der Schweizer Raeto Raffainer gehört. Die ganze Geschichte hat inzwischen Einfluss auf die wirtschaftliche Basis des Weltverbandes.

Members of the Switzerland team sits at their bench after they were defeated by Czech Republic 2-0 in a gold medal match at the Ice Hockey World Championships in Prague, Czech Republic, Sunday, May 26 ...
Enttäuschte Schweizer nach dem verlorenen WM-Final 2024.Bild: keystone

Das weitgehend von chinesischen Investoren kontrollierte internationale Sportmarketing-Unternehmen Infront Sports & Media mit Sitz in Zug alimentiert die in Zürich domizilierte IIHF mit jährlich rund 30 Millionen Franken. Für die Werbe- und Medienrechte an den WM-Turnieren. Es ist mit Abstand die wichtigste, ja die existenzielle Einnahmequelle für die IIHF. Offizielle Zahlen werden nicht genannt. Kenner schätzen, dass rund 30 Prozent der Werbe- und TV-Einnahmen für die WM-Turniere im Eishockey aus Russland und Weissrussland kommen. Für Infront also ein Verlustgeschäft.

Gewährsleute sagen, die IIHF-Juristen hätten sich bisher erfolgreich auf «höhere Macht» berufen: Das Problem sei, dass man aufgrund der weltpolitischen Lage die Sicherheit der Russen und Weissrussen bei internationalen Turnieren nicht gewährleisten könne und diese beiden Länder deshalb nicht zu den Weltmeisterschaften zugelassen werden.

Höhere Macht also. Wie glaubhaft ist das, wenn beispielsweise selbst ein russischer Superstar, der als Putin-Freund gilt, in der NHL nicht um seine Sicherheit fürchten muss?

Debatte über Olympia 2026

Die Zeit drängt und der Druck steigt. Die WM-Turniere gehen diese Saison noch ohne die Russen und Weissrussen über die Bühne. Es geht inzwischen nicht nur um die übernächste WM in der Schweiz (2026), den nächstmöglichen Termin für eine WM-Rückkehr der Russen und Weissrussen. Bereits vorher wird im Februar 2026 in Italien um Olympisches Gold gespielt. Die NHL-Profis sind grundsätzlich spielberechtigt. Was ist nun mit den NHL-Russen und -Weissrussen? Schlauerweise hat IOC-Boss Thomas Bach den Entscheid der IIHF zugeschoben.

Die IIHF als Zusammenschluss der nationalen Hockey-Verbände setzt ein Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg. Die NHL, die mit grossem Abstand mächtigste und wichtigste Liga der Welt ignoriert die Politik hingegen vollkommen und geschäftet im Hockey mit Russland und Weissrussland wie eh und je. Die globale Hockey-Familie muss sich den Vorwurf der Verlogenheit und Heuchelei gefallen lassen.

Boykotte grosser Turniere

Die IIHF hat eine lange und widersprüchliche Geschichte der WM-Boykotte. Die WM 1957 in Moskau boykottierten die Amerikaner und die Kanadier wegen der Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes im Oktober 1956. Nicht aber Finnland, Schweden und die Tschechoslowakei.

1962 verweigerten die Amerikaner der DDR (die USA anerkannten die DDR nicht als Staat) die Einreise zur WM. Aus Solidarität blieben die Ostblockteams (UdSSR, CSSR) dem Turnier fern.

Erstaunlicherweise hatte die gewaltsame Beendigung des «Prager Frühlings» durch den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes im August 1968 keinerlei Auswirkungen auf die WM, auch die Tschechoslowaken waren 1969 dabei. Weil die Kanadier bei diesem Turnier schmähliche Kanterniederlagen einfuhren (1:7 gegen die UdSSR, 1:6 CSSR, 1:5 Schweden) zogen sie sich von der WM zurück und nahmen erst ab 1977 wieder teil, als endlich NHL-Profis mitspielen durften.

Eine WM-Verbannung einzelner Länder aus politischen Gründen durch die IIHF hat es vor dem 22. Februar 2022 (Ausschluss von Russland und Weissrussland wegen des Ukraine-Krieges) erst einmal gegeben: Deutschland durfte nach dem 2. Weltkrieg erst 1952 wieder an einer WM teilnehmen.

Hockey haut dich um!
Auch in dieser Saison können die Schweizer Eishockeyfans ausgewählte Spiele im Free-TV mitverfolgen.

Das ganze Programm von TV24, 3+ und oneplus findest du hier.
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57 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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f303
22.01.2025 13:06registriert Februar 2014
Hier werden doch Äpfel mit Birnen verglichen. Das eine ist die offizielle Vertretung eines Landes, das andere eine Einzelperson mit einem Arbeitsvertrag bei einem ausländischen Arbeitgeber. Einzelpersonen, bei denen politische Ansichten zuerst einmal Privatsache sind, kann man jetzt wirklich nicht mit der offiziellen sportlichen Vertretung eines Landes gleichsetzen. Man kann von den politischen Ansichten der einzelnen Akteure halten was man will, aber solange sie nicht öffentlich (als Vertreter ihrer Organisation) dafür einstehen, ist und bleibt das ihr private Freiheit. Obs passt oder nicht.
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Iceman_69
22.01.2025 13:45registriert November 2019
Es ist halt ein Unterschied ob ein Sportler (Einzelperson), wie z.B. Owetschkin in der NHL sein Team vertritt, oder an einem Länderturnier (WM oder Olympia) das "Land" vertretten wird...
Man vergleicht Äpfel mit Birnen.
Aber trotzdem können Sportler in der Regel nichts für die Politik des eigenen Landes, weshalb ein Ausschluss aus politischen Gründen eher Lachhaft ist.
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Lester
22.01.2025 11:11registriert März 2014
Also bitte, Herr Eismeister, es ist doch ein Unterschied, ob man Nationalteams ausschliesst oder einzelne Spieler. Bei ersteren richtet sich die Massnahme gegen den Russischen Eishockeyverband, der von Putin nachweislich instrumentalisiert wird und ein Fortsetzung seiner Politik auf dem Eis ist. Bei letzteren, den Spielern, ist die Situation viel schwieriger: Soll man denn mit jedem Spieler ein Gesinnungstest machen?

Nichts hinzuzufügen habe ich dem Verweis auf die NHL als reine Geldmaschine und die IIHF als hochkorrupter Haufen.
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