Wo wäre Zug ohne Genoni? In der Krise
Eine leichte Nervosität (oder gar die Morgendämmerung einer Krise?) wäre die Folge einer weiteren Niederlage gewesen. Und die Zuger taumeln in Ambri im 8. Saisonspiel ihrer 5. Niederlage entgegen. Aber sie fallen nicht. Leonardo Genoni stützt sie.
Seine grösste und wichtigste Tat: Er stoppt im mittleren Abschnitt, als seine Vordermänner beim Stande von 0:0 wanken und schwanken, den allein anstürmenden Kanadier Michael Joly. «Ja, das war eine wichtige Szene», sagt der dreifache WM-Silberheld hinterher, sichtlich erleichtert. «Es ist ein wichtiger Sieg und wir haben als Mannschaft dafür hart gearbeitet. Das war sicherlich nicht spektakulär und mag für die Fans eher langweilig sein. Aber es war richtig so.»
Er hat das Stichwort gegeben: Hart erarbeitet. Es ist die Erklärung für die bis ins Schlussdrittel hinein gemessen an den spielerischen Möglichkeiten zu passive, aber eben auch logische Spielweise: Mit Raphael Diaz, Dominik Schlumpf, Elia Riva und Lukas Bengtsson fehlen vier Verteidiger, die in den meisten Teams der Liga mindestens das Amt eines Vize-Verteidigungsministers übernehmen könnten. Der Kanadier Jesse Graham und der aus Lugano herbeigeholte Samuel Guerra (er übernimmt gleich neben David Sklenicka den Part im ersten Block) sind brave Defensivsoldaten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die Zuger hätten eigentlich genügend offensive Feuerkraft, um die Flucht nach vorne anzutreten. Sie könnten den Personalsorgen in der Abwehr davonlaufen, das Spektakel vors gegnerische Tor tragen und Abend für Abend Offensivspektakel veranstalten. Aber die unspektakuläre, auf defensive Sorgfalt ausgerichtete Spielweise erweist sich in Ambri als die richtige Taktik und ist damit auch ein Sieg für Trainer Michael Liniger.
Für Dominik Kubalik war es ein besonderes Spiel. Obwohl er bisher mehr als einen Punkt pro Spiel beigesteuert und statistisch die Erwartungen mehr als erfüllt hat (5 Tore/4 Assists in 8 Partien): Er spielte auch in dieser Partie noch nicht so spektakulär, dominant und er hatte nach wie vor nicht die charismatische Ausstrahlung wie letzte Saison als Liga-Torschützenkönig in Ambri. Was ihn weiter nicht stört: „Es geht nicht um mich. Es geht um die Mannschaft und darum, das Spiel zu gewinnen“
In Ambri ist er geworden, was er heute ist. Nun trat er zum ersten Mal gegen seinen ‹Herzensklub› und erst noch in dessen Stadion an. «Am Anfang war es für mich emotional und schwierig. Ich habe so viele gute Erinnerungen an Ambri. Aber je länger das Spiel dauerte, desto besser kam ich zurecht und es wurde mehr und mehr ein gewöhnliches Spiel.»
Auf den ersten Blick ist Dominik Kubalik mit den Treffern zum 2:0 und 4:0 der Vater des Sieges. Aber dieser erste Blick täuscht. Zugs Offensivspiel lebt in Ambri mehr vom Fleiss und von der Hartnäckigkeit der Schweizer als vom immensen Talent seiner ausländischen Stürmer. Es ist Lino Martschini, der in der 35. Minute mit dem ersten Treffer den Bann bricht und Ambris Hoffnung knickt. Und bis dahin hat Leonardo Genoni die Zuger im Spiel gehalten. Er hat sozusagen den Hauptgang zubereitet und es so Dominik Kubalik ermöglicht, das Dessert zu servieren.
Betrachten wir die Saison-Statistik, dann scheint klar: Zug verdankt den Platz in den Top 6 (direkte Playoff-Qualifikation) seinem ausländischen Personal: Tomas Tatar, Dominik Kubalik, David Sklenicka und Andreas Wingerli führen die Team-Skorerliste an. Sie haben gemeinsam schon 34 Punkte gebucht. Aber der wichtigste Einzelspieler ist auch über die ganze bisherige Saison gesehen nach wie vor Leonardo Genoni.
Beim ersten Spiel gegen den SC Bern (der zum Auftakt seine beste Leistung der laufenden Saison zeigt) ermöglicht er einen 3:0-Sieg und seinem Trainer einen erfolgreichen Einstand. Die Bedeutung dieses erfolgreichen Auftaktspiels nach dem schmählichen Ende der letzten Saison (sieglos im Viertelfinal gegen Davos gescheitert) kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Und nun hat Leonardo Genoni in Ambri in einem kapitalen Spiel die Mannschaft vor einer Niederlage bewahrt. So wie im ersten Spiel der SCB ist nun auch Ambri an Leonardo Genonis Paraden zerbrochen. Was wäre Zug ohne Leonardo Genoni? Ein Krisenteam. Wie sehr die Zuger trotz grossen Namen in der Offensive auf die Goalie-Leistung angewiesen sind, lässt sich an der Statistik ablesen.
- Zug – SC Bern 3:0 – Fangquote Genoni: 100 %.
- Lugano – Zug 1:2 - Fangquote Genoni: 95,24 %.
- Zug – Langnau 3:4 n.V - Fangquote Wolf: 84,62 %.
- Zug – Gotteron 4:5 n.P - Fangquote Genoni: 78,95 %.
- Kloten – Zug 2:5. – Fangquote Genoni 93,10 %
- Zug – Lakers 0:6 - Fangquote Genoni bis zur Auswechslung nach 4 Toren: 75,4 %.
- Zug – Davos 3:4 n.P. – Fangquote Genoni: 91,43 %.
- Ambri – Zug 0:4 Fangquote Genoni :100 %.
Sage mir, wie es Leonardo Genoni geht und ich sage Dir, wie es um Zug steht. Trotz grossen und mittelgrossen Namen in der Offensive (Tatar, Kubalik, Vozelinek, Wingerli, Kovar, Martschini, Hofmann, Herzog, Künzle, Senteler) ist Zug so extrem wie kaum ein anderes Team von seiner Nummer 1 im Tor abhängig.
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