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Wochen- , ja monatelang sprach alles nur von diesem einen Spiel: Dem «Bruderduell» zwischen der Schweiz und Albanien gleich zu Beginn der EM, mit Taulant und Granit Xhaka im Fokus. Wie werden die Schweizer Spieler mit albanischen Wurzeln das heikle Duell angehen, wie die vielen Albaner, die in der Super League gross geworden sind? Die Antwort auf diese Fragen: überaus professionell. So professionell, dass nach dem 1:0 für die Schweizer bald niemand mehr darüber sprach.
Was wünscht man sich für den Start in ein grosses Turnier? Na klar, ein guter Start. Doch die Schweiz begann ihr EM-Abenteuer gegen Albanien ziemlich nervös, da war der frühe Führungstreffer von Fabian Schär mehr als Gold wert. Mit der Führung im Rücken spielte die Nati dann zwar alles andere als souverän, aber wer weiss, wie das Ganze ohne Schärs Tor geendet hätte.
Es läuft die 87. Minute im Spiel gegen Albanien, da taucht Shkelzen Gashi mutterseelenallein vor Yann Sommer auf. Der Nati-Goalie bleibt lange stehen und lenkt Gashis Schuss schliesslich mit einem Reflex über die Latte. Statt 1:1 hiess es am Ende 1:0 für die Schweiz.
Na, welche Chance hätten's denn gern? Haris Seferovic versiebte sie gleich im Multipack. Zwei Mal tauchte er gegen Albanien alleine vor dem gegnerischen Tor auf, zwei Mal versiebte er gegen Rumänien aus bester Position. Und vor Xherdan Shaqiris Ausgleich traf er gegen Polen mit dem offenen Tor vor Augen nur die Latte. Nur Pech? Nein, Seferovic verkörpert das momentan grösste Problem der Nati. Das Auslassen bester Tormöglichkeiten.
Falls jemand Breel Embolo vor dieser EM in Frankreich noch nicht gekannt haben sollte, dann tut er es jetzt auf jeden Fall. Nicht wegen seiner Leistungen auf dem Platz, sondern wegen des Songs, den die Nati-Fans dem 19-jährigen Stürmer in Frankreich gewidmet haben. Zur Melodie des «The Tokens»-Hits «The Lions Sleeps Tonight» sangen sie landauf, landab, wo der Breel zuhause ist. Nämlich in der Schweizer Nati.
Das dritte Gruppenspiel gegen Frankreich war alles andere als berauschend. Die Nati mauerte sich dank einer starken Defensiv-Leistung zum 0:0, das sie zum Weiterkommen benötigte. Für viel Aufsehen sorgten allerdings die Trikots der Schweizer: Gleich sieben hielten der Zerreissprobe nicht stand. Über Hersteller Puma lachte die ganze Welt. Erst spät gab der Nati-Ausrüster zu, dass defektes Material bei der Herstellung verwendet wurde.
Da Torszenen bei Schweiz – Frankreich Mangelware blieben, werden wir uns vor allem an diese Szene erinnern: Bei einem Zweikampf mit Paul Pogba schirmt Breel Embolo den Ball ab, der in vollem Tempo anrauschende Franzose kann nicht mehr bremsen und so nimmt ihn Embolo kurzerhand Huckepack. Herrlich, wie der Youngster dem französischen Superstar danach wieder auf die Beine hilft. Kein Wunder, ist Embolo mit seiner liebenswürdigen Art der Publikumsliebling schlechthin im Schweizer Team.
Im Achtelfinal gegen Polen tut sich die Nati lange schwer. Immer wieder werden sie von den gegnerischen Stürmern bei schnellen Gegenstössen überlaufen. In der 55. Minute setzt Fabian Schär dann ein Zeichen. An der Seitenauslinie grätscht er bei einem weiteren polnischen Konter deren Superstar Robert Lewandowski rüde um. Schär, der Glück hat und nur Gelb sieht, setzt damit ein Zeichen. Von Polen und Lewandowski ist danach nichts mehr zu sehen.
Wie wurde er während der Vorrunde kritisiert! Fast nichts war von Xherdan Shaqiri in den ersten drei EM-Spielen der Schweiz zu sehen. Und so hofften alle, dass der «Kraftwürfel» sich seinen Geniestreich für die K.o.-Runde aufgehoben hatte. Und so war es dann auch: Die Schweizer rannten im Achtelfinal gegen Polen in der zweiten Halbzeit immer wieder verzweifelt an, doch der Ball wollte einfach nicht ins Tor – bis Xherdan Shaqiri zum Seitfallzieher ausholte und den Ball in die rechte untere Torecke hämmerte. Ein Traumtor, das auf der ganzen Welt Beachtung fand.
Da war Granit Xhaka in der Vorrunde der alles überragende Mann bei der Nati und dann das: Gegen Polen wird der Schweizer Spielgestalter in Manndeckung genommen, kann so seine Stärken lange nicht ausspielen. Doch Xhaka steigert sich, wird immer besser, schreitet im Penaltyschiessen dann selbstbewusst zum Punkt – und versemmelt. Der Ball zischt am linken Pfosten vorbei, die Schweiz scheidet aus und Xhaka wird zum tragischen Held.
Das tut mir leid. Wer mich kennt, weiß, dass ich alles dafür geben werde, stärker zurück zu kommen! Euer Granit #Sui pic.twitter.com/MX7Fo6IauN
— Granit Xhaka (@xhakagranit34) 25. Juni 2016
Xhaka bleibt auch nach dem Penalty-Frust ganz Xhaka. Erst lässt er sich von seiner Freundin Leonita Lekaj trösten, dann steht er vor die Mikrofone und zeigt Grösse. «Mein Penalty war so, wie ich immer schiesse. Aber ich habe den Ball nicht richtig getroffen. Ich bin ein junger Mensch, erst 23. So etwas macht mich nur stärker. Und ich verspreche, dass ich beim nächsten Penaltyschiessen wieder anlaufen werde», analysiert er sachlich. Wir glauben ihm und hoffen, dass das Glück das nächste Mal auf seiner Seite ist.
Kann mich nicht erinnern, schon mal dermassen emotional mitgegangen zu sein, wie dieses Mal.
Nachdem sie so toll gespielt und mit vollem Einsatz gekämpft haben, haben sich Embolo, Shakiri, Lichtsteiner und Co. ihren "Feierabend" verdient.
Für die Polen geht das Turnier weiter.
Die brauchen ihr gestriges Erfolgserlebnis wohl auch mehr, als unsereins. Darum haben sie wohl auch gewonnen...
Die Polnische Spiel wirkte auf mich irgendwie "klassisch deutsch": Zielstrebig, schnörkellos, effizient, solid, kraftvoll, phantasielos.